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Eine aktualisierte 'Gebrauchsanweisung' vorweg

Dank der Lockerungen dürfen wir wieder gemeinsam in unserer Kirche Gottesdienst feiern. Zugleich legen uns die gesetzlichen Regelungen aber auch einige Hürden in den Weg, so dass wir nicht unbeschränkt gemeinsam feiern können. Mancher wird auch aus gesundheitlichen Gründen sicherheitshalber dem Gottesdienst fernbleiben wollen oder müssen.

Darum werden wir Ihnen auch weiterhin auf dieser Seite unsere Gottesdienste zur Verfügung stellen und dafür wieder neue Wege beschreiten. Anstelle des vorab eingesprochenen Gottesdienstes werden wir den  Gottesdienst aufnehmen und Ihnen im Laufe des Tages als Audio-Datei hier zur Verfügung stellen. 

Wie gewohnt, werden wir Ihnen hier zu 10.00 Uhr den Gottesdienst zum Lesen, Mitdenken und Teilen einstellen. 

Wir wünschen Ihnen eine gesegnete Zeit, ob vor Ort in unserer Kirche oder zu Hause. 

Bleiben Sie behütet!

Prädikantin Dr. Marion Michel-Lipowsky
Pfarrer Claas Ehrhardt
Vikar Daniel Koppehl
Kirchenmusikerin Katharina Daur

10. Sonntag nach Trinitatis, 16. August 2020
Foto: Jana Lutz
Den Gottesdienst von Pfarrer Claas Ehrhardt zum Israelsonntag, 16. August 2020 zum Nachlesen finden Sie hier.

Zum Eingang: „Dir, dir, Jehovah“ (G. Chr. Schemelli 1680-1762; arr. J.S. Bach 1685-1750)

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn …
… der Himmel und Erde gemacht hat.
Friede sei mit euch.
Friede sei mit dir.

Begrüßung und Abkündigungen

Wohl dem Volk, dessen Gott der HERR ist, dem Volk, das er zum Erbe erwählt hat!“ (Psalm 33,12)

Israel:
Das Volk, das sich Gott zum Erbe erwählt hat.

Und die Kirche:
Dazu gekommen aus den Völkern durch ihr Bekenntnis zu Jesus als dem Christus:

Eigentlich Geschwister im Glauben.

Und doch über Jahrhunderte gefangen:
In einem Verhältnis, das kirchlicherseits von Abgrenzung und Überheblichkeit über Zwangstaufen jüdischer Menschen bis hin zu Vertreibung, Verfolgung und Mord geprägt ist.

Israel und die Kirche:
Ihr Verhältnis steht am 10. Sonntag nach Trinitatis, dem Israelsonntag im Zentrum des Gottesdienstes.

Einem Sonntag, der in besonderer Weise auch den positiven Wandel in diesem Verhältnis illustriert.

Ursprünglich und lange als Gedenktag der Zerstörung des Tempels aus einer Position der Überheblichkeit begangen, hat er sich gewandelt:
zu einem Tag des Erinnerns und des Schuldbekenntnisses,

aber auch zu einem Tag des Dankes für den Juden Jesus, der uns hineinnimmt in das Bekenntnis zu dem einen Gott.

Wie wir es zu Beginn schon musikalisch gehört haben, „Dir Jehova, will ich singen.“

Dank an Ronald Bird für den Gesang und Kathy Bird für das Orgelspiel.

Dank an Karin und Ulrich Purmann, die heute sowohl den Empfangs- als auch den Kirchwartsdienst versehen.

Dank an Inge Liss als Lektorin und Dank für die Kollekte vom vergangenen Sonntag in Höhe von knapp 219 Euro für die Arbeit der Studierendengemeinden und die Arbeit hier in der Heimat.

Heute erbitten wir Ihre Kollekte am Ausgang zur Hälfte für die Arbeit des Institutes für Kirche und Judentum, das seit seiner Gründung einen wichtigen Beitrag zum christlich-jüdischen Dialog leistet und zum besseren Verstehen der jüdischen Wurzeln unseres christlichen Glaubens.

Die andere Hälfte ist bestimmt für die Arbeit in unserer Gemeinde.

Liedvortrag „Die güldene Sonne bringt Leben und Wonne“ (EG 444)

  1. Die güldene Sonne bringt Leben und Wonne, die Finsternis weicht.
    Der Morgen sich zeiget, die Röte aufsteiget, der Monde verbleicht.
  2. Nun wollen wir loben den Höchsten dort oben, dass er uns die Nacht
    hat wollen behüten vor Schrecken und Wüten der höllischen Macht.
  3. Kommt, lasset uns singen, die Stimmen erschwingen, zu danken dem Herrn.
    Ei bittet und flehet, dass er uns beistehet und weiche nicht fern.
  4. Es sei ihm gegeben mein Leben und Streben, mein Gehen und Stehn.
    Er gebe mir Gaben zu meinem Vorhaben, lass richtig mich gehen.
  5. In meinem Studieren wird er mich wohl führen und bleiben bei mir,
    wird schärfen die Sinnen zu meinem Beginnen und öffnen die Tür.

Gebet nach Psalm 122 im Wechsel

Im Gehorsam auf das zweite Gebote sprechen jüdische Menschen den Namen Gottes nicht aus, sondern umschreiben ihn vielfältig, wie z.B. mit den fettgedruckten Stellen des folgendes Gebets nach Psalm 122.

Lassen Sie uns im Wechsel beten:

Begeistert, ja entzückt war ich, als sie mich riefen:

Wir gehen zu dem Haus, von – du weißt ja. Und ein weniges und meine Füße stehen in deinen Toren, Stadt!

Jerusalem, hohe Festung, Häuser Schulter an Schulter, fest gefügt, ein Ganzes.

Dorthin die Stämme, die zwölf, die Stämme von Gott, dem Einen.

Um Zeugnis zu geben zu Ihm, Dank zu bezeugen dem Namen.

Da steht der Stuhl des Rechts, da steht der Tisch der Armen.

Dieser Stadt sei Friede, Friede in ihren Mauern und draußen rundherum in den Feldern.

Stadt des Friedens, schwarzes Profil gegen aufhellenden Himmel.

Wegen der ganzen Welt sage ich: Friede für dich.

Und wegen unserer Kinder singen wir: Friede für dich.

Liedvortrag: „Hevenu shalom alechem“ (EG 433)

Hebräisch
Hevenu shalom alechem, Hevenu shalom alechem, Hevenu shalom alechem,
Hevenu shalom, shalom, shalom alechem

Deutsch
Wir wollen Frieden für alle, wir wollen Frieden für alle, wir wollen Frieden für alle,
wir wollen Frieden, Frieden, Frieden für die Welt.

Lesung Römer 11,25–32 (Predigttext)

Paulus prägt der Gemeinde in Rom ein, dass Gott seinem Volk Israel unverbrüchlich treu ist. Er nennt damit den Maßstab, an dem sich unser Verhalten zum jüdischen Volk messen lassen muss.

So lesen wir es im Brief des Apostels an die Gemeinde in Rom im 11. Kapitel

25 Ich will euch, liebe Brüder, dieses Geheimnis nicht verhehlen, damit ihr euch nicht selbst für klug haltet: Verstockung ist einem Teil Israels widerfahren, so lange bis die Fülle der Heiden zum Heil gelangt ist;

26 und so wird ganz Israel gerettet werden, wie geschrieben steht (Jesaja 59,20; Jeremia 31,33): »Es wird kommen aus Zion der Erlöser, der abwenden wird alle Gottlosigkeit von Jakob.

27 Und dies ist mein Bund mit ihnen, wenn ich ihre Sünden wegnehmen werde.«

28 Im Blick auf das Evangelium sind sie zwar Feinde um euretwillen; aber im Blick auf die Erwählung sind sie Geliebte um der Väter willen.

29 Denn Gottes Gaben und Berufung können ihn nicht gereuen.

30 Denn wie ihr zuvor Gott ungehorsam gewesen seid, nun aber Barmherzigkeit erlangt habt wegen ihres Ungehorsams.

31 so sind auch jene jetzt ungehorsam geworden wegen der Barmherzigkeit, die euch widerfahren ist, damit auch sie jetzt Barmherzigkeit erlangen.

32 Denn Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam, damit er sich aller erbarme.

Glaubenslied (Singt Jubilate 48)

  1. Wir glauben, Gott ist in der Welt, der Leben gibt und Treue hält,
    Gott fügt das All und trägt die Zeit, Erbarmen bis in Ewigkeit.
  2. Wir glauben: Gott hat ihn erwählt, den Juden Jesus für die Welt.
    Der schrie am Kreuz nach seinem Gott, der sich verbirgt in Not und Tod.
  3. Wir glauben: Gottes Schöpfermacht hat Leben neu ins Licht gebracht,
    denn alles, was der Glaube sieht, spricht seine Sprache, singt sein Lied.
  4. Wir glauben: Gott wirkt durch den Geist, was Jesu Taufe uns verheißt:
    Umkehr aus der verwirkten Zeit und Trachten nach Gerechtigkeit.
  5. Wir glauben: Gott ruft durch die Schrift, das Wort, das unser Leben trifft.
    Das Abendmahl mit Brot und Wein lädt Hungrige zur Hoffnung ein.
  6. Wenn unser Leben Antwort gibt darauf, dass Gott die Welt geliebt,
    wächst Gottes Volk in dieser Zeit, Erbarmen bis in Ewigkeit.

Amen

Predigt über Römer 11,25–32

Prolog: … damit ihr euch selbst nicht für klug haltet …

„Der alte Hass wird salonfähiger“, mit diesen Worten stellte der Verfassungsschutzpräsident kürzlich eine erschreckende Statistik vor:

Zwischen 2017 und 2019 hat sich in Deutschland die Zahl antisemitischer Gewalttaten verdoppelt. Antisemitismus und Israelfeindlichkeit haben auch 75 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges und der Shoah ihren traurigen Platz in deutschen Wohnzimmern, an Stammtischen, auf Schulhöfen und ganz aktuell im Rahmen fast aller „Anti-Corona“-Demonstrationen.

Auch wenn jüdisches Leben in Berlin auf vielfältige Weise wächst, von den bis zu 200.000 jüdischen Einwohnern zu Beginn der NS-Zeit sind wir Lichtjahre entfernt. Nach wie vor müssen jüdische Einrichtungen von der Polizei geschützt werden. Verbale und auch körperliche Gewalt gegen jüdische Menschen gehört soweit zur traurigen Realität, dass viele von ihnen darauf verzichten, Symbole ihres Glaubens öffentlich zu tragen. Und nicht wenige denken mindestens darüber nach, Deutschland zu verlassen …

Auf offizieller Seite in Staat und Kirche ist das Bewusstsein für die jeweilige historische Verantwortung zweifellos vorhanden.

Staat:

  • Merkel: Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson;
  • die Rede des Bundespräsidenten in Yad Vashem anlässlich des 75. Jahrestag zur Befreiung von Ausschwitz

Kirche:

  • jahrzehntelange Förderung des christlich-jüdischen Dialogs
  • Bedford-Strohm: Judenfeindschaft und christlicher Glauben schließen sich gegenseitig aus

Doch damit solches Bewusstsein sich dauerhaft immunisierend in den Köpfen und Herzen der Menschen verankert, braucht es auch und gerade in Kirche und Gemeinden immer wieder die selbstkritische Reflexion über unser Verhältnis zu Israel.

Stecken doch nach wie vor in zu vielen Köpfen überkommende und falsche Stereotype wie:

  • der Gott des Alten Testaments sei ein Rachegott, der des Neuen Testamentes hingegen ein Gott der Liebe

oder

  • mit Entstehung der Kirche seien die Christen das „neue“ Volk Gottes, frei nach dem Motto: „Wir haben es kapiert, wer Jesus ist, die Juden nicht …“

Eine Sichtweise, an der übrigens auch der Apostel Paulus seinen Anteil hat. Der aber – Gott sei Dank – mit den Jahren zu einer differenzierteren Sicht gelangt ist.

Die „Reifung“ des Paulus erkennt man in seiner Biografie.

Demut statt Hochmut

Entsprechend tritt Paulus solch heidenchristlichen Hochmut, der auch unter den Christen der römischen Gemeinde herrscht, energisch entgegen und mahnt:

„Haltet euch selbst nicht für klug!“

Ich lese noch einmal den heutigen Predigttext in der Fassung der „Guten Nachricht“

25 Meine Brüder und Schwestern, ich muss euch jetzt mit Gottes geheimnisvollem Plan bekannt machen. Wenn ihr euch auf eure eigene Klugheit verlasst, könnt ihr leicht zu falschen Schlüssen kommen.
Gott hat verfügt, dass ein Großteil des jüdischen Volkes sich gegen die Einladung zum Glauben verhärtet.
Aber das gilt nur so lange, bis alle, die er aus den anderen Völkern erwählt hat, den Weg zum Heil gefunden haben.

26 Wenn das geschehen ist, dann wird das ganze Volk Israel gerettet werden, wie es in den Heiligen Schriften* vorhergesagt ist: »Vom Zionsberg wird der Retter kommen und alle Auflehnung gegen Gott von den Nachkommen Jakobs nehmen.

27 Dann werde ich ihnen ihre Verfehlungen vergeben, sagt Gott; und so erfüllt sich der Bund, den ich mit ihnen geschlossen habe.«

28 Im Blick auf die Gute Nachricht* gilt: Sie sind Gottes Feinde geworden, damit die Botschaft zu euch kommen konnte. Im Blick auf ihre Erwählung gilt: Sie bleiben die von Gott Geliebten, weil sie die Nachkommen der erwählten Väter sind.

29 Denn Gott nimmt seine Gnadengeschenke nicht zurück, und eine einmal ausgesprochene Berufung widerruft er nicht.

30 Ihr aus den anderen Völkern habt Gott früher nicht gehorcht; aber weil sie ungehorsam waren, hat Gott jetzt euch sein Erbarmen geschenkt.

31 Genau entsprechend gehorchen sie Gott jetzt nicht, weil er euch sein Erbarmen schenken wollte; und so werden künftig auch sie Erbarmen finden.

32 Gott hat alle ohne Ausnahme dem Ungehorsam ausgeliefert, weil er sich über alle erbarmen will.

Haltet euch selbst nicht für klug!“

Leider ist diese Mahnung des späten Paulus als Fazit seines eigenen Ringens um seine jüdischen Geschwister in der wachsenden Kirche schnell und weitestgehend auf taube Ohren gestoßen!

Beispiele:

  • Die „blinde Synagoge“ z.B. am Straßburger Münster;
  • die Judensau an der Stadtkirche Wittenberg und die antijüdische Hetze des späten Luther
  • die Zwangstaufen …

Christlicher Triumphalismus als Irrweg

Dabei muss sich der darin zum Ausdruck kommende christliche Triumphalismus doch ernsthaft befragen lassen, woran er sich fest macht.

An einem triumphierenden Christus (= Messias?) wohl nicht …

wenn Christus als Triumphator in der christlichen Kunst abgebildet wurde, hatte es immer seinen Sieg über den Tod zum Hintergrund.

Trotzdem war er aber auch der leidende, und zumindest im Hinblick auf die an ihn gestellten Erwartungen ein gescheiterter „Messias“ …

der nicht zu der Messiaserwartung seiner Zeit passte, …

was im Christentum zum „Konzept“ der Wiederkunft in Herrlichkeit führte …

Das jüdische Nein zu Jesus als Chance

Der „gereifte“ Paulus kann nach langem Frust und entsprechenden Formulierungen in seinen früheren Briefen dem Nein Israels zu Jesus als dem Christus schließlich etwas Positives abgewinnen. Hatte er bislang nur die Nachteile dieses Neins gesehen, erschließen sich ihm jetzt die Vorteile.

Das Nein Israels dient uns Christen, den Menschen aus der nichtjüdischen Welt, die Ja sagen zum Messias Jesus.

Oder sollten wir besser sagen: Zu Jesus, dem Heiland der Heiden?

Wenn Paulus mit seinem ursprünglichen Werben unter den jüdischen Geschwistern „erfolgreich“ gewesen wäre –

Hätte dann der Glaube an Jesus und damit an den einen Gott Israels als dem Schöpfer des Himmels und der Erde überhaupt die Grenzen Israels überschritten?

Das, was Paulus bildhaft mit Verhärtung (Luther: „Verstockung“) Israels beschreibt (wie eine schützende Schwiele um sich neu bildendes Knochengewebe!),

es dient den Völkern und …

es ist Gott selbst, der da wirkt!

Also, haltet euch selbst nicht für klug!

Demut statt Besserwisserei.

Denn – das ganz überwiegende jüdische Nein zum Messias Jesus ist ja nicht unbegründet.

Eine chassidische Geschichte macht das anschaulich:

Ein Priester und ein Rabbi streiten über die Frage, ob der Messias denn schon gekommen sei. Schließlich kehrt der Rabbi dem Priester den Rücken zu und schaut schweigend aus dem Fenster. „Warum redest du nicht weiter?“, fragt der Priester nach einer Weile. „Ich schaue in die Welt hinaus“, antwortet der Rabbi. „Warum?“ – „Ich prüfe, ob der Messias schon gekommen ist: Ob der Säugling gefahrlos mit der Giftschlange spielt (Jes 11,8), ob Wolf und Lamm sich liebevoll umarmen (Jes 11,6; 65,25), ob die Schwerter zu Pflugscharen geschmiedet sind (Jes 2,4), ob alle satt werden und niemand stirbt, bevor er die Hundert erreicht hat (Jes 65, 20-23).“

Ja, Jesus nimmt uns hinein in den Glauben seines Volkes an den einen Gott Israels.

Er nimmt uns mit hinein in die große Befreiungsgeschichte dieses Gottes, dessen Liebe und Zuwendung den kleinen, gescheiterten und auch verstockten Leuten gehört.

Und er wird uns durch sein Leben wie durch sein Sterben und Auferstehen zur Hoffnung, dass Gottes Liebe uns auch in den tiefsten Tälern unseres Lebens begleitet und auch mit dem Tod nicht zum Ende kommt.

Zugleich gilt aber auch: Wir leben in einer unerlösten Welt. Dazu reicht wie bei dem Rabbi ein Blick aus dem Fenster oder in die Zeitung.

Das jüdische Nein zum Messias Jesus kann davor bewahren, sich vorschnell abzufinden mit der Welt, wie sie ist. Es kann davor bewahren, die Bruchstücke gelingenden Lebens schon für das Ganze zu halten. Wir sind unterwegs und noch nicht am Ziel. Wir leben im Glauben, noch nicht im Schauen. In einem Glauben, der nicht auf alle Fragen eine befriedigende Antwort geben kann. Der sich angesichts so vieler Anfechtungen und Leidenserfahrungen in dieser Welt nicht selten der Klage als Sprache bedient. Um doch aller Anfechtung zum Trotz unterwegs zu bleiben. Bis dereinst kommen wird aus Zion der Erlöser, der abwenden wird alle Gottlosigkeit von Jakob, wie Paulus den Propheten Jesaja zitiert.

Und dabei der Versuchung(?) widersteht, sich selbst für klug zu halten und zu wissen, WER der Erlöser sein wird! …

er lässt es offen …

Epilog: Haltet euch selbst nicht für klug

Halten wir uns also selbst nicht für klug! Damit der alte Hass nicht salonfähig wird!

Eine Geschichte aus den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts zum Abschluss:

Juden und Christen haben zueinander gefunden und dabei wieder entdeckt, dass sie viel mehr verbindet, als sie trennt. Einzig die Frage, ob der Messias, den beide, Juden und Christen, erwarten, schon einmal gekommen ist oder noch nicht, trennt sie.

„Fast zweitausend Jahre lang haben wir darum gestritten“, sagten sie, „lasst uns aufhören, darum zu streiten, lasst uns stattdessen auf ihn warten!

Wenn er kommt, soll er doch selber sagen, wer er ist. Er ist doch der Herr, er hat doch das Sagen, nicht wir.“

Amen.

Liedvortrag „Hine ma tov u‘ma nayim“ nach Psalm 133 (Singt Jubilate 155)

  1. Hine ma tov u’ma-nayim Shevet achim gam yachad.
    Hine ma tov u’ma-nayim Shevet achim gam yachad.
  2. Schön ist's, wenn Schwestern und Brüder friedlich beisammen wohnen;
    in Gemeinschaft finden wir Gottes Frieden.
  3. Trommle, mein Herz, für das Leben, singe mein Mund, dem Frieden,
    dass die Erde heller und wärmer werde.

Fürbittgebet

Du Gott des Lebens, Israels Retter und treuer Freund,
du Gott der Liebe,
Maßstab der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit,

wir beten zu dir
wie unsere Mütter und Väter,
wie dein Volk Israel.

Du Gott des Lebens, du bist treu –
darum bitten wir:
bleib den Menschen treu, die in Angst sind:
denen, die sich davor fürchten, sich anzustecken,
denen, die von den letzten Monaten gezeichnet sind,

denen, die sich vor dem nächsten Tag, der nächsten Woche, den nächsten Monaten fürchten.
Treuer Gott: Hilf
und erbarme dich.

Du Gott des Lebens, du bist gerecht –
darum bitten wir:
verhilf den Menschen zur Gerechtigkeit,
denen das Recht verweigert wird:
denen, die in Diktaturen leben,
denen, die aufbegehren,
denen, die im Elend allein gelassen werden.

Besonders denken wir in diesen Tagen an die Menschen in Weißrussland und im Libanon, die in ihrer jeweiligen Lage für ihre Rechte eintreten.
Gerechter Gott: Hilf
und erbarme dich.

Du Gott des Lebens,
du willst uns trösten, wie einen seine Mutter tröstet:
darum bitten wir: –
trockne die Tränen der Trauernden, schließe die Sterbenden in deine Arme, heile die verletzte Schöpfung.

Tröstender Gott: Hilf
und erbarme dich.

Du Gott des Lebens, du Gott Israels,
du unser Gott, dein Wort ist unser Ursprung, unsere Gegenwart, unsere Zukunft.
Darum bitten wir:
Komm mit mit deinem klärenden Geist in die Köpfe und Herzen der Unverständigen und Hasserfüllten, der Geschichtsleugner und -vergesser.
Lehre deine Kirche, nicht zu vergessen, welche Wurzel sie trägt.
Wir danken dir für Jesus, durch den wir zu dir beten dürfen.

Gebetsstille

Vaterunser

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Gemeinsames Lied: „Vertraut den neuen Wegen“ (EG 395)

  1. Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist,
    weil Leben heißt: sich regen, weil Leben wandern heißt.
    Seit leuchtend Gottes Bogen am hohen Himmel stand,
    sind Menschen ausgezogen in das gelobte Land.
  2. Vertraut den neuen Wegen und wandert in die Zeit!
    Gott will, dass ihr ein Segen für seine Erde seid.
    Der uns in frühen Zeiten das Leben eingehaucht,
    der wird uns dahin leiten, wo er uns will und braucht.
  3. Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt!
    Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft ist sein Land.
    Wer aufbricht, der kann hoffen in Zeit und Ewigkeit.
    Die Tore stehen offen. Das Land ist hell und weit.

Segen

Zum Ausgang: „Precious Lord, hold my hand“ (Thomas S. Dorsey 1899–1993)

7. Sonntag nach Trinitatis, 26.7.2020
Photo: Ilka Erkelenz
Den Gottesdienst von Pfarrer Claas Ehrhardt zum Sonntag, 26. Juli 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Musik zum Eingang: „Die Güldne Sonne“ aus dem Bach/Schemelli Gesangbuch

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn…
…der Himmel und Erde gemacht hat.
Friede sei mit euch.
Friede sei mit dir.

Begrüßung und Abkündigungen

"So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen."
Schreibt der Verfasser der Epheserbriefes seinen Gemeinden und uns im Spruch für die neue Woche.

Nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger, ja Mitbewohner.
Mitbewohner Gottes, weil Jesus uns Nichtjuden den Zugang zum Gott Israels ermöglicht hat.
Mitbewohner.
Das klingt gut.
Ich muss nicht höflich fragen, sondern darf selbst an den Kühlschrank gehen oder mir ein Brot nehmen.

Es bedeutet aber auch, dass ich das Brotmesser wieder zurück stecke und nicht die Krümel liegen lasse.
Es bedeutet, dass auch ich Verantwortung habe fürs Zusammenleben.

Um Brot und um Verantwortung im engeren und weiteren Sinne geht es auch in diesem Gottesdienst.
Brot, das Leib und Seele nährt, Verantwortung, die aus dem Hören auf Gottes Wort erwächst.

Zu Hören gibt es natürlich auch Musik im heutigen Gottesdienst: Franziska Buchner und Christopher Sosnick.
Herzlichen Dank.
Dank an alle, die den heutigen Gottesdienst durch ihr ehrenamtliches Mittun möglich machen.

Dank für die Kollekte vom vergangenen Sonntag in Höhe von insgesamt 146,83.

und auch schon für Ihre heutige Gabe am Ausgang, die je zur Hälfte bestimmt ist für die offene Kinder- und Jugendarbeit in unserer Landeskirche und für die Arbeit in unserer Gemeinde.

 

Liedvortrag „Dich rühmt der Morgen“

Dich rühmt der Morgen. Leise, verborgen singt die Schöpfung Dir, Gott, ihr Lied. Es will erklingen in allen Dingen und in allem, was heut geschieht. Du füllst mit Freude der Erde Weite, gehst zum Geleite an unsrer Seite, bist wie der Tau um uns, wie Luft und Wind. Sonnen erfüllen Dir Deinen Willen, sie geh ́n und preisen mit ihren Kreisen der Weisheit Überfluss, aus dem sie sind.

Du hast das Leben allen gegeben, gib uns heute Dein gutes Wort. So geht Dein Segen auf unsern Wegen, bis die Sonne sinkt, mit uns fort. Du bist der Anfang, dem wir vertrauen, Du bist das Ende, auf das wir schauen, was immer kommen mag, Du bist uns nah. Wir aber gehen, von Dir gesehen, in Dir geborgen, durch Nacht und Morgen und singen ewig Dir: Halleluja.

Text: Jörg Zink 1982, Musik: Giovanni Giacomo Gastoldi 1591

 

Gebet nach Psalm 107 im Wechsel

Danket dem Herrn; denn er ist freundlich,
und seine Güte währet ewiglich.
So sollen sagen, die erlöst sind durch den Herrn,
die er aus der Not erlöst hat,

die er aus den Ländern zusammengebracht hat
von Osten und Westen, von Norden und Süden.
Die irregingen in der Wüste, auf ungebahntem Wege,
und fanden keine Stadt, in der sie wohnen konnten,

die hungrig und durstig waren
und deren Seele verschmachtete,
die dann zum Herrn riefen in ihrer Not
und er errettete sie aus ihren Ängsten

und führte sie den richtigen Weg,
dass sie kamen zur Stadt, in der sie wohnen konnten:
Die sollen dem Herrn danken für seine Güte / und für seine Wunder,
die er an den Menschenkindern tut,

dass er sättigt die durstige Seele und die Hungrigen füllt mit Gutem.

Orgelimprovisation

 

Textlesung Joh 6,30-35 (Predigttext)

Seit Tagen folgt eine größere Menschenmenge Jesus uns seinen Jüngern. Sogar über den See Genezareth setzen sie über, um ihm nahe zu sein.

Was treibt sie an? Was mögen sie suchen beim Rabbi aus Nazareth?

Wir lesen bei Johannes im 6. Kapitel:

30 Da sprachen die Leute zu ihm: Was tust du für ein Zeichen, auf dass wir sehen und dir glauben? Was wirkst du?

31 Unsre Väter haben Manna gegessen in der Wüste, wie geschrieben steht (Psalm 78,24): »Brot vom Himmel gab er ihnen zu essen.«

32 Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel.

33 Denn dies ist das Brot Gottes, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben.

34 Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit solches Brot.

35 Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.

 

Glaubensbekenntnis nach Dietrich Bonhoeffer

Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein. Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind,

und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden,

als mit unseren vermeintlichen Guttaten. Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.

 

Predigt

Gib uns ein Zeichen!

„Zu allererst möchte ich erst einmal Ihren Ausweis sehen! Vorher betreten Sie nicht meine Wohnung.“

So sieht verantwortliches Verhalten aus, wenn es an der Wohnungstür klingelt und sich jemand als Polizistin oder Stromableser vorstellt und um Einlass bittet.

Eindringlich wirbt die Polizei, besonders unter älteren Menschen darum, nicht zu leichtfertig und vertrauensvoll zu reagieren, wenn jemand „Offizielles“ um Einlass bittet.

Zu häufig kam es in der Folge vor, dass im Anschluss der Familienschmuck oder Bargeld fehlten.

„Trau, schau, wem“ ist leider die Devise, auch wenn der Mensch vor der Tür noch so vertrauenswürdig und sympathisch wirkt.

Zugleich wird es auch dann keine absolute Sicherheit geben, denn wer weiß schon, wie der „richtige“ Ausweis aussehen muss.

Es bleibt an uns, abzuwägen und zu entscheiden.

 

„Zeig uns Deinen Ausweis!“

So lautet die Forderung an Jesus auch im heutigen Evangelium.

„Gib uns ein Zeichen, mit dem du ich ausweisen kannst. Wie sollen wir dir sonst Glauben schenken?“

Allerdings handelt es sich hier nicht um eine ängstliche ältere Dame, die gut daran tut, vorsichtig zu sein.
Ich höre die „Bitte“ auch nicht verzagt oder etwas entschuldigend.
Sie klingt für mich eher fordernd bis patzig!
„Los, gib uns ein Zeichen, weise dich aus!“

Was sind das für Leute, die ja auch keine vermeintliche oder tatsächliche Polizistin oder Stromableser so anmachen, sondern  - Jesus?

Vielleicht ja solche, die noch nie etwas von ihm gesehen oder gesehen haben oder bestenfalls ein Gerücht?
Oder solche, die irritiert sind über die Anhänger dieses Jesus und über das, was die von ihm vorschwärmen, und die sich nun gerne selbst ein Bild machen wollen?
 
Die Art der Frage ließe vielleicht auf eine solch kritische und vorsichtige Annäherung schließen, eine Annäherung, die ich gut verstehen könnte.
Wer will schon die Katze im Sack kaufen?

Aber, so ist es nicht.

Wenn wir im Johannes-Evangelium etwas weiter vorn einsteigen, können wir die Zeichenforderer identifizieren.

Sind sind keine Neulinge, ganz im Gegenteil.

 

Johannes beschreibt sie als Teil der Menge, die Jesus schon seit geraumer Zeit folgt und dabei auch sein Reden und Tun genau mitbekommt:
Sie haben ihn predigen gehört.
Sie konnten erleben, wie er Menschen von ihren Krankheiten heilte,.
Und gerade erst gestern hat er die ganze Meute, die ihm seit Tagen auf den Fersen ist, mit fünf Broten und zwei Fischen auf wunderbare Weise satt gekriegt!!!
 
Und genau dieselben Leute stehen nun am nächsten Morgen wieder auf der Matte!

„Gib uns ein Zeichen!“
Sie kriegen den Kanal nicht voll.
Einmal satt geworden, wollen sie mehr, größeres erleben als am Vortag.
„Tu’s noch einmal, tu‘ noch mehr, damit wir dir auch wirklich glauben können!“

Und Sie wissen auch schon genau, wie sie das nächste „Wunder“ gerne hätten:
„Los, lass Brot vom Himmel fallen, das kennen wir nur aus der Bibel. Mach‘s wie Mose damals!“

Denn Mose ist ihnen heilig, es gibt keinen größeren Propheten als ihn.
Und nun wollen sie einen zweiten Mose! –
„Damit wir sehen und glauben können!“
 

Damit wir sehen und glauben können 

„Damit wir sehen und glauben können!“
Ihre Spielregeln stehen fest:
„Wir lassen uns nur auf dich ein, wenn du genau unseren Vorstellungen entsprichst.
Und wie ein ordentliches Wunder auszusehen hat, bestimmen immer noch wir!
Kriegst du es hin, dann bist du unser Held und wir folgen dir. Aber nur dann.“

Und wie reagiert Jesus?
Lässt er es regnen?
Oder macht er wenigstens das Ding von gestern noch einmal mit nur zwei Broten und einem Fisch?

Weit gefehlt.
Jesus enttäuscht die an ihn gestellten Erwartungen!
Oder sollte man besser sagen: Das Anforderungsprofil?

Dabei wäre es doch die Chance, die Zahl seiner Anhänger auf einen Schlag zu vervielfachen.
Mit so einer Lobby im Rücken könnte er doch noch ganz anders in Jerusalem auftreten.

Doch Jesus widersteht der möglichen Versuchung.

Im Gegenteil: Er stößt seine potentiellen Follower Stück weit vor den Kopf, indem er ihr selbstgebasteltes Glaubensbild zurückweist:

„Gib uns ein Zeichen“?

Was ihr in Wahrheit wollt, ist doch der „starke Mann“. Einen, der es für euch richtet, ohne dass ihr Verantwortung übernehmen müsst.

Aber ich sage euch:

Auch Mose war der starke Mann, nicht seine menschliche Leistung und Würde machen seine Bedeutung aus.

Ohne Gottes Wirken und Beistand vor dem Pharao wäre Mose nicht durch die Wüste gekommen.

Ohne sein Vertrauen auf Gott gäbe es keinen Mose in den heiligen Schriften, auf die Ihr Euch so vollmundig beruft. Das kann nur Gott allein.

Jesus weist die Versuche der Leute zurück, sich ihr eigenes und möglichst passendes Glaubensbild zu basteln.
Eine Haltung und mitunter auch Versuchung, die es zu allen Zeiten gab und gibt.

 

Brot aus dem Himmel

Und die Leute?
Bleiben unbeirrt.
 
„O.K., dann nehmen wir davon. Gib es uns, dann sind wir abgesichert.“
Ihr Wunsch bleibt derselbe:
Wir wollen Sicherheit .
Und wer immer ausreichend Brot besitzt, ist zur Zeit Jesu auf der sicheren Seite…

Doch auch damit sind sie bei Jesus an der falschen Adresse:
 Ich bin das Brot. Wer zu mir kommt, dem werden Hunger und Durst gestillt.“

Anderes kann und will er nicht bieten.
Aber stößt er die Leute damit nicht unnötig vor den Kopf?
Weiß er denn nicht, dass man ohne materielle Absicherung schlecht schläft?
Der Mensch lebt zwar nicht vom Brot allein, aber vom Beten ist auch noch keiner satt geworden...

Wohl wahr und es ist zynisch, wenn jemand grundlegende Bedürfnisse abwertet gegenüber hehrer spiritueller Nahrung!

Aber Augen auf und inne gehalten?
Wer schreit denn hier in unserer Geschichte nach Brot? Es sind doch keine hungernden Menschen mit knurrenden Mägen, denen Jesus erst einmal Glauben abfordert, bevor er was zu essen rausrückt., frei nach dem Motto:
„Wes Brot ich ess’, des’ Lied ich sing?“

 Grundnahrungsmittel

Nein, satt sind sie und gierig auf das nächste Spektakel.
Menschen, die immer mehr brauchen, weil der Kick von gestern schon abgenutzt oder out ist.

Solchen Menschen tritt Jesus entgegen und gibt ihnen zu verstehen:

„Ihr unersättlichen. Wenn ihr auf dieser Schiene weiterfahrt, werdet ihr nie satt, dann braucht ihr immer mehr und immer schärferes.“

Was ihr für euren „Hunger“ wirklich braucht, ist ein Perspektivwechsel!
Und für den bin ich das „Brot“!

Jesus sagt nicht: „Ich bin der Fisch, das Fleisch, der Käse, nicht der Latte Macchiato oder das Carpaccio."
Er sagt „Ich bin das Brot!“

Jesus – das Brot des Lebens

Brot stellt den Inbegriff des Lebensnotwendigen dar. Nichts, was man sich mal zum Wochenende leistet, zu besonderen Anlässen oder einfach für den guten Geschmack. Nicht umsonst bitten wir Gott um das tägliche Brot im Vaterunser.

Jesus und damit die Botschaft, die er verkörpert:
Das ist nicht der Sonntagsbraten oder die Weihnachtsgans, kein Luxusartikel oder Statussymbol. Er ist lebensnotwendiges Grundnahrungsmittel.
Das ist es, was er den Satten sagen will, das ist seine Herausforderung und zugleich sein Angebot.

Und auch uns ist ja ein solches Sattsein nicht fremd:
Ich denke nur an einen Mann, der sich am Ausgang nach dem Heiligabendgottesdienst lautstark aufregte:
Nun komm ich schon mal in die Kirche und dann solch ein Orgelnachspiel. Dann kann ich ja gleich aus der Kirche austreten...

Für ihn ist Jesus offenkundig nur das Wellnessprogramm für gewisse Anlässe, die Sahne auf die Torte, aber nichts, was zu seinem Alltag gehört.
Der hat nun mal seine eigenen Spielregeln, und das können wir auch weniger klischeehaft als bei dem Weihnachtsbeispiel immer wieder erleben. 
Wovon lassen wir uns in seinem Ablauf bestimmen?

Wie oft frage ich mich am Abend: „Was habe ich eigentlich den ganzen Tag gemacht?“
Wo tue ich Dinge eigentlich nur, weil sie von mir erwartet werden, oder, weil es sich so eingespielt habt, so dass man gar nicht mehr darüber nachdenkt, ob es nicht auch anders laufen könnte?

•   Wie lange drücke ich mich schon vor der Aussprache mit einem bestimmten Menschen, finde aber immer Gründe, warum es gerade jetzt nicht günstig ist?
•   Wie lange sollte schon der geplante Familienausflug stattfinden, aber im letzten Moment kam immer irgendetwas Wichtigeres dazwischen?
•   Wie lange wollte ich eigentlich schon ein bestimmtes soziales Projekt unterstützen, aber immer kamen andere Ausgaben dazwischen?

Diese Liste für den Alltag mit Jesus, die ja eine sehr persönliche ist, ließe sich beliebig verlängern. 

Jesus mutet uns zu, Prioritäten zu setzen:

„Wie wichtig nimmst du dein Christsein? Taugt es nur für bestimmte Anlässe oder ist es auch dein Maßstab für deine täglichen Verrichtungen und Entscheidungen?

Jesu Brotwort ist nichts weniger als die Gretchenfrage: „Wie hältst du es wirklich mit mir?“

Martin Niemöller hat seiner Zeit für sich und seine alltäglichen Entscheidungen die Kontrollfrage entwickelt:

„Was würde Jesus dazu sagen?“

Eine Frage mit potentiellen Antworten, die einem durchaus schwer im Magen liegen können.
Doch es steckt auch eine Verheißung drin:
 
Wenn ihr es wirklich probiert mit diesem Grundnahrungsmittel „Jesus“,
mit der Sache Jesu als dem täglichen Brot,
werdet ihr vieles neu in eurem Leben wahrnehmen und entdecken können.

Wenn ihr eure Prioritäten und Entscheidungen bewusst in den Blick nehmt und versucht, euch an Jesus auch und gerade im Kleinen zu orientieren, dann könnt ihr eine Sättigung erfahren, die ihr so vielleicht noch nicht kennt.

Eine wohltuende Sattheit, die einen trägt, ohne träge zu machen.
Eine Sattheit, von der ihr gerade dann zehren könnt, wenn ihr mit euren Prioritäten auf das Unverständnis derer stoßt, für die Glaube und Kirche nur ein Wellnessprogramm oder die Sahne auf der Torte ist.

Jesu’ Ausweis sieht anders aus.

Er will unser täglich Brot sein und nicht nur einmal im Jahr zum Stromablesen an der Tür klingeln.

Sein Brot will jeden Tag gekaut und auch verdaut werden, sonst nährt es nicht. Das Kauen liegt an uns, auch wenn es manchmal hart und mühsam ist, aber es ist eine gute Grundlage für den Tag. Für jeden Tag!

Amen.

Liedvortrag „Du bist das Leben“

1. „Du bist das Brot, das den Hunger stillt, du bist der Wein, der die Krüge füllt. Du bist das Leben, du bist das Leben, du bist das Leben, Gott.
2. Du bist der Atem der Ewigkeit.  Du bist der Weg in die neue Zeit. Du bist das Leben, ...
3. Du bist die Klage in Angst und Not, du bist die Kraft, unser täglich Brot.
Du bist die Hand, die uns schützend nimmt. Du bist das Leben,...
4. Du bist der Blick, der uns ganz durchdringt, du bist das Licht, das uns Hoffnung bringt. Du bist das Leben, ...
5. Du bist das Ohr, das die Zukunft hört, du bist der Schrei, der die Ruhe stört. Du bist das Leben, ...
6. Du bist das Kreuz, das die Welt erlöst, du bist der Halt, der uns Mut einflößt. Du bist das Leben, ...
7. Du bist die Hand, die uns schützend nimmt, du bist das Korn, das dem Tod entspringt. Du bist das Leben, ...
8. Du bist das Wort, das uns Antwort gib, du bist ein Gott, der uns Menschen liebt. Du bist das Leben ,...
 
Text: T. Laubach/ T. Nesgen / W. Pilz; Melodie T. Nesgen

 

Fürbittgebet

Gott, Schöpfer der Welt,


in deinem Wort gibst du uns Weisung zum Leben.
In deinem Sohn kommst du uns nahe, zeigst uns, dass wir dir vertrauen können im Leben und im Sterben.

Dafür danken wir dir und bekennen zugleich, wie schwer es uns oft fällt, dir zu vertrauen.
Dass wir nicht selten daran zu kauen haben, wenn uns das Leben übel mitspielt oder wir in unseren Erwartungen enttäuscht werden.
Wenn uns die Nachrichten wieder und wieder vor Augen führen, wie viel Unrecht, Grausamkeit und Ignoranz tägliches Leid über so viele Menschen bringt.

Wie sehr wünschen wir uns dann jemand, der es richtet.
Oder dass Du von oben eingreifst und allem ein Ende setzt, was uns bedrängt.
 
Doch in Jesus zeigst du uns, dass Du nicht der ferne Weltenlenker bist.
In ihm bist du einer von uns geworden, teilst unsere Höhen und Tiefen, unser Leben und Sterben.
Und wirst uns so zum Brot des Lebens, das uns nähren will, Tag für Tag.

Lass uns dies als Anspruch und Zuspruch verstehen.

Lass es immer wieder neu in uns rutschen, auf dass es uns nährt und kräftigt in unserer je eigenen Verantwortung für uns und andere.

Gott, wir bitten dich um Deinen Trost und Beistand für alle, deren Leben vom Tod durcheinander gebracht wurde.

Für alle, die um Günter Splettstößer, Christa Lenz-Jenet, Philina Helth und Wolfgang Klähn trauern, die wir in den vergangenen Tagen deiner ewigen Liebe anvertraut haben.

Lass sie das Leben wieder finden. Nähre sie mit dem Vertrauen darauf, dass wir nicht tiefer fallen können als in deine bergenden Hände.

In der Stille sagen wir dir, was wir ganz persönlich auf dem Herzen tragen...

 

Gebetsstille

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

 

Liedvortrag „Herr, wir bitten, komm und segne uns“

Kehrvers: Herr, wir bitten: Komm und segne uns;lege auf uns deinen Frieden.
Segnend halte Hände über uns. Rühr uns an mit deiner Kraft.
 
1. In die Nacht der Welt  hast du uns gestellt, deine Freude auszubreiten.
In der Traurigkeit, mitten in dem Leid,lass uns deine Boten sein.
Kehrvers
2. In den Streit der Welthast du uns gestellt, deinen Frieden zu verkünden,
der nur dort beginnt, wo man, wie ein Kind, deinem Wort Vertrauen schenkt.
Kehrvers
3. In das Leid der Welt hast du uns gestellt, deine Liebe zu bezeugen.
Lass uns Gutes tunund nicht eher ruhn, bis wir dich im Lichte sehn.
Kehrvers
Text und Melodie: Peter Strauch

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden.
Amen.

Musik zum Ausgang Zum Ausgang: „Lasst uns Singen von der Gnade“ aus dem Paulus Oratorium von Felix Mendelssohn Bartholdy

6. Sonntag nach Trinitatis, 19.7.2020
Den Gottesdienst von Lektorin Hannelore Beuster zum Sonntag, 19. Juli 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Orgelvorspiel: Heinrich Schütz, „Eile, mich, Gott, zu erretten“

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn…
…der Himmel und Erde gemacht hat.

Der Herr sei mit euch!
Und mit deinem Geist!

Gebt einander ein Zeichen des Friedens.
Das geht zurzeit nur mit Abstand und Zunicken: Friede sei mit dir! Schalom!

Begrüßung

„So spricht der Herr, der dich   geschaffen hat:

Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“  (Jesaja 43, 1)
Mit dem Wochenspruch  aus dem Propheten Jesaja  begrüße ich Sie herzlich am 6. Sonntag nach Trinitatis.
In diesem Gottesdienst geht es um etwas,  was wahrscheinlich die meisten von uns verbindet und worin wir verbunden sind mit Gott – mehr als es uns oft bewusst ist: nämlich um unsere Taufe.
Wir dürfen zurzeit als Gemeinde nicht singen. Das übernimmt für uns Frau Brüggemann.  Die Gemeinde spricht abwechselnd mit dem Gesang die Verse, die Sie auf Ihrem Gottesdienstblatt haben.

Lied: EG 449  Die güldne Sonne (Gesang und Lesen im Wechsel)

1. Die güldne Sonne  voll Freud   und Wonne bringt unsern Grenzen
mit ihrem Glänzen ein herzerquickendes, liebliches Licht. Mein Haupt
und Glieder, die lagen darnieder; aber nun steh ich, bin munter und
fröhlich, schaue den Himmel mit meinem Gesicht.

2. Mein Auge schauet, was Gott gebauet zu seinen Ehren und uns zu
lehren, wie sein Vermögen sei mächtig und groß, und wo die Frommen
dann sollen hinkommen, wann sie mit Frieden von hinnen geschieden
aus dieser Erden vergänglichem Schoß.

3. Lasset uns singen, dem Schöpfer bringen Güter und Gaben, was
wir nur haben, alles sei Gotte zum Opfer gesetzt! Die besten Güter sind
unsre Gemüter; dankbare Lieder sind Weihrauch und Widder, an
welchen er sich am meisten ergötzt.

4. Abend und Morgen sind seine Sorgen; segnen und mehren, Unglück
verwehren sind seine Werke und Taten allein. Wenn wir uns legen, so
ist er zugegen; wenn wir aufstehen, so lässt er aufgehen über uns
seiner Barmherzigkeit Schein.

Wir beten gemeinsam mit Worten des 139. Psalms:

Herr, du erforschest mich und kennest mich.

Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es;
du verstehst meine Gedanken von ferne.

Ich geh oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege.

Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner
Zunge, das du, Herr, nicht alles wüsstest.

Von allen Seiten umgibst du mich
und hältst deine Hand über mir.

Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch,
ich kann sie nicht begreifen.

Wohin soll ich gehen vor deinem Geist,
und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht?

Führe ich gen Himmel, so bist du da.
Bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da.

Nähme ich Flügel der Morgenröte
und bliebe am äußersten Meer,

so würde auch dort deine Hand mich
führen und deine Rechte mich halten.

Spräche ich: Finsternis möge mich decken
und Nacht statt Licht um mich sein-,

so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir,
und die Nacht leuchtete wie der Tag.
Finsternis ist wie das Licht.

„Kommt, lasst uns anbeten!“ Wir sprechen:

Ehr‘ sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.

Gebet:

Jesus Christus, unser Herr und Bruder,
du kennst uns,
du nimmst uns an, wie wir sind.
Mache uns frei, uns auch selbst anzunehmen, so dass wir uns anderen Menschen zuwenden können.
Vergib uns, was uns von dir, von uns selbst
und von anderen Menschen trennt.
Vergib uns den Hochmut,
dass wir uns für besser halten als andere.
Schenke uns neue Gemeinschaft mit dir und untereinander.
Das bitten wir dich im Vertrauen auf dein Erbarmen.

Kyrie eleison

"Herr, erbarme dich!"

Beim Propheten Jeremia finden wir Gottes Zusage, die auch uns gilt: (Jeremia 30, 11)

„Ich bin bei dir, spricht der Herr, dass ich dir helfe.“

Wir beten:

Gütiger Gott,
du hast uns das Leben geschenkt.
In der Taufe wendest du dich uns zu.
Du kennst uns mit Namen.
Lass uns froh und mit Zuversicht unsern Weg gehen,
weil uns nichts von deiner Liebe trennen kann, die du uns schenkst in Jesus Christus,
deinem  Sohn und unserem Bruder.
Amen.

Textlesung Matthäus 28, 16-20

16 Aber die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte.

17 Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten.

18 Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.

19 Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes

20 und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Glaubensbekenntnis

Ich glaube an Gott, den Vater,
den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.

Amen.

EG 200 1,2,4 „Ich bin getauft auf deinen Namen“

Gesang und Lesen im Wechsel

1) Ich bin getauft auf deinen Namen,
Gott Vater, Sohn und Heilger Geist;
ich bin gezählt zu deinem Samen,
zum Volk, das dir geheiligt heißt;
Ich bin in Christus eingesenkt,
ich bin mit seinem Geist beschenkt.

2) Du hast zu deinem Kind und Erben,
mein lieber Vater, mich erklärt;
du hast die Frucht von deinem Sterben,
mein treuer Heiland, mir gewährt;
du willst in aller Not und Pein,
o guter Geist, mein Tröster sein.

4) Mein treuer Gott, auf deiner Seite
bleibt dieser Bund wohl feste stehn;
wenn aber ich ihn überschreite,
so lass mich nicht verloren gehn;
nimm mich, dein Kind, zu Gnaden an,
wenn ich hab einen Fall getan.

Predigt über 5. Mose 7, 6-12

„Gnade sei mit uns und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.“

Als Anne wieder einmal ihre Großeltern besucht, hat sie Lust, auf dem Dachboden nach alten Sachen zu stöbern. Sie findet dort einen Karton, gefüllt mit Briefen. Mehrere sind mit Seidenbändern zusammengebunden. Neugierig öffnet Anne einen. Schwer zu lesen in dieser alten Schrift. Es ist ein Liebesbrief, den der Urgroßvater an seine Verlobte, ihre Urgroßmutter, geschrieben hat. Anne kommt sich plötzlich wie ein Voyeur vor, schließlich waren diese Zeilen nicht für sie bestimmt. Der Urgroßvater schreibt seiner Braut, weshalb er sie erwählt hat. Von ihrer Schönheit schreibt er auch. Und Anne denkt an die Fotos, die sie von ihrer Urgroßmutter gesehen hat: So schön sah sie - ihrer Meinung nach – eigentlich nicht aus. Aber ihr Bräutigam hat sie mit den Augen der Liebe gesehen, und für ihn war sie eben schön.

Einen Liebesbrief hat auch Gott geschrieben an das Volk Israel. Mose war sein Liebesbote. Hier ein kleiner Ausschnitt aus dem Brief (5. Mose, Kapitel 7, Verse 6-12):

"Du bist ein heiliges Volk dem HERRN, deinem Gott. Dich hat der HERR, dein Gott, erwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind.

Nicht hat euch der HERR angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter allen Völkern, sondern weil er euch geliebt hat und damit er seinen Eid hielteden er euren Vätern geschworen hat.

Darum hat der HERR euch herausgeführt mit mächtiger Hand und hat dich erlöst von der Knechtschaft, aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten.

So sollst du nun wissen, dass der HERR, dein Gott, allein Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit bis ins tausendste Glied hält denen, die ihn lieben und seine Gebote halten,

und vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen, und bringt sie um und säumt nicht, zu vergelten ins Angesicht denen, die ihn hassen.

So halte nun die Gebote und Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, dass du danach tust.

Und wenn ihr diese Rechte hört und sie haltet und danach tut, so wird der HERR, dein Gott, auch halten den Bund und die Barmherzigkeit, wie er deinen Vätern geschworen hat."

Eine leidenschaftliche Liebeserklärung an ein ganzes Volk. Und das von Gott persönlich. Prominenter geht es nicht.  Ewige Liebe schwört er seinem Volk. Seine Liebe hört nimmer auf. Aber warum gerade das jüdische Volk? Und wo bleiben die, die nicht zu den Erwählten gehören?

Spätestens bei dem Wort ERWÄHLT läuten doch bei vielen weniger die Hochzeits- als die Alarmglocken. In dem Neid, nicht dazuzugehören, dem Hitler in maßlosen Hasstiraden Luft machte, indem er die göttliche Erwählung der Juden verhöhnte. Wir Deutschen haben ja unsere eigene Geschichte mit dem „Deutschland, Deutschland über alles in der Welt“ – Mit dem Irrglauben von wegen „Gott mit uns“ auf den Koppelschlössern der Soldaten, der viele Länder und dazu Millionen Menschen ins Verderben geführt hat.

Mit Schrecken sehen wir jetzt über den „großen Teich“, wie 155 Jahre nach der offiziellen Abschaffung der Sklaverei der Rassismus immer noch lebendig ist, und das nicht nur in den Vereinigten Staaten. Dass Menschen grundlos Gewalt, ja den Tod fürchten müssen, nur weil sie eine andere Hautfarbe haben.

„America first/ Amerika zuerst!“ heißt der Erwählungsglaube dort seit 4 Jahren. Das „Make America great again/ Macht Amerika wieder groß“, gellt uns noch in den Ohren.

Im Römerbrief des Paulus lesen wir: „Die Juden zuerst“. Was ist der Unterschied? Gibt es einen?

Ja, das gibt es. In der Bibel kommt das jüdische Volk nicht zuerst. Am Anfang der Bibel steht nicht die Erwählung, sondern die Erschaffung der ganzen Welt und der Geschichte der Menschheit als Familiengeschichte: Wir alle stammen von einem Menschenpaar ab. Trotz aller Unterschiede an Aussehen, Geschlecht und Lebensbedingungen sind wir Menschen alle Geschwister, alle gleich an Würde! Die Würde des Menschen – jedes Menschen ist unantastbar!

Gott will, dass in dieser Welt die Menschenwürde wieder hochgehalten wird. Alle sollen ein Recht haben auf Leben, auf Familie, Arbeit und Essen, auf Glück. Gott hat sich für die ganze Menschheit entschieden, indem er das jüdische Volk erwählt, Licht für alle Völker zu sein. Und es ist gerade nicht das größte und mächtigste Volk: „Nicht hat euch der HERR angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter allen Völkern.“

Versklavt waren die Juden in Ägypten, Fremde ohne Perspektive, eine Gemeinschaft, die weiß und sich immer wieder daran erinnert, was es heißt, fremd, benachteiligt und ohne Rechte zu sein. Gott hat eben eine Vorliebe für die Kleinen, die Benachteiligten, die Fremden.

Gerade diese Geliebten Gottes bekommen von Gott den Auftrag, Gottes Gerechtigkeit in dieser Zeit vorzuleben – als Zeichen Gottes für die Völker.

Ein Auftrag – so groß, dass er dieses kleine Volk eigentlich überfordern muss. Erwählung – ein Privileg? Im Gegenteil: Kein Glanz und Gloria, kein Weltmeistertitel mit Lorbeerkranz! Stattdessen eine große Verantwortung. Bis heute ist dieser Auftrag nicht erfüllt. Wie sollte er auch? Jüdinnen und Juden sind keine besseren Menschen als andere – aber auch keine schlechteren, nirgends auf der Welt. Tevje, der Milchmann im Musical „Anatevka“ , bringt es auf den Punkt, als er mit einem Blick nach oben sagt: „Ich weiß, ich weiß. Wir sind das erwählte Volk. Aber könntest du nicht ab und zu jemand anderen erwählen?“

Eine kleine Gruppe von Weltverbesserern – wie soll das funktionieren? Gott lässt sie mit dieser Riesenaufgabe nicht allein. Er gibt ihnen seine Weisung, seine Gebote mit auf den Weg zu einem Leben in Gerechtigkeit für alle.  Das größte und wichtigste Gebot steht schon in seinem Liebesbrief: „So sollst du nun wissen, dass der HERR, dein Gott, allein Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit bis ins tausendste Glied hält denen, die ihn lieben und seine Gebote halten.“

Gott ist Gott allein, Herrscher der Welt. Und dieser liebende Gott, der in Treue an den Menschen hängt, möchte wieder geliebt werden. Dass auch sie treu an ihm hängen und aus Liebe seinen Willen tun und frei werden von allen anderen Abhängigkeiten.  Wer dagegen selber der Größte sein will, wer Gottesrecht und Menschenwürde hasst, denen „vergilt“ Gott ihre Großmannssucht.  Gott steht mit seiner Gerechtigkeit dafür ein, dass der Hass der Hassenden auf sie selbst zurückfällt. Größer aber als Gottes Gerechtigkeit ist seine Barmherzigkeit, bis über 1000 Generationen hinweg, auch wenn sie in den Jahrhunderten der Verfolgung oft unkenntlich gewesen ist. Und doch haben Juden an dem „treuen Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit hält“, festgehalten in der Hoffnung, dass seine Treue ewig gilt.

Gott hat einen Liebesbrief an das jüdische Volk geschrieben. Und wo bleiben wir Christen? Erwählung meint immer das Besondere, spricht den anderen aber ihre Würde nicht ab. Am heutigen Sonntag gedenken wir unserer Taufe. Sie ist das Zeichen, mit dem der Jude Jesus die Liebe Gottes zu uns und zu allen Völkern bestätigt. Gott bindet sich an uns und verspricht uns – Christen wie Juden – seine bleibende Treue. Das bleibt nicht ohne Folgen. In der Taufe gibt uns Jesus einen Auftrag. Er sendet uns in die Welt, um Gottes Willen, seine Gebote, weiterzugeben.

Das bedeutet, die Menschenwürde eines jeden Menschen zu achten, Benachteiligte und Bedrohte zu schützen und zu ihrem Recht zu verhelfen und für Frieden auf dieser Welt einzutreten. „Darum geht hin und lehret alle Völker. Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus unserm Herrn.

Amen.

(Bearbeitete Predigt von Dekanin Anne-Kathrin Kruse, Schwäbisch-Hall)

Musik: Carlo Filago, „Tota pulchra es”

Abkündigungen

Fürbittgebet mit Gebetsstille

Wir wollen Fürbitte halten.

Auf die Worte „Wir rufen dich an:“ antworten Sie bitte „Erhöre uns, Gott!“

Barmherziger Gott, in Jesus hast du uns deine Güte gezeigt und uns in unserer Taufe deine Gnade ganz persönlich zugesagt.
Wir danken dir, dass wir immer wieder zu dir zurückkehren dürfen und dass du dieses Versprechen nicht von uns nehmen willst.
Hilf uns, dass wir in solchem fröhlichen Vertrauen leben können.

Wir rufen dich an:  Erhöre uns, Gott!

Gott, du schenkst uns die Zuversicht, dass uns nichts trennen kann von deiner Liebe in Christus, der bei uns ist alle Tage bis an das Ende der Welt.
In dieser von der Coronapandemie bestimmten Zeit gib uns Geduld und Achtsamkeit füreinander, dass wir keinen aus dem Blick verlieren, der unsere Anteilnahme und Hilfe braucht.
Sei bei allen, die jetzt Urlaub haben – zu Hause oder auf Reisen – und schenke ihnen Erholung für Körper und Seele.

Wir rufen dich an:  Erhöre uns, Gott!

Gott, wir denken vor dir an die Großen in dieser Welt, an die Starken und Mächtigen
und bitten dich für alle, die verantwortlich sind in Politik und Wirtschaft:
dass sie nicht gedankenlos und selbstsüchtig über die Zukunft der Menschen verfügen,
sondern nach dem streben, was der Gerechtigkeit und dem Frieden dient.

Wir rufen dich an:  Erhöre uns, Gott!

Wir bitten dich für die Opfer von Krieg und Gewalt,
für die, deren Tage von Angst erfüllt sind,
für die, denen das Nötigste fehlt –
dass du sie Hilfe und Beistand finden lässt.

Wir rufen dich an: Erhöre uns, Gott!

Wir bitten dich, Gott, für die Menschen, deren Herz gefangen ist in Gedanken des Hasses und der Gewalt,
dass ihrem heillosen Tun Grenzen gesetzt werden
und dass du die Ohren und Herzen der Menschen öffnest für Ideen des Friedens und der Hoffnung.
Und wir bitten dich für alle, die sich einsetzen für Frieden und Versöhnung:
Schenke du ihnen Mut und Geduld und einen klaren Blick für das, was möglich ist.

Wir rufen dich an:  Erhöre uns, Gott!

Und was wir persönlich auf dem Herzen haben, wollen wir in der Stille vor Gott bringen.

Gebetsstille

Gemeinsam beten wir, wie Jesus Christus uns gelehrt hat:

Vaterunser

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
nd vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.
Amen.

Lied: EG 503 Geh aus mein Herz 1,2,13,14

1. Geh aus, mein Herz, und suche Freud
in dieser lieben Sommerzeit
an deines Gottes Gaben;
Schau an der schönen Gärten Zier,
und siehe, wie sie mir und dir
sich ausgeschmücket haben.

2. Die Bäume stehen voller Laub,
das Erdreich decket seinen Staub
mit einem grünen Kleide.
Narzissus und die Tulipan,
die ziehen sich viel schöner an,
als Salomonis Seide.

13. Hilf nur und segne meinen Geist
mit Segen, der vom Himmel fleußt,
daß ich dir stetig blühe!
Gib, daß der Sommer deiner Gnad
in meiner Seelen früh und spat
viel Glaubensfrücht erziehe.

14. Mach in mir deinem Geiste Raum,
daß ich dir werd ein guter Baum,
und laß mich Wurzel treiben
Verleihe, daß zu deinem Ruhm
ich deines Gartens schöne Blum
und Pflanze möge bleiben.

Gehet hin, im Frieden des Herrn!

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden.

Amen.

Musik: Heinrich Schütz, „O süßer, o freundlicher, o gütiger Herr Jesu Christe“

 

5. Sonntag nach Trinitatis, 12.7.2020
Photo: Jana Lutz
Den Gottesdienst von Pfarrer Claas Ehrhardt zum Sonntag, 12. Juli 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Orgelvorspiel: Susanne Hartwich (geb.1969), O Gott, du frommer Gott

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn…
…der Himmel und Erde gemacht hat.
Friede sei mit euch.
Friede sei mit dir.

Begrüßung und Abkündigungen

Wenn du das sagst …
Oft gehört, oft gesagt.

Doch mit welcher Stoßrichtung?

Spöttisch - wenn wir der Aussagekraft unseres Gegenübers wenig bis gar nichts zutrauen.

Widerständig - wenn wir uns zwar der Autorität des Gegenübers beugen müssen, sie aber innerlich ablehnen.

Oder auch genau andersherum:

wenn wir dem Gesagten eigentlich kritisch bis ablehnend gegenüberstehen, aber eine hohe Meinung haben von der Person, die zu uns spricht.

Wenn du das sagst … dann gebe ich der Sache eine Chance, auch wenn alles in mir dagegenspricht.

Zweifel und Vertrauen,
die Tragkraft eines Wortes, nein, DES Wortes,
stehen auch im Mittelpunkt unseres heutigen Gottesdienstes am 5. Sonntag nach Trinitatis, zu dem ich Sie herzlich begrüße.

Auch heute geht mein Dank an alle, die durch ihre ehrenamtliche Mithilfe den heutigen Gottesdienst möglich machen.

Ebenso herzlich danke ich Kathy und Ronald Bird, die uns zum wiederholten Mal mit ihrer Musik und ihrem Gesang diesen Gottesdienst bereichern.

Dank auch für die Kollekte der vergangenen Woche in Höhe von 250,41.
Die heutige Kollekte am Ausgang ist bestimmt für die Rüstzeitenheime im Bereich unserer Landeskirche sowie die Arbeit in unserer Gemeinde je zur Hälfte.

Und nun wünsche ich uns allen einen gesegneten Gottesdienst

Liedvortrag EG 455 „Morgenlicht leuchtet“

  1. Morgenlicht leuchtet, rein wie am Anfang. Frühlied der Amsel, Schöpferlob klingt. Dank für die Lieder, Dank für den Morgen, Dank für das Wort, dem beides entspringt.
  2. Sanft fallen Tropfen, sonnendurchleuchtet. So lag auf erstem Gras erster Tau. Dank für die Spuren Gottes im Garten, grünende Frische, vollkommnes Blau.
  3. Mein ist die Sonne, mein ist der Morgen, Glanz, der zu mir aus Eden aufbricht! Dank überschwenglich, Dank Gott am Morgen! Wiedererschaffen grüßt uns sein Licht.


Gebet nach Psalm 73 im Wechsel

Dennoch bleibe ich stets an dir;

denn du hältst mich bei meiner rechten Hand,
            du leitest mich nach deinem Rat
            und nimmst mich am Ende mit Ehren an.
Wenn ich nur dich habe,
so frage ich nichts nach Himmel und Erde.
            Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet,
            so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.
Aber das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte und meine Zuversicht setze auf Gott den Herrn, dass ich verkündige all dein Tun.

Gesangsvortrag: Entsagung ("Herr, zu Dir will ich mich retten" J.G. Droysen) Fanny Hensel, geb. Mendelssohn (1805-1847)

Textlesung Lukas 5,1-11 (Predigttext)

Die Begegnung mit Jesus und seinem Wort verändert Menschen. Neue Prioritäten, Perspektiven und Wege tun sich auf. So hat es auch Petrus erfahren.
Wir hören das Evangelium aus Lukas 5, die Verse 1 bis 11, es ist zugleich der Predigttext:

1 Es begab sich aber, als sich die Menge zu ihm drängte, zu hören das Wort Gottes, da stand er am See Genezareth.
2 Und er sah zwei Boote am Ufer liegen; die Fischer aber waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze.
3 Da stieg er in eines der Boote, das Simon gehörte, und bat ihn, ein wenig vom Land wegzufahren. Und er setzte sich und lehrte die Menge vom Boot aus.
4 Und als er aufgehört hatte zu reden, sprach er zu Simon: Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus!
5 Und Simon antwortete und sprach: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort hin will ich die Netze auswerfen.
6 Und als sie das taten, fingen sie eine große Menge Fische und ihre Netze begannen zu reißen.
7 Und sie winkten ihren Gefährten, die im andern Boot waren, sie sollten kommen und ihnen ziehen helfen. Und sie kamen und füllten beide Boote voll, sodass sie fast sanken.
8 Da Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füßen und sprach: Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch.
9 Denn ein Schrecken hatte ihn erfasst und alle, die mit ihm waren, über diesen Fang, den sie miteinander getan hatten,
10 ebenso auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, Simons Gefährten. Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen.
11 Und sie brachten die Boote ans Land und verließen alles und folgten ihm nach.

Glaubensbekenntnis

Ich glaube an Gott, den Vater,
den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.

Amen.

Gesangsvortrag:  I want Jesus to walk with me. Spiritual, arr. Moses Hogan

 

Predigt

Am See – auf dein Wort hin

Leise schwappt das Wasser ans Seeufer.
Im Osten geht langsam die Sonne auf.
Eigentlich hat man um diese Uhrzeit seine Ruhe.
Nach langer Nacht.
In Ruhe die Netze waschen.
Seinen Gedanken nachhängen.
Der Enttäuschung Herr werden über die leer gebliebenen Netze.

Während seine Gedanken so kreisen, stören ungewohnte Stimmen die Ruhe.
Der kleine Strand füllt sich mit Menschen, zwanzig, dreißig oder noch mehr.
Was wollen die denn hier um die Uhrzeit?

Simon blinzelt in die Morgensonne.
Dann erkennt er den Grund für den ungewohnten Auflauf.
Es ist Jesus, der Sohn des Zimmermanns Josef aus Nazareth, einen halben Tagesmarsch entfernt.
Seit seinen Auftritten in den Synagogen von Nazareth und hier in Kapernaum ist er das Gesprächsthema Nummer 1 in ganz Galiläa.

Mit seiner Botschaft, die so anders klingt als das, was man sonst im Gottesdienst hört.
Kraftvoll.
Drängend.
Und vor allem:
Glaub-würdig!

„Gott will seine Herrschaft aufrichten. Gefangene und Geknechtete werden frei, Lahme kommen auf die Füße, Blinde sehen neu und Armen wird das Evangelium verkündigt.“

Und Jesus predigte nicht nur.
Neulich erst hatte er einen geheilt, der jahrelang nur rumbrüllte und wirres Zeug redete.
Und Simons eigene Schwiegermutter im Handumdrehen von schwerem Fieber befreit.

Kein Wunder also, dass die Leute ihn sehen und hören wollten.
Aber, was will er hier am See?

Während Simon noch so grübelt, steht Jesus schon vor ihm.
„Könntest DU mir heute einen Gefallen tun, Simon? Ich bräuchte mal dein Boot.“

Natürlich, wenn es weiter nichts ist, so kann er sich wenigstens revanchieren.

„Setz dich rein, ich fahr ein paar Meter raus. Dann kannst du ihnen sprechen. Darum geht es doch, oder?“

Die Menschen hängen an seinen Lippen. Auch Simon ist berührt, auch wenn ihm die Müdigkeit der letzten Nacht in den Knochen steckt und er zwischendurch kurz weg nickt und nun erschrocken auffährt:

„Also, vergesst nicht. Gottes neue Welt ist im Kommen. Er will, dass keiner verloren geht. Vertraut ihm. Vertraut mir. Vertraut der guten Nachricht.
Und nun kommt gut nach Hause!

Nach Hause, das klingt gut.
Doch als Simon zum Ufer zurückrudern will, packt Jesus ihn an der Schulter.
„Nicht ans Ufer. Ruf die anderen. Fahrt raus in die Tiefe. Und werft dann dort Eure Netze aus.

Simon schaut ihn verständnislos an.
„Wenn du nicht meine Schwiegermutter geheilt hättest, würde ich sagen, Zimmermann, bleib bei Deinen Balken.
Aber so. Wenn du das sagst.

Auf dein Wort hin will ich die Netze auswerfen. Obwohl alles dagegenspricht.
So fahren sie raus, werfen ihre Netze aus und machen den Fang ihres Lebens. Fast kentert das Boot.

Und Simon?
Nicht Freude, Entsetzen erfüllt ihn, oder sollte man besser sagen: Erkenntnis?!

Mit wem er es offenkundig zu tun hat.
Dass das Wort dieses Mannes Grenzen sprengt und im wahrsten Sinne des Wortes in die Tiefe führt.
„Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch.“

Die Erwiderung Jesu besteht aus drei Worten:
„Fürchte dich nicht!“

Denn hier es geht nicht um eine Machtdemonstration.
Nicht darum, einzuschüchtern oder etwas zu beweisen.

Es geht … um Vertrauen!

„Auf dein Wort hin!“

Ein Wort, das gewohntes aufbricht.
Ein Wort, das dem Leben eine neue Perspektive, eine neue Dimension verleiht.

Weshalb Simon nach dieser Erfahrung auch nicht einfach zur Alltagsroutine zurückkehren kann, sondern sich ein neues Kapitel für ihn öffnet.

Von nun an wirst du Menschen gewinnen, traut Jesus dem zu, der gerade noch vor ihm auf die Knie gegangen ist.
Und nicht nur ihm, sondern auch seinen Kollegen Jakobus und Johannes.
Und sie brachten die Boote ans Land und verließen alles und folgten ihm nach…

… weil sie nicht mehr so weiter machen konnten, als sei nichts geschehen.

In seiner Auslegung des Lukas-Evangeliums nennt Helmut Gollwitzer diese Szene „den Beginn der Kirche“.

Nicht Ostern, nicht Pfingsten, sondern diese Szene am See Genezareth.

Jesus macht seine Botschaft glaub-würdig.
Sie trifft und setzt in Bewegung.
Die Menschenschar, die sich so früh aufgemacht hat.
Die drei Fischer, die alles stehen und liegen lassen, um Jesus zu folgen.
Auch wenn so vieles dagegen zu sprechen scheint.
„Auf dein Wort hin“…

„Seehafen mit der Predigt Christi“

Knapp 1600 Jahre später ist aus der kleinen Bewegung die weltumspannende Kirche geworden.
Mächtig und machtbewusst.
Entsprechend wimmelt es von Menschen auf dem Bild „Seehafen mit der Predigt Christi“ * von Jan Brueghel dem Älteren.
* https://visualelsewhere.files.wordpress.com

Wie andere Künstler seiner Zeit „übersetzt“ Brueghel die biblischen Bilder und Texte in seine Zeit und seine Welt. Er predigt quasi mit dem Pinsel.

Für mich ein Bild, das mehrere Botschaften enthält:

  • Die Verkündigung Christi gehört in die (jeweilige) Gegenwart. Eindeutig unterstrichen durch die Verlagerung der Szene von Galiläa in eine europäische Weltlandschaft mit Bergen, Bäumen und Meer.

  • Die biblische Botschaft ist Teil des Alltags. Dort gehört sie hin. Menschen verschiedener Gesellschaftsschichten flanieren über eine Art Fischmarkt mit opulentem Angebot. Die einen gehen ihren Alltagsgeschäften nach. Andere sind ins Gespräch vertieft oder hören konzentriert zu.

  • Den Menschenfischer Simon, dessen Aufbruch von seinen Netzen für Gollwitzer den Beginn der Kirche markiert, kann ich nicht eindeutig identifizieren.
    Offenkundig hat er seine Mission schon erfüllt. Erkennbar in Gestalt der Menschenmenge, in der zur Zeit Brueghels Bürger- und Christengemeinde identisch sind.
    Auch seinen überbordenden Fang entdecke nicht auf dem Bild. Er scheint schon verteilt zu sein, als Angebot bereit für die vielen.

  • Vielleicht ist Petrus aber auch noch gar nicht rausgefahren? Und die vielen dem Ufer abgewandten Menschen verkörpern das Desinteresse der Satten?

  • Und der predigende Jesus mit seiner Botschaft? Gefangene und Geknechtete werden frei, Lahme kommen auf die Füße, Blinde sehen neu und Armen wird das Evangelium verkündigt.

Er ist nur schwer auszumachen im Gewusel und der Vielschichtigkeit der Szenerie.

Gehört er so sehr in den Alltag der Menschen, dass es keiner Hervorhebung bedarf?

Im guten Sinne einer von ihnen, einer von uns?

Oder ist er ist so „integriert“ wie die Familienbibel im Wandschrank, von der keiner weiß, wann sie zum letzten Mal aus dem Regal geholt wurde?

Brueghel positioniert Jesus ziemlich genau in der Mitte zwischen Horizontaler und Vertikaler.

Bekenntnis oder Mahnung?
Wie würden Sie diese Anordnung deuten?

Wo würden Sie sich einordnen auf diesem Bild?

Und:

Wie würde wohl die Szene als Bild in unserer Zeit aussehen?

„Auf dein Wort hin“ - Kirche und Nachfolge heute

2020.

Für eine Mehrheit der älteren Generation war bzw. ist es noch selbstverständlich, einer Kirche anzugehören. Die Kinder wurden getauft und später zum Konfirmationsunterricht. Das gehörte „dazu“ wie die Familienbibel im Wandschrank.
Auch wenn „Glaube“ im alltäglichen Leben keine besondere Rolle spielte.
So belegen es Statistiken zur Kirchenmitgliedschaft.
So höre ich es häufig z.B. bei Beerdigungsgesprächen.
„Wir sind zwar keine Kirchgänger, aber es gehört dazu.“

Wie für die Vielen auf dem Wimmelbild von Jan Brueghel dem Älteren.

In Deutschland gehört aktuell noch etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung einer der beiden großen Kirchen an, - in Zehlendorf immerhin noch knapp 30 Prozent, in anderen Bezirken Berlins sind es zum Teil unter 10.

In diesem Jahr sind mit über 500.000 Menschen so viele, wie noch nie in einem Jahr aus der evangelsichen und der katholischen Kirche ausgetreten. Und mit den verstorbenen Gemeindegliedern liegt der Verlust bei rund 800.000.

Auch wenn wir noch lange nicht bei den kleinen Zahlen vom „Beginn der Kirche“ angelangt sind, die Selbstverständlichkeit, „dazu zu gehören“, gehört der Vergangenheit an.
Kirche verändert sich, Kirche wird kleiner, zahlenmäßig und in ihren Gestaltungsmöglichkeiten.
Das spüren wir auf allen Ebenen.
Und es verunsichert.
Weil gewohntes und vertrautes ins Wanken gerät.
Das kann einem die Sorgenfalten auf die Stirn treiben.

Es kann uns aber auch neu auf die Grund-Frage werfen:

  • Was macht christlichen Glauben aus?

  • Was macht Nachfolge Jesu Christi aus?

  • Und was macht im Gefolge dessen Kirche bzw. Gemeinde aus?
    Größe? Masse? Gesellschaftlicher Einfluss?

Oder nicht doch zu allererst Glaube, also das je persönliche Vertrauen?

Vertrauen darauf, dass das biblische Wort, dass das Reden und Handeln Jesu für mich mein Wegweiser durchs Leben sind.
Ein Wegweiser, der meine Füße stärkt und meinen Blick schärft für das Geschenk und den Reichtum meines Lebens.

Ein Wegweiser, der mich in die Gemeinschaft weist mit meinen Nächsten, weil wir alle Geschöpfe des einen Gottes sind.

Und auf dem steht: „Fürchte dich nicht!“

  • Du musst nicht alles alleine schaffen.

  • Du musst deine Netze nicht immer zur selben Zeit am selben Ort auswerfen.

  • Und du brauchst dich nicht zu fürchten vor einer ungewissen Zukunft.

Denn:

„Er spricht das Herz an, (auch) heute, und sammelt seine Leute.
Und blieben wir auch lieber stehn – zu wem denn sollen wir sonst gehn?
Er will uns alles geben, die Wahrheit und das Leben.“

Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist, als unser Verstehen und Begreifen bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserem Bruder und Herrn.

Amen.

Liedvortrag: EG 313 „Jesus, der zu den Fischern lief“

  1. Jesus, der zu den Fischern lief und Simon und Andreas rief, sich doch ein Herz zu fassen, die Netze zu verlassen – vielleicht kommt er auch heut vorbei, ruft mich und dich, zwei oder drei, doch alles aufzugeben und treu ihm nachzuleben.

  2. Jesus, der durch die Straßen kam, den Mann vom Zoll zur Seite nahm und bei ihm wohnen wollte, dass der sich freuen sollte – vielleicht kommt er auch heut vorbei, fragt mich und dich, zwei oder drei: Wollt ihr mir euer Leben, und was ihr liebhabt, geben?

  3. Der durch die Welt geht und die Zeit, ruft nicht, wie man beim Jahrmarkt schreit. Er spricht das Herz an, heute, und sammelt seine Leute. Und blieben wir auch lieber stehn – zu wem denn sollen wir sonst gehn? Er will uns alles geben, die Wahrheit und das Leben.

Fürbittgebet mit Gebetsstille

Großer Gott,

vertraute Wege schenken uns Sicherheit.
Wenn vertrautes ins Wanken gerät, wachsen Sorge und Angst.
Du sagst uns, dass du unsere Wege mitgehst,
neue Wege, neue Ziele, neue Perspektiven.
Hilf uns, deinem Wort Vertrauen zu schenken.
Dass wir auf dein Wort loslassen können, was uns ängstigt und bindet.
Dass wir auf dein Wort getrost und neugierig in die Zukunft gehen.

Genau das erbitten wir für Deine Kirche.
Vertrauen und Neugier auf eine sicherlich andere Zukunft.
Hilf uns zu erkennen, wo alte Netze nicht mehr zu flicken sind.
Schenke uns den Mut, loszulassen, was nicht mehr trägt, weil es uns am Aufbruch hindert.
Erfülle uns mit deinem Geist, der hilft zu unterscheiden und zu entscheiden.
Der uns hilft, dass unser Reden und Tun glaub-würdig sind.
Gott, wir bitten für unser Land und wir bitten dich für Europa:

Um Gemeinsinn in der Krise, um Solidarität und Ausgleich,
um Einsichten, was es zu bewahren und was es zu ändern gilt.
Wir bitten um Frieden und Verstehen zwischen Ländern und Volksgruppen.
Um Akzeptanz und Toleranz zwischen Geschlechtern und Hautfarben.
Um den Mut, dicke Bretter zu bohren anstatt den vermeintlich leichteren Weg zu gehen.

Gott, wir bitten dich um leichte, aber auch verständige Herzen in unserer immer noch kritischen Zeit.
Bewahre vor Schwarz-Weiß-Malerei, vor Unvernunft, vor Resignation.
Sei bei allen, die ihren Dienst tun, dass unser Alltag funktioniert.
Sei bei allen, die um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen oder arbeitslos geworden sind.
Sei bei allen unruhigen und bedrückten Herzen in Kummer, Sorge und Trauer.

Wohin sollten wir gehen mit dem, was uns freut oder ängstigt.
Du hast Worte des ewigen Lebens, du bist unsere Hoffnung im Leben und im Sterben.
In diesem Vertrauen bringen wir auch in der Stille vor dich, was uns ganz persönlich auf dem Herzen liegt…

In der Stille bringen wir vor dich, was unsere Herzen bewegt:

Gebetsstille

Vaterunser

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
nd vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.
Amen.

Liedvortrag + 73 „Der Herr segne dich und behüte dich“

  1. 1.Der Herr segne dich und behüte dich, und Freude leuchtet über deinen Wegen. Der Herr segne dich und behüte dich; in seine Hände kannst du alles legen.

    Ref.: Amen, Amen, Amen, Du gehst nicht allein. Amen, Amen, Amen, es wird Friede sein.

  2. Der Herr segne dich und behüte dich, der auch den fernsten Stern beim Namen nennt. Der Herr segne dich und behüte dich; er ist’s, der auch dein Licht und Dunkel kennt.

    Ref.: Amen, Amen, Amen, Du gehst nicht allein. Amen, Amen, Amen, es wird Friede sein.

  3. Der Herr segne dich und behüte dich, er ging für dich den Weg, der Liebe heißt. Der Herr segne dich und behüte dich; er leitet dich mit seinem guten Geist.

    Ref.: Amen, Amen, Amen, Du gehst nicht allein. Amen, Amen, Amen, es wird Friede sein.

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden.

Amen.

Zum Ausgang: Endless Song (How can I keep from singing) Robert Lowry (1826-1899

 

 

4. Sonntag nach Trinitatis, 5.Juli 2020
Photo: Jana Lutz
Den Gottesdienst von Prädikantin Dr. Marion Michel-Lipowsky zum Sonntag, 7. Juli 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Orgelvorspiel: Susanne Hartwich (geb.1969), O Gott, du frommer Gott

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn…
…der Himmel und Erde gemacht hat.
Friede sei mit euch.
Friede sei mit dir.

Begrüßung und Abkündigungen

Liebe Gemeinde,

ich begrüße Sie alle ganz herzlich zum Gottesdienst heute am 4. Sonntag nach Trinitatis.
Auch heute wird uns Frau Daur wieder mit Musik auf der Orgel erfreuen. Als Gesangssolistin dürfen wir erneut Frau Andrea Eckhardt begrüßen, Ihnen beiden herzlichen Dank vorab für Ihre Darbietungen. Ebenso danke ich allen Ehrenamtlichen des Gottesdienstteams, die sich erneut mit großem Einsatz beteiligt haben.
Die Kollekte vom vergangen Sonntag betrug 205,73 €, davon 102,87 € für die Schülerarbeit und die Religionsphilosophischen Schulprojektwochen und 102,86 für die vielfältigen Aufgaben der Gemeinde Zur Heimat.
Die Kollekte an diesem Sonntag geht wieder hälftig an unsere Gemeinde, die andere Hälfte ist bestimmt für Aufgaben des Kirchenkreises, heute für die Vereinigte Aktion Rumänien e.V.
Der nächste Gottesdienst ist am kommenden Sonntag, 12.7., 11 Uhr. Pfarrer Ehrhardt wird diesen Gottesdienst für uns halten.
Jetzt wünsche ich uns allen einen gesegneten Gottesdienst.

Wir hören und beten das Lied EG 439, 1-4 Es geht daher des Tages Schein

1.Es geht daher des Tages Schein. So lasst uns alle dankbar sein dem gütigen und milden Gott, der uns die Nacht bewahret hat.

2. Lasst uns Gott bitten diese Stund, herzlich singen mit gleichem Mund, begehren, dass er uns auch wollt bewahren heut in seiner Huld.

3. O starker Gott von Ewigkeit, der du uns aus Barmherzigkeit mit deiner großen Kraft und Macht bewahret hast in dieser Nacht.

4. du wollest uns durch deinen Sohn an diesem Tag auch Hilfe tun, dass nimmermehr ein Feind uns fällt, wenn unsern Seelen er nachstellt.

Lassen Sie uns den Psalm 42, 2-6 im Wechsel beten, ich beginne, Sie lesen bitte die eingerückten Zeilen.

Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir.

Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott.

Wann werde ich dahin kommen, dass ich Gottes Angesicht schaue?

Meine Tränen sind meine Speise Tag und Nacht, weil man täglich zu mir sagt: Wo ist nun dein Gott?

Daran will ich denken und ausschütten mein Herz bei mir selbst:

wie ich einherzog in großer Schar, mit ihnen zu wallen zum Hause Gottes

mit Frohlocken und Danken in der Schar derer, die da feiern.

Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir?

Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er mir hilft mit seinem Angesicht.

 

Wir hören und beten das Lied EG 235, 1-4 O Herr, nimm unsre Schuld 

1. O Herr, nimm unsre Schuld, mit der wir uns belasten, und führe selbst die Hand, mit der wir nach dir tasten.

2. Wir trauen deiner Macht und sind doch oft in Sorgen. Wir glauben deinem Wort und fürchten doch das Morgen.

3. Wir kennen dein Gebot, einander beizustehen, und können oft nur uns und unsre Nöte sehen.

4. O Herr, nimm unsre Schuld, die Dinge, die uns binden, und hilf, dass wir durch dich den Weg zum andern finden.

Lesung Evangelium Lk 6, 36-42

36 Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.

37 Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben.

38 Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoß geben; denn eben mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird man euch zumessen.

39 Er sagte ihnen aber auch ein Gleichnis: Kann denn ein Blinder einem Blinden den Weg weisen? Werden sie nicht alle beide in die Grube fallen?

40 Ein Jünger steht nicht über dem Meister; wer aber alles gelernt hat, der ist wie sein Meister.

41 Was siehst du den Splitter in deines Bruders Auge, aber den Balken im eigenen Auge nimmst du nicht wahr?

42 Wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt still, Bruder, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen, und du siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, danach kannst du sehen und den Splitter aus deines Bruders Auge ziehen.

Glaubensbekenntnis

Ich glaube an Gott, den Vater,
den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.

Amen.

Wir hören und beten das Lied EG 495, 1.4.5 O Gott, du frommer Gott 

1. O Gott, du frommer Gott, du Brunnquell guter Gaben, ohn den nichts ist, was ist, von dem wir alles haben: gesunden Leib gib mir und dass in solchem Leib ein unverletzte Seel und rein Gewissen bleib.

4. Find't sich Gefährlichkeit, so lass mich nicht verzagen, gib einen Heldenmut, das Kreuz hilf selber tragen. Gib, dass ich meinen Feind mit Sanftmut überwind und, wenn ich Rat bedarf, auch guten Rat erfind

5.Lass mich mit jedermann in Fried und Freundschaft leben, soweit es christlich ist. Willst du mir etwas geben an Reichtum, Gut und Geld, so gib auch dies dabei, dass von unrechtem Gut nichts untermenget sei.

Predigt Mt 6, 5-15

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.

Liebe Gemeinde, der Predigttext für den heutigen Sonntag steht im Brief des Apostel Paulus an die römische Gemeinde, (Röm 12, 17-21). Ich lese ihn in der Lutherübersetzung.

17 Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.

Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5.Mose 32,35): »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.« Vielmehr, »wenn deinen Feind hungert, so gib ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln« (Sprüche 25,21-22). Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

Soweit der Text.

Liebe Gemeinde, wenn man im deutschen Fernsehen abends Krimis guckt, geschieht meistens als erstes der Mord. Wenn die Kommissare dann die Angehörigen fragen: „Hatte das Opfer Feinde?“  kommt in dreißig Prozent der Fälle ein lautstarkes, empörtes „Nein“. Dabei liegt das Opfer ohne Zweifel in der Pathologie.

Zugegeben, das Beispiel ist nicht repräsentativ, es ist nur ein Krimi.

Doch das Beispiel zeigt, dass es sich lohnt mal darüber nachzudenken, was ein Feind ist.

Was ist ein Feind?

Jemand, der mir nach dem Leben trachtet, ist zweifellos ein Feind. Kennen Sie jemanden, der Ihnen nach dem Leben trachtet? Nein? Ich auch nicht, zum Glück, aber ganz selten ist das Phänomen auch bei uns in Deutschland nicht.

Ich habe mal recherchiert: 386 Morde gab es 2018 insgesamt.

Was macht also einen Feind aus?

In der Bibel werden viele Feindschaften beschrieben:

Die Eifersucht Kains auf seinen Bruder Abel endete in einem Mord.

Auch König Saul ist so neidisch und eifersüchtig auf die kriegerischen Erfolge des jungen  David im Kampf gegen die Philister, dass er mehrfach versuchte, David umbringen zu lassen.

In den Psalmen klagt David mit den Worten: „ Ach Herr, wie sind meiner Feinde so viel!“.

David klagt über aggressive Feinde, denen er von sich aus nichts entgegensetzen kann. Er klagt über Feinde, die ohne Grund gegen ihn vorgehen. Im 69. Psalm heißt es (vgl. Ps 69,5): „Die mich ohne Grund hassen, sind mehr, als ich Haare auf dem Haupt habe“.

Feinde können also aggressiv und zahlreich sein. Und manchmal versteht man nicht, warum jemand aggressiv ist.

Auch von Feinden ohne mörderische Absichten berichtet die Bibel:

In vielen Psalmen erscheinen die Feinde als Gegner im Rechtsstreit (Ps 27,12; Ps 35,11), sie gehen mit

Verleumdungen und verletzenden Worten gegen den Beter vor (Ps 55,13), bringen Schmach und Schande über ihn (Ps 31,12; Ps 42,11) und versuchen ihn so aus der Gemeinschaft auszugrenzen.

Fazit:
Die Bibel betrachtet die Existenz von Feinden im privaten Bereich als häufiges Phänomen und man kann jemanden zum Feind haben, obwohl man das selbst gar nicht will. Man kann grundlos angefeindet werden. Und man kann mehr als einen Feind haben. Feindschaft muss nicht immer zum Mord führen, aber auch ohne diese letzte Eskalation ist es nicht angenehm, mit jemandem in Feindschaft zu leben, angefeindet zu werden.

Angefeindet zu werden, ist kein angenehmer Zustand.

Wie kommt man da wieder heraus?

Paulus bietet in unserem Predigttext folgende Strategie an:

„Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. „

Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Man kann sich vorstellen, das Böse sei wie eine ansteckende Krankheit. Wenn man auf Böses mit Bösem reagiert, dann hat man sich angesteckt und ist genauso ein Übeltäter wie der Feind. Setzt man dem Bösen jedoch Gutes entgegen, so unterbricht man die Infektionskette und befreit sich selbst.

Paulus nennt noch eine andere Methode, sich einer Feindschaft zu entledigen.

Paulus zitiert aus den Sprüchen Salomons. Dort heißt es, dass man einem Feind Fürsorge und Güte entgegenbringen soll (Spr 25,21). Man soll dem Feind zu essen und zu trinken geben, wenn dieser hungrig und durstig ist.

So würde man  Kohlen auf sein Haupt sammeln. Das Bildwort vom Sammeln von Feuerkohlen auf dem Haupt des Feindes, wurzelt wahrscheinlich in einer ägyptischen Tradition. Im alten Ägypten musste ein überführter Dieb zu dem Geschädigten gehen, um sich zu entschuldigen. Dabei musste er ein Gefäß mit brennenden Kohlen auf dem Kopf tragen. Durch die Hitze wurde sein Gesicht rot. Das rote Gesicht sollte seine Scham über das begangene Unrecht symbolisieren. Dieser Bußgang sollte den Übeltäter von seinem unrechten Tun abbringen und den Frieden in der Gemeinschaft wiederherstellen (https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/79419/)

Paulus rät also, man solle seinem Feind zu essen und zu trinken geben, wenn dieser hungrig und durstig ist. Durch diese Wohltaten werde der Feind so beschämt, dass er ins Grübeln gerate und seine Feindschaft aufgebe.

Die Evangelien verlangen den Gläubigen bezüglich Feindesliebe einiges ab:

Dass man seine Feinde verköstigen soll, haben wir in unserem Predigttext schon gehört.

Doch damit nicht genug: man soll seine Feinde segnen und für sie bitten, man soll Aggression, Diebstahl und Schmähung ertragen. Vor allem aber soll man auf Rache verzichten, denn Rache nehmen darf allein Gott.

Paulus fährt fort:

„Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.

Ist´s möglich, soviel an euch liegt, so habt Frieden mit jedermann.“

Frieden mit jedermann haben, soviel es an mir liegt: das heißt, dass man vermeiden soll, sich Feinde zu schaffen. Paulus schreibt in seinem Brief an die Römer auch gleich das Rezept auf, wie das gehen soll: „Eure Liebe sei ohne Falsch. Hasst das Böse, hängt dem Guten an. Die brüderliche Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem anderen mit Ehrerbietung zuvor. Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Seid brennend im Geist. Dient dem Herrn. Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet. Nehmt euch der Nöte der anderen an. Übt Gastfreundschaft. Segnet, die euch verfolgen; segnet, und verflucht sie nicht. Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden. Seid eines Sinnes untereinander.“

Die biblischen Texte gehen also davon aus, dass jeder von uns Feinde hat, ja dass es fast unvermeidlich ist, Feinde zu haben, weil man gegen die grundlose Aggression anderer machtlos ist.

Wir sind aber, sagt Paulus, keineswegs machtlos im Umgang mit der Feindschaft. Statt ebenfalls feindselig aufzutreten, ermahnt uns Paulus zu großer Standhaftigkeit und Selbstüberwindung. Nicht draufschlagen, anschreien oder es dem anderen heimzahlen ist angesagt, sondern Besonnenheit, kluges Gegensteuern und Barmherzigkeit.

Barmherzigkeit, erneut so ein schwieriges Wort, das oft verwendet wird, wenn die Rede von Gott ist.  Barmherzig sein, das heißt, jemanden nicht strafen, kleinmachen oder vernichten, selbst dann nicht, wenn man es könnte. Gnade vor Recht ergehen lassen, das kennen wir als stehenden Ausdruck. Weil Gott barmherzig, d.h. gnädig ist zu uns und uns liebt trotz all unseres Unvermögens, deshalb sollen wir barmherzig sein im Umgang mit unseren Feinden.

Es scheint, als müssten wir ein großes Opfer bringen, wenn wir nach diesen ethischen Grundsätzen leben wollen. Aber es scheint nur so, auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick schenkt uns das ethische Konzept der Feindesliebe eine große Unabhängigkeit. Denn wir bleiben souverän, wenn wir uns nicht zur Aggression gegen unsere Feinde verführen lassen. Wenn wir lernen, Aggressionen an uns abperlen zu lassen, bleiben wir unabhängig, unangetastet.

„Lass dich nicht vom Bösen besiegen,“ so heißt es im letzten Vers unseres Predigttextes, sondern besiege das Böse durch das Gute!“

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

Gesang und Orgel: Georg Philipp Telemann (1681 - 1767), Domine Deus aus Missa brevis TWV 9:14

Fürbittgebet mit Gebetsstille

Gott, barmherzig und gerecht,
auf dich hoffen wir.

Du bist unser Friede.
Erfülle diese Welt mit deinem Frieden:
Frieden in unserer Nachbarschaft -
Frieden an den Grenzen Europas –
Frieden in Syrien und Mali.
Breite deinen Frieden aus.
Wir bitten dich: Erhöre uns.

Gott, barmherzig und gerecht,
auf dich hoffen wir.
Du schenkst die Kraft zur Versöhnung.
Erneuere die Welt durch deine Versöhnung:
Versöhnung für die, die einander hassen -
Versöhnung für die, die aufeinander schießen -
Versöhnung für die, die aneinander schuldig wurden.
Versöhne uns.
Wir bitten dich: Erhöre uns.

Gott, barmherzig und gerecht,
auf dich hoffen wir.

Du bist die Liebe.
Lass die Liebe wachsen:

Liebe zu deiner Schöpfung.
Liebe zu den Gedemütigten und Verfolgten.
Liebe in den Häusern, in den Familien, unter Freunden -

Liebe zu den Kranken und Trauernden –
Wir bitten Dich um Deine Liebe für die Angehörigen von Uta Bloos, die Du im Alter von 76 Jahren zu Dir gerufen hast.
Wir bitten Dich, schütze und stärke sie.

Wachse mit deiner Liebe in uns und in dieser Welt.
Wir bitten dich: Erhöre uns.

Gott, barmherzig und gerecht,
auf dich hoffen wir.

Du bist der Atem unseres Lebens.
Atme in uns.
Lebe in deiner Kirche.
Gehe mit uns und mit deinen Menschen mit –
in diesen Tagen,
in diesem Sommer,
in dieser Zeit.
Wir bitten dich: Erhöre uns.

In der Stille bringen wir vor dich, was unsere Herzen bewegt:

Gebetsstille

Vaterunser

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
nd vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.
Amen.

Wir hören das Lied EG 428,1-3.5 Komm in unsere stolze Welt

1. Komm in unsre stolze Welt, Herr, mit deiner Liebe Werben. Überwinde Macht und Geld, lass die Völker nicht verderben. Wende Hass und Feindessinn auf den Weg des Friedens hin.

2. Komm in unser reiches Land, der du Arme liebst und Schwache, dass von Geiz und Unverstand unser Menschenherz erwache. Schaff aus unserm Überfluss Rettung dem, der hungern muss.Andacht aus der Heimat

3. Komm in unsre laute Stadt, Herr, mit deines Schweigens Mitte, dass, wer keinen Mut mehr hat, sich von dir die Kraft erbitte für den Weg durch Lärm und Streit hin zu deiner Ewigkeit.

5. Komm in unser dunkles Herz, Herr, mit deines Lichtes Fülle; dass nicht Neid, Angst, Not und Schmerz deine Wahrheit uns verhülle, die auch noch in tiefer Nacht Menschenleben herrlich macht.

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden.

Amen.

Orgelnachspiel: Dorothea Pape (1953 - 2010) Geh aus, mein Herz, und suche Freud'

Prädikantin: Dr. Marion Michel-Lipowsky;
Orgel: Katharina Daur
Gesang:
Andrea Eckhardt
Lektorin
: Inge Lis
Empfangsdienst: Marianne Bayer, Maria Heyne-Schell, Renate Jonas
Kirchwart
: Jana Lutz

3. Sonntag nach Trinitatis, 28. Juni 2020
Photo: Jana Lutz
Den Gottesdienst von Pfarrer Claas Ehrhardt zum Sonntag, 28. Juni 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Orgel zum EingangJohann Pachelbel (1653 – 1706  Fuge C-Dur

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn…
…der Himmel und Erde gemacht hat.
Friede sei mit euch.
Friede sei mit dir.

Begrüßung und Abkündigungen

"Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist."

Der Wochenspruch aus Lukas 19 gibt dem heutigen 3. Sonntag nach Trinitatis seine Spur vor und malt uns ein Bild von der Mission Jesu im Auftrag seines himmlischen Vaters.
Der sich nicht achselzuckend mit Verlusten abfindet.
Weil ihm jeder und jede von uns wichtig ist.
Darum sagt schon Jesaja, dass Gott uns trösten will, wie einen seine Mutter tröstet.
Und auch deshalb lehrt Jesus uns, diesen Gott „Vater“ zu nennen.
Verlieren, suchen und hoffentlich wieder finden.
Wer kennt nicht das rastlose Suchen und die erleichterte Freude, wenn die Suche tatsächlich von Erfolg gekrönt ist.
Oft genug haben wir das Finden aber auch nicht selbst in der Hand.

Spüren, dass wir angewiesen sind.
Und erleben das Wiederfinden dann wie ein Geschenk, für das wir nur dankbar sein können.

Dankbar sind wir auch für die Kollekte der vergangenen Woche in Höhe von 265,91

Genau wie für Ihre heutige Kollekte am Ausgang. Sie ist bestimmt für die Schülerarbeit und die Religionsphilosophischen Schulprojektwochen (je ½) und die Arbeit in unserer Gemeinde je zur Hälfte.

Dankbar sind wir auch für alle, die durch ihre ehrenamtliche Mithilfe den heutigen Gottesdienst möglich machen und dass Frau Daur heute nicht nur den Dienst an der Orgel versieht, sondern auch den Gesang für uns übernimmt, der uns leider immer noch verboten ist.

Übrigens: Zum Thema Gesangsverbot gibt es ein wirklich gutes Video bei YouTube. Schauen Sie doch einfach mal rein, Stichwort: „Das gefährlichste Hobby der Welt“.

Und nun wünsche ich uns allen einen gesegneten Gottesdienst

Liedvortrag

Gebet nach Psalm 103 im Wechsel

Dauern wird die Liebe Gottes für alle, die sein Wort annehmen und es vollbringen.

          Er ruft mich heraus aus dem Grab. Meine Jugend lebt auf wie ein Adler.

Allen Bedrückten schafft er Recht. Aufragende Liebe.

          Er kennt uns. Er vergisst nicht, dass wir sind: Staub von der Erde.

Sonnenaufgang ist ER, Vergebung, weit wie der Westen und Osten.

Menschentage wie Gras, Blumen auf freiem Feld, der Wind weht, sie sind verschwunden, wer weiß, wo sie vordem gestanden.

Dauern wird die Liebe Gottes für alle, die sein Wort annehmen und es vollbringen.

Instrumentalvortrag: Sag mir, wo die Blumen sind

Textlesung Lukas 15,1-3.11-32 (Predigttext)

"Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist." In drei Gleichnissen vom Verlieren und Wiederfinden malt Jesus den Menschen, die gekommen sind, ihn zu hören, aus, wie Gott auf uns schaut.
Das bekannteste von Ihnen ist das Evangelium für den heutigen Sonntag, das Gleichnis von den zwei Söhnen:

1 Es nahten sich ihm aber alle Zöllner und Sünder, um ihn zu hören.
2 Und die Pharisäer und die Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen.
3 Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach:
11 Und er sprach: Ein Mensch hatte zwei Söhne.
12 Und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir, Vater, das Erbteil, das mir zusteht. Und er teilte Hab und Gut unter sie.
13 Und nicht lange danach sammelte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land; und dort brachte er sein Erbteil durch mit Prassen.
14 Als er aber alles verbraucht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land und er fing an zu darben
15 und ging hin und hängte sich an einen Bürger jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten.
16 Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Säue fraßen; und niemand gab sie ihm.
17 Da ging er in sich und sprach: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger!
18 Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir.
19 Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich einem deiner Tagelöhner gleich!
20 Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater.
Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn, und er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn.
21 Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße.
22 Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße
23 und bringt das gemästete Kalb und schlachtet's; lasst uns essen und fröhlich sein!
24 Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu sein.
25 Aber der ältere Sohn war auf dem Feld. Und als er nahe zum Hause kam, hörte er Singen und Tanzen
26 und rief zu sich einen der Knechte und fragte, was das wäre.

27 Der aber sagte ihm: Dein Bruder ist gekommen, und dein Vater hat das gemästete Kalb geschlachtet, weil er ihn gesund wiederhat.
28 Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Da ging sein Vater heraus und bat ihn.
29 Er antwortete aber und sprach zu seinem Vater: Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe dein Gebot nie übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich wäre.
30 Nun aber, da dieser dein Sohn gekommen ist, der dein Hab und Gut mit Huren verprasst hat, hast du ihm das gemästete Kalb geschlachtet.
31 Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist allezeit bei mir und alles, was mein ist, das ist dein.
32 Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden.

Glaubensbekenntnis nach D. Bonhoeffer

Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten Gutes entstehen lassen kann und will Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen Ich glaube dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind, und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden, als mit unseren vermeintlichen Guttaten. Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.

Liedvortrag + 114 „Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt“

1. Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt, damit ich lebe. Ich lobe meinen Gott, der mir die Fesseln löst, damit ich frei bin.
Refrain: Ehre sei Gott auf der Erde in allen Straßen und Häusern, die Menschen werden singen bis das Lied zum Himmel steigt: Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Frieden auf Erden!


2.Ich lobe meinen Gott, der mir den neuen Weg weist, damit ich handle. Ich lobe meinen Gott, der mir mein Schweigen bricht, damit ich rede.
Refrain: Ehre sei Gott auf der Erde in allen Straßen und Häusern, die Menschen werden singen bis das Lied zum Himmel steigt: Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Frieden auf Erden!
3.Ich lobe meinen Gott, der meine Tränen trocknet, daß ich lache.  Ich lobe meinen Gott, der meine Angst vertreibt, damit ich lebe.
Refrain Ehre sei Gott auf der Erde in allen Straßen und Häusern, die Menschen werden singen bis das Lied zum Himmel steigt: Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Frieden auf Erden!

Predigt

Prolog: vom Verlieren und Suchen…

Wie ein Trüffelschwein bin ich neulich durchs Haus gerannt. Habe jeden Winkel untersucht. Sogar im Kühlschrank habe ich geschaut. Man weiß ja nie.
Leider ohne Erfolg.
Mein Porte­mon­naie blieb verschwunden und mir brach der Schweiß aus.
Eine letzte Möglichkeit fiel mir ein:
Hatte ich nicht vor ein paar Stunden noch bei Aldi an der Kasse bezahlt?
Also, nichts wie hin…
Sie können sich vorstellen, welch ein Stein mir vom Herzen fiel, als die Kassiererin zu winken begann, als sie mich sah.
Mein Portemonnaie war wieder da.
Ich hätte sie umarmen und küssen können, so erleichtert war ich…

Seit Menschen denken und fühlen können, gehört das Verlieren und Suchen zu unseren existentiellen Grunderfahrungen hinzu.
Wenn wundert es also, dass Jesus mit seinem Gleichnis an diese Grunderfahrung anknüpft, wenn er seinen kritischen, ja murrenden Gesprächspartnern antwortet:
Deren ausdrücklich religiös motivierter Vorwurf lautet „Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen.“

Ein Vorwurf, der es durchaus in sich hat.
Er kommt aus der Gruppe der Pharisäer, die durch einen achtsamen und stets an den Geboten ausgerichteten Lebenswandel Gott die Ehre geben wollen.
Angesehene, tadellose Mitglieder der Gesellschaft.

Die sich daran stören, welch zwielichtiges Volk sich wieder einmal versammelt hat, um Jesus zu sehen und zu hören.
Als „Zöllner und Sünder“ umschreibt Lukas sie:

Zöllner, die im Auftrag der verhassten römischen Besatzer den Zoll von ihren Landsleuten kassierten. Kollaborateure, denen ihr wirtschaftlicher Vorteil wichtiger ist als die Solidarität mit ihren Nachbarn.

Sünder als Pauschalbegriff für all die anderen, die sich nach Auffassung der Pharisäer eines unreinen Lebensstils befleißigen, wobei ihnen bereits Hirten als unrein gelten.

Wenn wir die Szene in die heutige Zeit übertragen würden, mit wem würden wir da wohl die „Zöllner und Sünder“ besetzen?
Mit Fleischzerlegern aus Bulgarien vielleicht?
Oder den rumänischen Bewohnern des Neuköllner „Coronahauses?“

„Wenn Du wirklich in Gottes Namen sprichst, wie kannst Du dich dann mit solch gottlosem Pack abgeben?“

Hätte Jesus auf Twitter antworten müssen, hätte er es vermutlich mit unserem Wochenspruch getan:
"Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist."

Aber so nimmt er sich mehr Zeit.
Antwortet gleich in drei Gleichnissen vom Verlieren, Suchen und Wiederfinden.
Sei es eins von hundert Schafen, dem sein Hirte nach geht, sei es ein Geldstück, ohne das die Besitzerin nicht über den Monat kommen würde, oder eben ein geliebtes Kind im dritten:

Der Vater und seine zwei Söhne

Er sprach: Ein Mensch hatte zwei Söhne.

Und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir, Vater, das Erbteil, das mir zusteht. Und er teilte Hab und Gut unter sie.
13 Und nicht lange danach sammelte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land; und dort brachte er sein Erbteil durch mit Prassen.

Selbst die Bilder Kees de Korts in der Kinderbibel unserer Kinder lassen keinen Zweifel an der Heftigkeit seines Treibens.

Eine filmische Übersetzung in unserer Zeit würde sicherlich in sehr einschlägigen Etablissements gedreht und eindeutig unter das Jugendschutzgesetz fallen…

Mir ist das wichtig, weil Jesus in seinem Gleichnis wirklich Klartext redet, ohne zu beschönigen oder an irgendein Verständnis seiner Zuhörer zu appellieren.

Ich kann mir so richtig vorstellen, wie ihr Erregungslevel ansteigt, um danach vermutlich in eine Mischung von Ekel und Schadenfreude umzuschlagen:

Als er nun all das Seine verbraucht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land und er fing an zu darben und ging hin und hängte sich an einen Bürger jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten. Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Säue fraßen; und niemand gab sie ihm.

Der Absturz des Sohnes ist wirklich dramatisch
Er„hängt“ sich (wörtlich: er „klebt“ sich) an einen Schweinebauern!!! Er balgt sich -erfolglos - mit den Schweinen um ihr Futter.
Spätestens an dieser Stelle des Gleichnisses ist wirklich gar nichts mehr kosher.
Dasselbe Wort, das hier das „Kleben“ des Sohnes an dem Schweinehirten beschreibt, verwendet die Thora eigentlich für die „Hingabe an Gott“!

Tiefer kann ein Mensch in den Augen der Zuhörer Jesu nicht sinken.

17 Da ging er in sich und sprach: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger!

Ganz unten „geht der Sohn in sich“.

Eine andere Übersetzung lautet: „er kommt zu sich (zurück)“,
was soviel wie eine innere Heimkehr, die Rückbesinnung auf seine Identität, seine Wurzeln meint:

Wer bin ich?

Wer will ich sein?

Wie bin ich gemeint?

Auf die „Analyse“ folgt die Schlussfolgerung: „Satt werde ich nur zu Hause“

und die praktische Konsequenz:
Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir.
An dieser Stelle lautet dieselbe psychologische Erkenntnis damals wie heute:

„Die Schuld muss ausgesprochen werden“.
Kein Schleichen um den heißen Brei.
Kein Verbrämen.
Klartext.

Doch worin besteht hier die Schuld des Sohnes?
In seinem moralisch fragwürdigen Lebenswandel?
Das wäre die naheliegende und wenn man es so ausdrücken will „bürgerlich -oberflächliche“ Antwort.

Doch darum geht es Jesus ganz und gar nicht!

Sonst würde er auch gar nicht mit Zöllnern und Sündern essen, trinken, feiern.
Denn das ist ja
 der Ausgangsvorwurf!
Nein, die Schuld, die Sünde des Sohnes in unserem Gleichnis liegt ganz woanders!

Er hat sich von seiner eigenen Identität getrennt.

„Sünde“ im biblischen Sinn meint nicht das Verfehlen einer bestimmten Moralvorstellung.
Sie meint die „Trennung“ vom „Urgrund“, von der „Wurzel“, von Gott.

„Woran Du Dein Herz hängst, das ist dein Gott“ - hat Martin Luther es präzise beschrieben.

Diese Schuld muss konkret benannt werden, um eine neue Perspektive zu gewinnen.

Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir.
19 Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße;

So lautet das naheliegende Urteil, ganz sicher auch aus pharisäischer Sicht.

Wer so tief gefallen ist, kann unmöglich in den alten Beziehungsstatus zurückkehren.

Und - Hand aufs Herz - wie würden wir an ihrer Stelle urteilen?
„Selbst schuld. Wer nicht hören will, muss fühlen“, wären vermutlich noch die gemäßigteren Reaktionen.
Entsprechend schwer werden dem jungen Mann, der gerade einen Crashkurs in „Lebenserfahrung“ hinter sich hat, seine Schritte nach Hause fallen , auch wenn Lukas nur lapidar berichtet:

er machte sich auf und kam zu seinem Vater.

Und der?

Würde ich diese Szene filmisch umzusetzen haben, ich würde mich für Zeitlupe entscheiden - auch, oder gerade, weil nun alles ganz schnell geht:

Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn; er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn.

ER LIEF!!! ER FIEL IHM UM DEN HALS! ER KÜSSTE IHN!

Es bedarf der Zeitlupe, um die Reaktion des Vaters in ihrer Tragweite zu erfassen:

Der rafft die Schöße seines Gewandes, entblößt seine Beine und rennt - DEM Sohn entgegen, der so viel Schande über ihn gebracht hat (zumindest in den moralisch urteilenden Augen der Nachbarn)

Alles an diesem einen Satz widerspricht dem Männer- und Vaterbild der Antike wie des Orients zutiefst!

Aber das ist dem Vater egal.

Was für eine Szene!!!

Was für ein Gemälde bedingungsloser Liebe!!!

Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße.

Trotz der sicherlich unerwarteten Begegnung formuliert der Sohn das einzig erwartbare Urteil:

Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße.

Die daraus resultierende Bitte um Anstellung als Tagelöhner kann er dann aber schon nicht mehr vortragen:

Denn der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße

23 und bringt das gemästete Kalb und schlachtet's; lasst uns essen und fröhlich sein!
24 Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu sein.

Ohne ein einziges Wort des Vorwurfes versieht der Vater den Sohn mit allen Zeichen der Sohnschaft:

Gewand, Schuhe, Ring.

Ohne ein Wort der Rechtfertigung vor der sicherlich verdutzen Dienerschaft ruft er ein Fest aus.
Das Fest, das Jesus mit Sündern und Zöllnern häufiger feierte und ihn in den Augen seiner Gegner zum Fresser und Weinsäufer machte -
dieses Fest finde genau hier seine Begründung:

mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden.

Und spätestens hier muss allen Zuhörern klar sein, wer in der Rolle des Vaters, der seine Beine entblößt, um seinen Sohn entgegenzurennen, gemeint ist:

Gott!

Was für eine Zumutung in den Ohren der frommen, rechtschaffenen, untadeligen Zuhörer.

Anstatt mal so richtig hinzulangen und dem Bengel die nötigen Flötentöne beizubringen, so eine, ja, was eigentlich
verweichlichte?
gefühlsduselige?
schwache?

Reaktion.

Und noch einer reagiert.
Der große Bruder.
Erwartbarer als der Vater.
Und wenn wir ganz ehrlich sind, vermutlich so, wie viele, wenn nicht die meisten von uns auch reagieren würden:
Beleidigt.

Er sprach zu seinem Vater: Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe dein Gebot noch nie übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich gewesen wäre.
Nun aber, da dieser dein Sohn gekommen ist, der dein Hab und Gut mit Huren verprasst hat, hast du ihm das gemästete Kalb geschlachtet.

Beleidigt ist der ältere Sohn, zutiefst verletzt.
So tief, dass er nicht einmal von seinem „Bruder“ sprechen kann und ihm so die Identität verweigert, die der Vater ihm gerade zugesprochen hat!
In der Gestalt des älteren Bruders hält Jesus seiner frommen, rechtschaffenen, gottgefälligen Zuhörerschaft den Spiegel vor:
Wie eng, wie klein, denkt ihr eigentlich von Gott?

•    Meint ihr, er liebt euch nur dann, wenn ihr penibel darauf achtet, ja nichts falsch zu machen?

•    Schaut ihr deshalb auf alle anderen herab, die nicht so eng ticken wie ihr?

•    Oder beneidet ihr sie insgeheim sogar um ihre „Ausbrüche“ wie die des jüngeren Sohnes?

Wie viel „älterer Bruder“ mag wohl in uns stecken???

Neulich beschwerte sich eine Frau bei mir, dass sie in einer gemeindlichen Angelegenheit nicht die ihrer Meinung nach angemessene Behandlung bekommen habe.
Sie sah sich benachteiligt im Vergleich zu anderen.
„Dabei engagiere ich mich seit Jahren, übe praktische Nächstenliebe und die, denen das alles egal ist, sind plötzlich im Vorteil?“
Wie groß oder klein, wie ängstlich oder vertrauensvoll, wie moralisierend oder souverän ist eigentlich unser Gottesbild?
Käme bei uns die Antwort an, die der Vater seinem älteren gibt?

Mein Sohn (eigentlich: mein Kind!), du bist allezeit bei mir und alles, was mein ist, das ist dein.

Epilog

Vielleicht muss man tatsächlich selbst einmal „außer Landes“ gewesen sein, um die Größe dieser Zusage zu begreifen.
Nicht nur ein Portemonnaie verlieren, sondern das, was einem bislang Fundament der eigenen Gewissheiten gewesen war.

Um zu ahnen, um annehmen zu können, wie „groß“ wir von Gott denken, wie „groß“ wir ihn glauben dürfen!

Darum hat Jesus doch mit Zöllnern und Sündern gefeiert.
Nicht, um sie für ihren Lebensstil zu feiern.
Sondern um ihnen und ebenso denen, die sich daran störten, seinen himmlischen Vater erfahrbar zu machen:
Ihr dürft, ihr könnt umkehren, wenn ihr euch verrannt habt.

Wir können umkehren, wenn wir uns verrannt haben, worin oder wohin auch immer.

Gott wartet dann nicht mit der großen Moralkeule. Sondern er rennt uns entgegen.

Amen.

Liedvortrag: + 125 „Wie ein Fest nach langer Trauer“

1) Wie ein Fest nach langer Trauer, Wie ein Feuer in der Nacht.
Ein off'nes Tor in einer Mauer, Für die Sonne auf gemacht.
Wie ein Brief nach langem Schweigen, Wie ein unverhoffter Gruß. Wie ein Blatt an toten Zweigen Ein-ich-mag-dich-trotzdem-Kuss.

Ref. So ist Versöhnung, so muss der wahre Friede sein. So ist Versöhnung, so ist vergeben und verzeih'n.

2) Wie ein Regen in der Wüste, Frischer Tau auf dürrem Land.
Heimatklänge für vermisste, Alte Feinde Hand in Hand. Wie ein Schlüssel im Gefängnis, Wie in Seenot - Land in Sicht. Wie ein Weg aus der Bedrängnis Wie ein strahlendes Gesicht.
Ref. So ist Versöhnung, so muss der wahre Friede sein. So ist Versöhnung, so ist vergeben und verzeih'n.
3) Wie ein Wort von toten Lippen, Wie ein Blick der Hoffnung weckt. Wie ein Licht auf steilen Klippen, Wie ein Erdteil neu entdeckt. Wie der Frühling, wie der der Morgen, Wie ein Lied wie ein Gedicht. Wie das Leben, wie die Liebe, Wie Gott selbst das wahre Licht.
Ref.
So ist Versöhnung, so muss der wahre Friede sein. So ist Versöhnung, so ist vergeben und verzeih'n.

Fürbittgebet mit Gebetsstille

Guter Gott, du bist wie Vater und Mutter, die sich über ihre Kinder erbarmen.
Du gibst Freiheit und bist geduldig. Du wartest und du bleibst treu.

Danke, dass wir so von dir denken und so auf dich vertrauen dürfen.
In diesem Vertrauen bringen wir auch unsere Bitten vor dich.

Wir bitten dich für alle, die in Unsicherheit leben, weil ihnen eine auskömmliche Lebensgrundlage fehlt.

Wir bitten dich für alle, die in Sorge leben um ihre Gesundheit, um das Wohl ihrer Familien, um eine ungewisse Zukunft.

Wir blicken auf unser Land, auf unsere Welt mit den Herausforderungen und Problemen dieser Zeit:

Gib deinen guten Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit,.
Der uns lehrt, Rücksicht zu nehmen auf Schwächere.
der uns Einsicht lehrt in das Notwendige,
der uns lehrt, Menschen nicht Hautfarbe, Geschlecht Herkunft oder ihrem sozialen Status zu beurteilen. Wir alle sind nach deinem Bilde geschaffen.

Wehre Rassismus, Intoleranz und Ignoranz. Wehre Unvernunft und Leichtsinn.

Lass uns begreifen, dass wir alle als Gemeinschaft füreinander Verantwortung tragen.

Gott, wir bitten für die Kranken und alle, die sie pflegen,
für die Sterbenden und alle, die sie begleiten,
für die Trauernden und alle, die sie trösten.

Besonders denken wir dabei an alle, die um Günter Aßmann und Carsta Köster trauern.
Umfange Sie mit Deinem Trost und der Gewissheit, dass sie bei dir geborgen sind.

Was uns sonst in dieser Stunde auf dem Herzen liegt, bringen wir nun in der Stille vor dich…

Gebetsstille

Vaterunser

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
nd vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.
Amen.

Liedvortrag + 152 „Was ich erträumte“

1. Was ich erträume, hast du schon getan.  Seh ich den Weg nicht, gehst du ihn voran. Was ich auch denke bei Tag und bei Nacht, du, Gott hast immer schon an mich gedacht.

2. Forme mein Wesen und führ meinen Sinn; Bring mich zurück, wenn ich nicht bei dir bin. Will meine Seele vor Sehnsucht vergehn, Lass du ein Bild deiner Zukunft entstehn.

3. Freund meiner Hoffnung, vollende dein Tun; mitten im Lärm lass mein Innerstes ruh’n, in der Gewissheit, dass das, was zerstört, von dir geheilt wird und zu dir gehört.

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden.

Amen.

Orgel: Karl Zieschang (geb. 1920) Freuet euch der schönen Erde   

2. Sonntag nach Trinitatis, 21. Juni 2020
Photo: Ilka Erkelenz
Den Gottesdienst von Pfarrer Claas Ehrhardt zum Sonntag, 21. Juni 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Zum Eingang:  Gesang und Orgel: Antonio Vivaldi (1678 - 1741) "Domine Deus" (aus dem "Gloria")

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn…
…der Himmel und Erde gemacht hat.
Friede sei mit euch.
Friede sei mit dir.

Begrüßung und Abkündigungen

"Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken."
Im Spruch für die neue Woche.
„Ich will euch erquicken.“
Was so viel bedeuten könnte:
Wieder fit machen.
Aufrichten.
Selbstbewusst und munter.
Sagt Jesus.

So ist Jesus den Menschen zu seiner Zeit begegnet. Hat die Mühseligen und Beladenen, die Randständigen und Verachteten zu sich eingeladen.
Mit ihnen gegessen und getrunken. Fröhlich gefeiert. Als Sinnbild für Gottes Menschenfreundlichkeit.
Als Sinnbild für die Quelle des Lebens, die aus seinem Wort sprudelt.

Auch darum feiern wir Gottesdienst. 

Um uns daran erinnern zu lassen, aus welcher Quelle wir Kraft und Zuversicht tanken können, wenn wir uns mühselig und beladen fühlen.
Um bestärkt in die neue Woche zu gehen. 

Bestärken und erfreuen will uns auch die Musik im heutigen Gottesdienst.
Herzlichen Dank an Christine Herrmann-Wewer, die uns mit Violine und Gesang erquickt.
Herzlichen Dank an Katharina Daur, die sie an der Orgel begleitet.
Herzlichen Dank an alle, die es mit ihrem ehrenamtlichen Dienst möglich machen, dass wir Gottesdienst feiern können.

Herzlichen Dank für die Kollekte der vergangenen Woche in Höhe von knapp 272 Euro.

Und herzlichen Dank für Ihre heutige Kollekte, nach wie vor nur am Ausgang gesammelt und bestimmt für die Arbeit des CVJM Ostwerk sowie die Arbeit des CVJM schlesische Oberlausitz und die Arbeit in unserer Gemeinde je zur Hälfte.

Liedvortrag EG 452,1-3. 5 „Er weckt mich alle Morgen“

1) Er weckt mich alle Morgen, er weckt mir selbst das Ohr. Gott hält sich nicht verborgen, führt mir den Tag empor, dass ich mit Seinem Worte begrüß das neue Licht. Schon an der Dämm‘rung Pforte ist er mir nah und spricht.

2) Er spricht wie an dem Tage, da er die Welt erschuf. Da schweigen Angst und Klage;  nichts gilt mehr als sein Ruf. Das Wort der ew‘gen Treue, die Gott uns Menschen schwört, erfahre ich aufs Neue, so wie ein Jünger hört.

3) Er will, dass ich mich füge. Ich gehe nicht zurück. Hab nur in ihm Genüge, in seinem Wort mein Glück. Ich werde nicht zuschanden, wenn ich nur ihn vernehm. Gott löst mich aus den Banden. Gott macht mich ihm genehm.

5) Er will mich früh umhüllen mit seinem Wort und Licht, verheißen und erfüllen, damit mir nichts gebricht; will vollen Lohn mir zahlen, fragt nicht, ob ich versag. Sein Wort will helle strahlen, wie dunkel auch der Tag.

Gebet nach Psalm 36 im Wechsel

HERR, deine Güte reicht, soweit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen.

Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottes / und dein Recht wie die große Tiefe. HERR, du hilfst Menschen und Tieren.

Wie köstlich ist deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben!

Sie werden satt von den reichen Gütern deines Hauses, und du tränkst sie mit Wonne wie mit einem Strom.

Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, und in deinem Lichte sehen wir das Licht.

 

Violine und Orgel: Georg Philipp Telemann (1681 - 1767) Cantabile (aus Sonata G-Dur TWV 41:G 4)

 

Textlesung Jesaja 55,1-5 (Predigttext) 

Im babylonischen Exil sind die Israeliten seßhaft geworden, die Beziehung zum Gott ihrer Väter und Mütter ist angestaubt, vergilbt, wie ein Fotoalbum aus alter Zeit.

Wie durchdringen zu Menschen, die satt zu sein scheinen?

Wie sie erreichen, um seine Botschaft an den Mann und an die Frau zu bringen?

Ob der Prophet auf einen Felsen geklettert ist, um sich Gehör zu verschaffen?

 

Leise war er sicherlich nicht, als er seinen Leuten das folgende zurief, was bei Jesaja im 55. Kapitel steht:

1 Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch!

2 Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und euren sauren Verdienst für das, was nicht satt macht? Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben.

3 Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben! Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben.

4 Siehe, ich habe ihn den Völkern zum Zeugen bestellt, zum Fürsten für sie und zum Gebieter.

5 Siehe, du wirst Völker rufen, die du nicht kennst, und Völker, die dich nicht kennen, werden zu dir laufen um des HERRN willen, deines Gottes, und des Heiligen Israels, der dich herrlich gemacht hat.

 

Apostolisches Glaubensbekenntnis

Ich glaube an Gott, den Vater,
den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.

Amen.

 

Liedvortrag + 52,1-5.7.8 „Du bist das Leben“

1. Du bist das Brot, das Hunger stillt, du bist der Wein, der die Krüge füllt. Ref.

Du bist das Leben, du bist das Leben, du bist das Leben, Gott.

2. Du bist der Atem der Ewigkeit, du bist der Weg in die neue Zeit. Ref.

3. Du bist die Klage in Angst und Not, du bist die Kraft, unser täglich Brot. Ref.

4.Du bist der Blick, der uns ganz durchdringt, du bist das Licht, das uns Hoffnung bringt. Ref.

5. Du bist das Ohr, das die Zukunft hört, du bist der Schrei, der die Ruhe stört. Ref.

7. Du bist die Hand, die uns schützend nimmt, du bist das Korn, das dem Tod entspringt. Ref.

8. Du bist das Wort, das uns Antwort gibt, du bist ein Gott, der uns Menschen liebt. Ref.

 

Predigt

 

Auf dem Markt

Kennen Sie Aal-Jürgen?
Ein Unikat vom Hamburger Fischmarkt aus meiner Jugend.
Er war nicht nur ein begnadeter Marktschreier. Er konnte auch gut werfen. Mit Fisch.
Eine Attraktion.
Genau wie sein Kollege vom Obststand, dessen Wurfgeschosse aber Bananen waren.

Ich habe die Atmosphäre geliebt. Dafür sind wir als junge Erwachsene um Mitternacht in Berlin aufgebrochen, um bei Morgenanbruch in Hamburg zu sein.
Auf der Fahrt zurück war unser Auto vollgestopft mit Südfrüchten, Tomaten und Zimmerpflanzen aller Art.
Ich habe es geliebt.
Nicht erst als Jugendlicher, sondern schon als kleiner Junge, wenn meine Oma mit mir auf den Markt ging.
Eine Wiener mit Ketchup für 50 Pfennig.
Die Marktfrau erkannte uns schon von weitem.
Auch üben viele Märkte eine große Anziehungskraft auf die potentiellen Kunden aus.
Ob Kranoldplatz, Zehlendorf-Mitte oder einer der diversen Flohmärkte.

Und wenn man die Leute fragt, warum sie gerne auf den Markt gehen, bekommt man oft zur Antwort:
Es ist nicht so anonym.
Da begegne ich dem Erzeuger der Waren noch persönlich.
Alles ist frisch und kaufe ich quasi direkt an der Quelle ein.

Naja, das stimmt mal mehr und mal weniger.

Die „Schnäppchen-Zimmerpflanzen“ vom Fischmarkt verloren meistens sehr rasch ihre Blätter… Trotzdem war alleine schon Aal-Jürgen das Geld wert.

Kommt und kauft

Aal-Jürgen erschien auch unwillkürlich vor meinem inneren Auge, als ich den heutigen Predigttext las:

1 »Her, wer Durst hat! Hier gibt es Wasser! Auch wer kein Geld hat, kann kommen! Kauft euch zu essen! Es kostet nichts! Kommt, Leute, kauft Wein und Milch! Zahlen braucht ihr nicht!

2 Warum gebt ihr euer Geld aus für Brot, das nichts taugt, und euren sauer verdienten Lohn für Nahrung, die nicht satt macht? Hört doch auf mich, dann habt ihr es gut und könnt euch an den erlesensten Speisen satt essen!

3 Hört doch, kommt zu mir! Hört auf mich, dann werdet ihr leben! Ich will mit euch einen unauflöslichen Bund schließen. Die Zusagen, die ich David gegeben habe, sind nicht ungültig geworden: An euch werde ich sie erfüllen…

 

Gott als Marktschreier

Was für eine befremdliche Vorstellung!
Gott als … Marktschreier?
Wie kann das angehen?
Als einer unter vielen auf dem Markt der Möglichkeiten, die lauthals und mitunter aufdringlich ihre Ware anpreisen?
Hat Gott das nötig?

Gott sicherlich nicht, aber die Menschen, die der Prophet im Gewande eines Marktschreiers mit seinem Auftritt erreichen will.

Aber, was hat er anzubieten?
Was macht sein Produkt aus? Verfügt es vielleicht sogar über ein „Alleinstellungsmerkmal“?
 
Tatsächlich tut es das!
Sein Angebot gibt es umsonst. GRATIS!!!

Gott verschenkt, was er anzubieten hat.
Und wirft nicht nur einen Köder zum Anfüttern der potentiellen Kundschaft.
 
Aber was hat er denn seiner Zielgruppe zu anzubieten?

Zielgruppe 1: Israel im Exil

Zielgruppe des prophetischen Marktschreiers sind die Kinder Israels.
Im babylonischen Exil wie er selbst auch.
Immer noch „Fremde“, haben sie sich doch eingerichtet;  haben sich daran gewöhnt, in einer Hochkultur zu leben mit einem gewissen Luxus, an dem auch sie, die Fremden, teilhaben können.

Viele Angebote gibt es auf dem babylonischen Markt der Möglichkeiten: Götter, Geld und Ideologien im Überfluss.
Dazu ein fruchtbares Klima, das gute Erträge in der Landwirtschaft befördert.
Handwerk und reger Handel verteilen den Wohlstand auf die breite Masse, Dienstleistungen werden nachgefragt. Es gibt sogar jüdische Bankhäuser.
 
Eigentlich haben sie sich prima eingerichtet, schließlich leben sie schon in dritter Generation hier.
Und wer weiß schon, ob die Klage über den Verlust der Heimat wie in Psalm 137 -
„Wir saßen an den Flüssen Babylons und weinten, wenn wir an Zion dachten“ - wirklich noch echte Trauer widerspiegelt oder doch eher unter Traditionspflege oder gar Folklore fällt?

Vermissen sie es wirklich, das einstmals gelobte Land ihrer Mütter und Väter?
Oder ist die Sehnsucht nur noch ein Lippenbekenntnis?
Schließlich gilt: „Was man hat, das hat man“ und Tradition kann auch Vertrauen und Sicherheit schaffen.

Warum also Neues kosten?

Vielleicht merken sie auch gar nicht mehr, dass sie mit ihren Lippenbekenntnissen quasi nur noch von Instantnahrung leben, abgeschnitten von der ursprünglichen Quelle?

So würde zumindest Jesaja wohl die Zielgruppe seines Rufens beschreiben.

 

Zielgruppe 2: Wir?

Auch wenn es 2500 Jahre her ist - Ich sehe durchaus Ähnlichkeiten zu jener Zielgruppe, der Jesaja das göttliche Angebot schmackhaft machen will.

Mit Blick auf unsere Gesellschaft:
Auch wir gewöhnen uns schnell an Errungenschaften, die uns das Leben leichter, sicherer und bequemer machen.
Zugleich müssen wir oft feststellen, dass sich das Hamsterrad der Anforderungen und Herausforderungen immer schneller zu drehen scheint, so dass nicht wenige Stimmen während der Corona-Zwangspause sogar sagten:
Endlich mal Zeit zum Durchatmen.
Endlich haben wir mal wieder richtig gekocht anstelle der üblichen Fertigmahlzeiten.

In Hinsicht auf uns als Kirche:
Schon lange sind wir eine gesellschaftliche Minderheit, die von den einen kritisch, neugierig oder befremdet betrachtet und von den anderen gar nicht mehr zur Kenntnis genommen wird.
Unsere Traditionen und Rituale vermitteln Vertrautheit, sie können aber selbst von vielen unter uns gar nicht mehr erklärt werden.

Wir halten den Laden am Laufen, so gut es eben geht, verteilen die Aufgaben auf die Schultern, die noch da sind und erleben zugleich, dass das, was wir anzubieten haben, nicht unbedingt die großen Menschenmengen vor unserem „Marktstand“ versammelt.

Und: wie würden wir es „anpreisen“?

Oder gehören wir - bildlich gesprochen - eigentlich selbst vor den Marktstand, wie seinerzeit die Israeliten in Babylon?

Weil auch wir den Ruf, das Angebot neu hören müssen?

 

5. „Spitzt die Ohren – dann werdet ihr leben“

„Hört auf mich, dann werdet ihr leben“.

 

Das ist für mich der Kernsatz der prophetischen Werbebotschaft.

Denn hier geht es ja nicht um „lecker Aal“ oder „die süßesten Südfrüchte“.
Es geht um Nahrung für Herz und Seele.
Um innere Sättigung.
 
Um Worte und Werte, die einen tieferen und existentielleren Hunger sättigen wollen und können.

Unsere Bibel ist reich an kraftvollen Worten und Werten.

Die, wenn sie wirklich in uns aufgenommen und geschluckt werden, neue Energie und Lebenskraft freisetzen können.
Nicht umsonst wird uns Gottes Gerechtigkeit, seine Liebe, seine Fürsorglichkeit in fröhlichen und vollen Bildern ausgemalt:

Psalm 23: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.

Psalm 36: Bei dir ist die Quelle des Lebens und in deinem Lichte sehen wir das Licht.

Oder nehmen wir Jesus und seine Gleichnisse vom Reich Gottes (Hochzeit, Festmahl),
Jesus, das fleischgewordene Wort Gottes, wurde von frommen Zeitgenossen als „Fresser und Weinsäufer“ beschimpft;
Weil er Gottes Liebe und Zuwendung nicht nur gepredigt, sondern auch gefeiert hat!

„Wer Ohren hat, der höre“, hat Jesus gesagt.
Mit „Hört auf mich, so werdet ihr leben“, preist der prophetische Marktschreier Gottes Angebot zum Leben an.

Ein „Angebot“, das es wirklich gratis gibt.

Ein „Angebot“, das den inneren Lebenshunger stillen will und kann:
Nach Sinn, Orientierung, Perspektive.
Ein Angebot, das antwortet auf die tiefen Fragen unseres Lebens:
•   Wo komme ich her,
•   wo gehe ich hin,
•   wie gehe ich mit den Tiefschlägen und Anfechtungen dieses Lebens um,
•   was trägt wirklich?

Das Angebot ist gratis (da steckt „Gnade“ drin), aber es nicht umsonst.

Es ist nichts, was man einfach so im Vorübergehen kosten kann (wie Käsehäppchen im Supermarkt), um zum nächsten Marktstand oder Regal weiter zu schlendern.
Es ist eher wie ein 5-Gänge-Menü, für das es Zeit, Hinwendung und Muße braucht, um es würdigen und genießen zu können.
Eine Speisenfolge, die aufeinander abgestimmt ist.
Nicht in rauen Mengen, dafür in guter Qualität.
Die in Ruhe geschmeckt und verdaut werden will!!!
Nur so werden Nährstoffe freigesetzt, kann Lebenskraft sich entfalten!!!

Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist!

Wir sind als Kirche immer noch an den Gedanken gewöhnt, „Vollsortimenter“ sein zu wollen (oder zu müssen?)
Wir ackern und strampeln mit immer weniger Kräften, um den Laden am Laufen zu halten.
Vielleicht ist es an der Zeit, inne zu halten und Inventur zu machen.
Zu überlegen:
Was können, was wollen wir noch im Angebot behalten?
Von welchen Ladenhütern sollten wir uns trennen?
Und was können wir vielleicht auch neu ins Sortiment nehmen?

Schon die wirtschaftlichen Grenzen machen solch ein Nachdenken notwendig.
Aber vielleicht birgt diese Notwendigkeit ja auch eine Chance.
Dass wir gemeinsam nachdenken:

Was nährt und kräftigt uns in unserem Glauben?
Worauf kauen wir nur noch aus Gewohnheit darauf herum?
 
Wie kann es gelingen, „Altvertrautes“ neu zu kosten und zu schmecken, und nicht nur von Instantnahrung zu leben bzw. immer das Gleiche zu essen, auch wenn es noch so gut zubereitet ist?
Und wie können wir damit andere erreichen, die gar nicht merken, dass auch sie Hunger haben?
 
Dass wir Ihnen das Gute, das uns trägt, schmackhaft machen können?
 
Ihnen den Tisch so einladend zu decken, dass ihnen das Wasser im Munde zusammenläuft?
Vielleicht wird ja die geplante Küche im Gemeindehaus ein solcher Ort gemeinsamen Verkostens?

Im gemeinsamen Schnippeln und Kochen, Essen und Trinken, Reden und Nachdenken über Gott und die Welt - und das, was wirklich nährt und trägt.

Und wir gemeinsam feststellen:

Schmecket und seht, wie freundlich der Herr ist. Amen.

 

Violine und Orgel: Georg Friedrich Händel(1685 - 1759) Adagio (aus Sonata F-Dur HWV 370)

 

Fürbittgebet mit Gebetsstille

Barmherziger Gott. Bei dir ist die Quelle des Lebens und in deinem Licht sehen wir das Licht. Du hast uns das Leben geschenkt.

Du willst, das Leben gelingt.
Dass Friede und Gerechtigkeit sich küssen.

Dankbar für deine Gaben und dein Wort bringen wir unsere Bitten vor dich:

Wir bitten für alle, die sich um ihr tägliches Brot sorgen müssen, weil Armut, Krieg oder Flucht ihr Leben bestimmen.
Lass die zur Einsicht kommen, die Verantwortung tragen für ihr Elend.
Lass uns erkennen, was wir beitragen können.
Lass sie ankommen, wo Leib und Seele zur Ruhe kommen können.

Gott, so viele Menschen sind rastlos.
Ihr Hunger nach Erfolg, Anerkennung oder Absicherung raubt ihnen die Kraft.
Lass sie erkennen, dass Deine Liebe gratis ist.
Dass dein Wort trägt in der Feier des Lebens, aber auch in seinen finsteren Tälern.

So erbitten wir deinen Trost für alle, die um einen lieben Menschen trauern.
Besonders denken wir an alle, denen Annemarie Müller fehlt, die wir am letzten Mittwoch deiner ewigen Liebe anvertraut haben.
Tröste sie mit dem Vertrauen darauf, dass sie bei in Frieden geborgen ist.

Gott, wir bitten dich auch für Amelie, Julia, Livius und Marten, die wir gestern konfirmiert haben.
Lass sie erfahren, dass ihr „Ja“ zum Glauben ein gutes Fundament für ihr Leben abgibt.
Dass es lohnt, deiner Wegweisung zu trauen.

Was uns sonst in dieser Stunde auf dem Herzen liegt, bringen wir nun in der Stille vor dich…

Gebetsstille

 

Vaterunser

 

Liedvortrag EG 504 „Himmel, Erde, Luft und Meer“

1) Himmel, Erde, Luft und Meer zeugen von des Schöpfers Ehr; meine Seele singe du, bring auch jetzt dein Lob herzu.

2) Seht das große Sonnenlicht, wie es durch die Wolken bricht; auch der Mond, der Sterne Pracht jauchzen Gott bei stiller Nacht.

3) Seht, wie Gott der Erde Ball hat gezieret überall.  Wälder, Felder, jedes Tier zeigen Gottes Finger hier. 

4) Seht, wie fliegt der Vögel Schar in den Lüften Paar bei Paar. Blitz und Donner, Hagel, Wind seines Willens Diener sind.

5) Seht, der Wasserwellen Lauf, wie sie steigen ab und auf; von der Quelle bis zum Meer rauschen sie des Schöpfers Ehr.

6) Ach mein Gott, wie wunderbar stellst du dich der Seele dar. Drücke stets in meinen Sinn, was du bist und was ich bin.

 

Segen

 

Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden.

Amen.

 

Gesang und Orgel: André Campra (1660 - 1744) "Jubilate Deo"

 

 

1. Sonntag nach Trinitatis, 14. Juni 2020
Photo: Ilka Erkelenz
Den Gottesdienst von Prädikant Dirk Palm zum Sonntag, 14. Juni 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat.
Friede sei mit euch.  
Und mit deinem Geist

Begrüßung

Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich.“ Mit diesen Worten aus dem Lukasevangelium begrüße ich Sie ganz herzlich. Heute ist der erste Sonntag nach Trinitatis. Wir richten in diesem Gottesdienst unseren Blick darauf, was wir zum Leben wirklich brauchen, wie Gerechtigkeit und Liebe in unserer Zeit möglich sind. Wir bewegen uns zwischen Gotteslob und unserem Unvermögen, ihn in unser Leben zu lassen, zwischen Ablenkung und wahrer Gerechtigkeit und wahrer Liebe. Dem wollen wir heute nachspüren.

Und nun hören Sie von Familie Lutz das ein traditionelles Lied aus Uganda. Der Text lautet übersetzt: Leite uns, Jesus, denn du bist unser König.

Lied: SJ 119 Singa Jesu

Singa Yesu Singa Iwe Mukama Waitu Singa
Singa Yesu Singa Muza ahura, Yesu Singa

 

Psalm 113 (Huub Oisterhuis)

 

 

Gebet nach Psalm 34 im Wechsel

Ich will den HERRN loben allezeit; sein Lob soll immerdar in meinem Munde sein.

Meine Seele soll sich rühmen des HERRN, dass es die Elenden hören und sich freuen.

Preiset mit mir den HERRN und lasst uns miteinander seinen Namen erhöhen!

Da ich den HERRN suchte, antwortete er mir und errettete mich aus aller meiner Furcht.

Die auf ihn sehen, werden strahlen vor Freude, und ihr Angesicht soll nicht schamrot werden.

Als einer im Elend rief, hörte der HERR und half ihm aus allen seinen Nöten.

Der Engel des HERRN lagert sich um die her, die ihn fürchten, und hilft ihnen heraus.

Schmecket und sehet, wie freundlich der HERR ist. Wohl dem, der auf ihn trauet!

Fürchtet den HERRN, ihr seine Heiligen! Denn die ihn fürchten, haben keinen Mangel.

Reiche müssen darben und hungern; aber die den HERRN suchen, haben keinen Mangel an irgendeinem Gut.

 

Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr (EG 382)

Lesung

Im 16. Kapitel des Lukasevangelium setzt Jesus sich mit den Pharisäern auseinander, einer religiösen Gruppierung innerhalb des Judentums, denen es besonders darum ging, die Reinheit der Thora, wie sie sie verstanden haben, zu verteidigen. Zu ihnen spricht er auch über die Bedeutung von Reichtum und Armut.

Lukas 16, 19-31

Vom reichen Mann und armen Lazarus
Es war aber ein reicher Mann, der kleidete sich in Purpur und kostbares Leinen und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. Ein Armer aber mit Namen Lazarus lag vor seiner Tür, der war voll von Geschwüren und begehrte sich zu sättigen von dem, was von des Reichen Tisch fiel, doch kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren. Es begab sich aber, dass der Arme starb, und er wurde von den Engeln getragen in Abrahams Schoß. Der Reiche aber starb auch und wurde begraben. Als er nun in der Hölle war, hob er seine Augen auf in seiner Qual und sah Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß. Und er rief und sprach: Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende Lazarus, damit er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und kühle meine Zunge; denn ich leide Pein in dieser Flamme Abraham aber sprach: Gedenke, Kind, dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben, Lazarus dagegen hat Böses empfangen; nun wird er hier getröstet, du aber leidest Pein. Und in all dem besteht zwischen uns und euch eine große Kluft, dass niemand, der von hier zu euch hinüberwill, dorthin kommen kann und auch niemand von dort zu uns herüber. Da sprach er: So bitte ich dich, Vater, dass du ihn sendest in meines Vaters Haus; denn ich habe noch fünf Brüder, die soll er warnen, damit sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual. Abraham aber sprach: Sie haben Mose und die Propheten; die sollen sie hören. Er aber sprach: Nein, Vater Abraham, sondern wenn einer von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun. Er sprach zu ihm: Hören sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn jemand von den Toten auferstünde.

Gemeinsam mit Christinnen und Christen auf aller Welt bekennen wir unsern Glauben:

Ich glaube an Gott, den Vater,
den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
 
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.

Amen.

Lied: Das ist alles nur geklaut (die Prinzen)

Ich schreibe einen Hit,
die ganze Nation kennt ihn schon,
alle singen mit,
ganz laut im Chor, das geht ins Ohr.
Keiner kriegt davon genug,
alle halten mich für klug,
hoffentlich merkt keiner den Betrug.

Denn das ist alles nur geklaut,
das ist alles gar nicht meine,
das ist alles nur geklaut,
doch das weiß ich nur ganz alleine,
das ist alles nur geklaut
und gestohlen,
nur gezogen
und geraubt.
Entschuldigung, das hab' ich mir erlaubt.

Ich bin tierisch reich,
ich fahre einen Benz, der in der Sonne glänzt.
Ich hab 'n großen Teich,
und davor ein Schloss und ein weißes Ross,
ich bin ein großer Held,
und ich reise um die Welt,
ich werde immer schöner durch mein Geld.

Doch das ist alles nur geklaut,
das ist alles gar nicht meine,
das ist alles nur geklaut,
doch das weiß ich nur ganz alleine,
das ist alles nur geklaut
und gestohlen,
nur gezogen
und geraubt.
Entschuldigung, das hab' ich mir erlaubt.

Ich will dich gern verführ'n,
doch bald schon merke ich:
das wird nicht leicht für mich.
Ich geh' mit dir spazier'n
und spreche ein Gedicht in dein Gesicht.
Ich sag, ich schrieb es nur für dich,
und dann küsst du mich,
denn zu meinem Glück weißt du nicht:

Das ist alles nur geklaut,
das ist alles gar nicht meine,
das ist alles nur geklaut,
doch das weiß ich nur ganz alleine,
das ist alles nur geklaut
und gestohlen,
nur gezogen
und geraubt.
Entschuldigung, das hab' ich mir erlaubt.

 

Predigt

Predigt zu Apostelgeschichte 4,32-37

Gnade sei mit euch, und Frieden von Gott, unserem Vater, und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder!

„Alles nur geklaut“ – so singt die Leipziger Musikgruppe „Die Prinzen“. Ein Lied, das mitten aus dem Leben kommt: „Alle halten mich für klug, Hoffentlich merkt keiner den Betrug.“

Mehr scheinen als sein – dieses Thema begleitet viele von uns. Manche nennen das auch einfach: Marketing. Man muss eben mal ein bisschen auftragen, um wahrgenommen zu werden. In einer Prüfung vielleicht. Durch überbordenden Konsum. In Liebe und Partnerschaft. Wer will schon den kleinen, hässlichen, schwachen Menschen sehen, der ich doch auch und vielleicht in erster Linie bin? Da zeige ich mich doch lieber in meiner Stärke, Selbstsicherheit und Unabhängigkeit. Landläufig würden wir sagen: Das ist doch wahre Attraktivität.

Nicht nur die Prinzen haben diesen Mechanismus erkannt. Schon in den ersten christlichen Gemeinden wurde darüber nachgedacht, was wahres Leben, wahre Nachfolge Jesu, eigentlich bedeuten könnten. Und hierbei geht es immer auch um Materielles. Hören Sie auf den Predigttext, er steht in der Apostelgeschichte im 4. Kapitel, die Verse 32 bis 37.

Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele; auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam. Und mit großer Kraft bezeugten die Apostel die Auferstehung des Herrn Jesus, und große Gnade war bei ihnen allen. Es war auch keiner unter ihnen, der Mangel hatte; denn wer von ihnen Land oder Häuser hatte, verkaufte sie und brachte das Geld für das Verkaufte und legte es den Aposteln zu Füßen; und man gab einem jeden, was er nötig hatte.

Josef aber, der von den Aposteln Barnabas genannt wurde – das heißt übersetzt: Sohn des Trostes –, ein Levit, aus Zypern gebürtig, der hatte einen Acker und verkaufte ihn und brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.

Die verkaufen einfach ihre Sachen! Warum tun die das? Und dann wird noch davon gesprochen, dass keiner unter den ersten Christen Mangel litt!

Blicken wir nochmal auf „Alles nur geklaut“, auf die zweite Strophe.

Ich bin tierisch reich
Ich fahre einen Benz, der in der Sonne glänzt
Ich hab n großen Teich
Und davor ein Schloss und ein weißes Ross
Ich bin ein großer Held
Und ich reise um die Welt
Ich werde immer schöner durch mein Geld

Die ersten Christen schienen es nicht nötig zu haben, schöner zu werden durch ihr Geld. Die haben ihre Sachen verkauft und litten doch keine Not.

Das kommt doch daher, dass die hier als Ideal präsentierte Gemeinde darauf vertrauen konnte, dass Gott in ihrem Leben ist. Im 33. Vers unserer Lesung heißt es ja auch:

Und mit großer Kraft bezeugten die Apostel die Auferstehung des Herrn Jesus, und große Gnade war bei ihnen allen.

Angesichts dieser Gnade brauchen die die ganzen Sachen nicht mehr, mit denen sich ihre Umgebung betäubt, um von ihrer Einsamkeit, ihrer Rastlosigkeit abzulenken. Hier muss keiner ein „großer Held“ sein, weil er weiß, dass er trotzdem geliebt wird, auch als kleines Licht.

Auch der reiche Mann in unserer Evangeliumslesung lebte ja „alle Tage herrlich und in Freuden“. Und Lazarus hatte das Nachsehen. Aber dann wurde der Spieß umgedreht. Es kam der Tod, und der große Held war keiner mehr.

Was heißt das für uns heute? Wir hören auf das Evangelium, wir hören auf die Botschaft, die alles verändert, nämlich die von der Auferstehung Jesu Christi, ganz wie sie schon den ersten Christen bezeugt wurde. Aber ändert sie wirklich etwas für uns? Versuchen wir wirklich, zu unserer Schwachheit zu stehen – wo wir es doch könnten, denn Gott hat uns doch VERHIESSEN, dass wir geliebt werden obwohl wir so schwach sind?

Wir versuchen es, aber springen oft zu kurz. In der zweiten Strophe des Kirchenliedes „Ich steh vor dir mit leeren Händen“, das uns Frau Daur eben gesungen hat, heißt es:

Von Zweifeln ist mein Leben übermannt,
mein Unvermögen hält mich ganz gefangen.
Hast du mit Namen mich in deine Hand,
in dein Erbarmen fest mich eingeschrieben?
Nimmst du mich auf in dein gelobtes Land?
Werd ich dich noch mit neuen Augen sehen?

Und dann in der dritten Strophe:

Sprich du das Wort, das tröstet und befreit
und das mich führt in deinen großen Frieden.
Schließ auf das Land, das keine Grenzen kennt,
und laß mich unter deinen Söhnen leben.
Sei du mein täglich Brot, so wahr du lebst.
Du bist mein Atem, wenn ich zu dir bete.

Das ist die Botschaft, ihr Lieben: Die ganzen Dinge um uns herum, die ganzen Gegenstände, die wir so angesammelt haben wie der reiche, in Purpur und Leinen gekleidete Mann, verlieren an Bedeutung angesichts der Botschaft von der Liebe Gottes unter uns Menschen. Wir mögen das wissen, aber dennoch klammern wir uns noch immer an allem möglichen fest, was uns Halt gibt in unserem Leben.

Wir sind Menschen voller Unvermögen. Wir erkennen, dass wir alles nur geklaut und gestohlen und gezogen und geraubt haben. Und dann, wenn wir das erkennen, und wenn wir Gott in unserer Not anrufen: „Sprich du das Wort, das tröstet und befreit, und das mich führt in deinen großen Frieden“, dann – kann Heilung möglich sein. Vielleicht ist das die echte Gnade, die Gott uns zugesagt hat.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der stärke und bewahre unsere Herzen und Sinne. In Christus Jesus.
Amen.

 

Fürbittengebet

Großer Gott, himmlischer Vater. Viele Menschen sind in den letzten Monaten an den Rand ihrer Existenz gebracht worden. Sei bei allen, die nicht wissen, wie es in ihren Leben weitergehen soll. Zeige Wege in die Zukunft. Lass uns alle deine Gegenwart immer wieder neu spüren. Wir bitten dich: Erhöre uns.

Großer Gott, himmlischer Vater. Mit Sorge blicken wir auf die Unruhen in den USA. Hilf allen Beteiligten, aufeinander zuzugehen. Gib den politisch Verantwortlichen die Kraft und die Weisheit, die nötig sind zur Versöhnung. Gib auch uns den Mut, gegen den Rassismus aufzutreten, wo immer er uns begegnet. Wir bitten dich: Erhöre uns.

Großer Gott, himmlischer Vater. Wir bitten dich für Hans-Peter Prang. Nimm ihn mit der Liebe, die er in seinem Leben gegeben hat, in deine Arme auf. Sie bei seiner Familie und allen andern, die um ihn trauern, und stärke ihre Gewissheit, dass der Tod nicht das Ende ist. Wir bitten dich: erhöre uns.

Alles, was wir sonst noch auf dem Herzen haben, tragen wir in der Stille vor dich.

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

 

Lied: EG 406 BEi Dir, Jesu, will ich bleiben

 

1) Bei dir, Jesu, will ich bleiben,
stets in deinem Dienste stehn;
nichts soll mich von dir vertreiben,
will auf deinen Wegen gehn.
Du bist meines Lebens Leben,
meiner Seele Trieb und Kraft,
wie der Weinstock seinen Reben
zuströmt Kraft und Lebenssaft.

2) Könnt ich's irgend besser haben
als bei dir, der allezeit
soviel tausend Gnadengaben
für mich Armen hat bereit?
Könnt ich je getroster werden
als bei dir, Herr Jesu Christ,
dem im Himmel und auf Erden
alle Macht gegeben ist?

3) Wo ist solch ein Herr zu finden,
der, was Jesus tat, mir tut:
mich erkauft von Tod und Sünden
mit dem eignen teuren Blut?
Sollt ich dem nicht angehören,
der sein Leben für mich gab,
sollt ich ihm nicht Treue schwören,
Treue bis in Tod und Grab

Segen

Der HERR segne dich und behüte dich;

der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;

der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.

Musik:

Hartmut BIetz: Bei Dir Jesu, will ich bleiben

 

Sonntag Trinitatis, 07. Juni 2020
Photo: Ilka Erkelenz
Den Gottesdienst von Vikar Daniel Koppehl zum Sonntag, 07. Juni 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.
Friede sei mit euch.  

Begrüßung

Guten Morgen und herzlich Willkommen zum Gottesdienst an Trinitatis, dem Fest der Dreieinigkeit Gottes.

Der Wochenspruch für die kommende Woche lautet: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.

Die drei Segensgüter scheinen von drei unterschiedlichen Personen zu kommen. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus; die Liebe Gottes; die Gemeinschaft des Heiligen Geistes. Legt uns der Apostel Paulus nahe, neben Gott auch an Christus und den Heiligen Geist als Götter zu glauben? Ich glaube mit der Kirche, es gibt nur einen Gott. Und ich traue Gott auch zu, gnädig zu sein, mich zu lieben und mir Gemeinschaft zu schenken. Welchen Sinn ergibt es dennoch, drei Personen in Gott zu unterscheiden?

Ich glaube, es gibt uns die Möglichkeit Gottes Beziehung zu uns genauer zu verstehen. Liebe ist ja so etwas wie eine Motivation. Ich trage sie in mir. Weil ich meine Frau liebe, schenke ich ihr einen Blumenstrauß. Damit sind wir schon bei der Gnade. Gnade ist wie ein Geschenk. Gott sucht mich auf. Er streckt seinen Arm nach mir aus. Und in der Gemeinschaft geht es darum, dass er ganz bei mir ist.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.

Gott ist auf dreierlei Art und Weise. Darum wird es in diesem Gottesdienst gehen.

Heute ist die gesamte Kollekte bestimmt für die Arbeit in dieser Gemeinde. Gerne können Sie auch spenden. Informationen finden sie dazu hier: https://www.heimatgemeinde.de/service/spenden-kollekten.html?evangelische-kirche-berlin-brandenburg-schlesische-oberlausitz-4/spende

Den Gottesdienst am kommenden Sonntag hält Dirk Palm.

Und nun wünsche ich Ihnen eine gesegnete Lektüre dieses Gottesdienstes. Halten Sie dafür Stift und Papier bereit! Denn an einer Stelle sind heute Sie gefragt.

Lied: EG 455, 1-3 „Morgenlicht leuchtet“

1. Morgenlicht leuchtet, rein wie am Anfang.
Frühlied der Amsel, Schöpferlob klingt.
Dank für die Lieder, Dank für den Morgen,
Dank für das Wort, dem beides entspringt.


2. Sanft fallen Tropfen, sonnendurchleuchtet.
So lag auf erstem Gras erster Tau.
Dank für die Spuren Gottes im Garten,
grünende Frische, vollkommnes Blau.

3. Mein ist die Sonne, mein ist der Morgen,
Glanz, der zu mir aus Eden aufbricht!
Dank überschwenglich, Dank Gott am Morgen!
Wiedererschaffen grüßt uns sein Licht!

 

Psalm 113 (Huub Oisterhuis)

So weit wie der Osten und Westen
Möge aufklingen der Lobgesang.
Über die Scharen der Völker hinaus bist du erhaben,
hoch über allen Himmeln Licht.
Nicht die Sterne
Loben und preisen deinen Namen.
Wohl aber Menschen, die deinen Namen vollbringen
Und knien bei ihren notleidenden Nächsten.
Nicht aufgehende Sonnen,
nicht mildscheinende Monde,
sondern deine Dienstknecht-Menschen,
die dem Fremden entgegengehen,
loben und preisen deinen Namen.
Wohnst du im Himmel? Du wohnst in ihren Herzen –
Sie zerren die Erniedrigten aus dem Elend,
die Verstoßenen zerren sie hoch
aus dem Staub der Erde
und laden sie ein an ihre Tische.
Frauen, unfruchtbar,
werden Mütter von Töchtern und Söhnen.
Sie loben und preisen deinen Namen.
 

Lied: SJ 117, 1-3 „Amazing Grace” (dt. Anton Schulte)

1. Oh Gnade Gottes, wunderbar
hast du errettet mich.
Ich war verloren ganz und gar,
war blind, jetzt sehe ich.
2. Die Gnade hat mich Furcht gelehrt
und auch von Furcht befreit
seitdem ich mich zu Gott bekehrt
bis hin zur Herrlichkeit.
3. Durch Schwierigkeiten mancher Art
wurd' ich ja schon geführt,
doch hat die Gnade mich bewahrt,
die Ehre Gott gebührt.

Lesung

Das Evangelium für den heutigen Sonntag steht bei Johannes, im 3. Kapitel. Es führt uns hinein in ein Nachtgespräch zwischen Jesus und Nikodemus, einem in religiösen Dingen gebildeter Mann. Er hinterfragt religiöse Phrasen. Damit ist er durchaus ein Vorbild: Jesu Antwort ist oft missverstanden worden. Man las daraus, dass nur getaufte Christen in Gottes Reich kommen. Das hat Jesus aber nicht gesagt. 

Es war aber ein Mensch unter den Pharisäern mit Namen Nikodemus, ein Oberster der Juden. Der kam zu Jesus bei Nacht und sprach zu ihm: Rabbi, wir wissen, dass du ein Lehrer bist, von Gott gekommen; denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm.

Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.

Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er denn wieder in seiner Mutter Leib gehen und geboren werden?

Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht geboren wird aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; und was aus dem Geist geboren ist, das ist Geist. Wundere dich nicht, dass ich dir gesagt habe: Ihr müsst von Neuem geboren werden.

Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist ein jeder, der aus dem Geist geboren ist.

Gemeinsam mit Christinnen und Christen auf aller Welt bekennen wir unsern Glauben:

Ich glaube an Gott, den Vater,
den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
 
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.

Amen.

Lied: EG 140, 1-5 „Brunn alles Heils, dich ehren wir“

1. Brunn alles Heils dich ehren wir
und öffnen unsern Mund vor dir;
aus deiner Gottheit Heiligtum
dein hoher Segen auf uns komm.

2. Der Herr, der Schöpfer, bei uns bleib,
er segne uns nach Seel und Leib,
und uns behüte seine Macht
vor allem Übel Tag und Nacht.

3. Der Herr, der Heiland, unser Licht,
uns leuchten lass sein Angesicht,
dass wir ihn schaun und glauben frei,
dass er uns ewig gnädig sei.

4. Der Herr, der Tröster, ob uns schweb,
sein Antlitz über uns erheb,
dass uns sein Bild wird eingedrückt,
und geb uns Frieden unverrückt.

5. Gott Vater, Sohn und Heilger Geist,
o Segensbrunn, der ewig fleußt:
durchfließ Herz, Sinn und Wandel wohl,
mach uns deins Lobs und Segens voll!

 

Predigt

Liebe Gemeinde,

eines Abends sitze ich noch am Bett meiner damals 4-jährigen Tochter Rebekka. Ich hatte gerade den Segen den Kindern zugesprochen; eine Tradition, die ich aus meiner Kindheit kenne und die ich von meinen Eltern übernommen habe. Rebekka hat noch etwas zu erzählen: „Gott läuft auch manchmal seinen Eltern davon.“ Ich fragte sie, wie sie denn darauf käme. Und dann erzählt sie mir die Geschichte vom 12-jährigen Jesus im Tempel. Irgendwann ruft meine ältere Tochter dazwischen. „Das ist nicht Gott. Das ist Jesus.“ Ich sitze da und lausche etwas verblüfft dem theologischen Gespräch meiner Töchter. Und krame in meiner Erinnerung, wie noch einmal die verschiedenen Parteien im trinitarischen Streit in der Alten Kirche hießen. Demnach wäre Rebekka wohl eher auf Seiten der Monophysiten. Die Monophysiten waren der Meinung in Jesus seien Gott und Mensch zu einer göttlichen Natur vereint. Johanna wäre wohl Nestorianerin. Sie waren der Auffassung, die göttliche und menschliche Natur Christi müssen strikt voneinander getrennt werden.

Heute ist das Trinitatisfest. Anders als zu den anderen kirchlichen Festen, gibt es dazu keine schöne biblische Geschichte. In der alten Kirche war der Diskurs über die Trinität vermintes Gelände. Auf Schritt und Tritt lauerte die Häresie. Heute spielt sie für viele Christen kaum noch eine Rolle. Dabei beantwortet das trinitarische Denken eine der spannendsten Fragen überhaupt: Wie begegnet mir Gott?

Der Predigttext für diesen Sonntag führt uns zu dem Ritual, bei dem sich viele Menschen von Gott angesprochen fühlen:  Im 4. Buch Mose, im 6. Kapitel heißt es:

Und der HERR redete mit Mose und sprach: Sage Aaron und seinen Söhnen und sprich: So sollt ihr sagen zu den Israeliten, wenn ihr sie segnet: Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. So sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen, dass ich sie segne.

Auf dem ersten Blick könnte man denken: Was hat das mit der Frage nach der Trinität zu tun? Der Text ist ja noch nicht einmal aus dem Neuen Testament. Es besteht hier keine Schwierigkeit die Göttlichkeit Christi oder des Heiligen Geistes in eins zu bringen mit der Göttlichkeit des Vaters. Von Christus oder dem Heiligen Geist ist hier nämlich keine Rede.

Ich hatte ja gesagt: Die Frage nach der Trinität ist die Frage nach der Begegnung mit Gott. Wenn wir genau hinschauen, dann wirft der Predigttext einige Fragen auf. Gott gibt Mose die Segensworte. Er soll sie Aaron und seinen Söhnen, also den Priestern, weitergeben. Die Priester haben den Auftrag den Segen zu sprechen. Indem sie den Segen zu den Israeliten sprechen, legen sie den Namen Gottes auf sie. Jetzt kann Gott sie segnen. Dieser Weg ist ziemlich kompliziert. Wenn Gott die Israeliten segnet, warum dieser Umweg über die Segensworte?

Schlicht und ergreifend: Weil wir von Gott nicht wissen, wenn von ihm nicht mit menschlichen Worten erzählt wird. Das Wort Gottes ist das große Andere in Gott. Im Wort Gottes wird Gott zum Gegenüber der Menschen. Ein Gegenüber, das uns in den Blick nimmt. Gott ist nicht mehr einfach nur da. Er ist nicht nur das Numinosum des Alls, dessen Teil wir sind. Man könnte auch sagen: Er ist nicht nur die erste Person: Gott, der Vater, der Schöpfer der Welt.

Im Wort redet uns Gott an. Und der Segen ist so etwas wie der Prototyp der Anrede Gottes. Ausdrücklich nimmt Gott im Segen uns in den Blick: Er lässt sein Angesicht leuchten. Er zeigt sich im Wort. Der Segen erzählt aber auch davon, was die Begegnung mit ihm verheißt:

In der Begegnung mit Gott bist du behütet. In der Begegnung mit Gott ist Dir Deine Schuld vergeben. Denn Gott schaut dich an und ist dir gnädig. Bei Gott wirst du nicht mehr kämpfen, denn er schenkt dir Frieden.

Dieses Wort, die Anrede Gottes, ist die zweite Person Gottes. Das Wort ward Fleisch, heißt es im Johannesevangelium. Christus ist das Wort. In Christus will Gott uns begegnen mit seinem Schutz für die Schwachen, mit seiner Vergebung der Sünde, mit seinem Einsatz für den Frieden.

Gott bleibt aber nicht nur unser Gegenüber. Er ist nicht nur zweite Person. Er ist auch die Wirkung seines Wortes.

Wenn das Segenswort auf uns liegt, dann segne uns Gott.

Das Segenswort fängt an in uns zu arbeiten. Und lassen wir uns darauf ein, wissen wir nicht, wohin das führt. Es ist wie bei Nikodemus: Der Wind bläst wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist.

Eigentlich müsste der Streit mit meinem Kollegen eskalieren und es ist klar, worauf es hinauskommt. Doch was geschieht, wenn meine Abneigung, ja mein Ärger bearbeitet wird mit Gottes Segen, der Frieden verheißt? Liebet eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen. Was passiert mit meinem schlechten Gewissen, wenn Gottes Gnade mich berührt? Vergib uns deine Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Was passiert, wenn meine Angst vertrieben wird, die mich daran hindert einzugreifen, wenn Zivilcourage verlangt wird? Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.

Der segnende, der wirkende Gott in uns ist die 3. Person.

Es ergibt Sinn, diese drei Weisen Gottes als drei Personen zu bezeichnen. Es kommt unserer Natur entgegen. Denn wir können nicht zugleich uns selbst erschaffen, uns gegenüber sein und wir selbst sein. Gott kann das und gerade deshalb ist die Rede von den 3 Personen sinnvoll.

Der Segen wird von den Priestern gesprochen. Aber Gottes Wort ist nicht gebunden an eine bestimmte Kaste. Oder andersherum gesagt: Wo mich Gott mit seinem Wort persönlich anredet, hat eine Priesterin oder ein Priester gesprochen. Das kann auch ich sein in der Rolle des Vaters, das können meine beiden kleinen Theologinnen sein und das können auch Sie sein.

Deshalb möchte ich Sie dazu einladen selbst Segensworte zu formulieren. Nehmen Sie sich ein Stück Papier und überlegen sie sich eine konkrete Person oder auch mehrere Personen, der sie ein Segenswort sagen möchten. Denn ein Segenswort hat immer eine Richtung. Ich ermutige Sie dazu, dieses Segenswort auch weiter zu sagen an die Person, die sie im Sinn haben. Nehmen Sie sich dazu Zeit!

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

 

Fürbittengebet

Liebender Gott, barmherziger Vater,
deine Spuren lassen sich überall finden, im kleinsten Tropfen und in der warm und hell scheinenden Sonne.
Wir bitten dich für alle Menschen, die dich suchen,
die sehnsüchtig auf dich warten,
für die, die alles hinterfragen und die aus ihrem Zweifel an sich und der Welt nicht hinauskommen,
lass Du Dich finden in der Schönheit dieser Welt,
in der Natur und im Antlitz des Mitmenschen.
 
Jesus Christus, Du Wort der Gnade, 
lehre uns, Versöhnung zu suchen.
Sei Du bei den Streitenden,
Bei denen, die sich für Schwächere einsetzen,
Bei denen, die gegen Gewalt und Diskriminierung protestieren,
Sprich dein Wort des Friedens, der mächtiger ist als alle Gewalt.
 
Kraft des Heiligen Geistes,
die in uns wirkt
vollende dein Tun und segne deine Menschenkinder.
Wir bitten Dich, schaffe Trost den Traurigen,
Befreiung den Furchtsamen,
Hoffnung den Verzweifelten.
Komm mit deinem Segen, sei im fröhlichen Lachen,
in den strahlenden Gesichtern,
in den aufmunternden Worten,
dass deine Freude von einem auf den anderen übergeht.

Und alles, was uns sonst auf dem Herzen liegt und unausgesprochen blieb legen wir in das Gebet Jesu

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

 

Lied: Singt Jubilate 152, 1-3 „Was ich erträume“

1. Was ich erträume, hast du schon getan.
Seh ich den Weg nicht, gehst du ihn voran.
Was ich auch denke bei Tag und bei Nacht,
du, Gott, hast immer schon an mich gedacht

2. Forme mein Wesen und führ meinen Sinn;
Bring mich zurück, wenn ich nicht bei dir bin.
Will meine Seele vor Sehnsucht vergehn,
lass du ein Bild deiner Zukunft entstehn.

3. Freund meiner Hoffnung, vollende dein Tun;
Mitten im Lärm lass mein Innerstes ruhn
In der Gewissheit, dass das, was zerstört,
von dir geheilt und zu dir gehört.
 

Segen

Der HERR segne dich und behüte dich;

der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;

der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.

 

 

 

 

 

Gottesdienst zum Pfingstsonntag, 31. Mai 2020
Photo: Jana Lutz
Den Gottesdienst von Pfarrer Claas Ehrhardt zum Pfingssonntag, 31. Mai 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Gottesdienst am Pfingstsonntag, 31. Mai 2020 in der Kirche Zur Heimat

Orgel zum Eingang: Johann Sebastian Bach (1685 - 1750) Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist BWV 631

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn…
…der Himmel und Erde gemacht hat.
Friede sei mit euch.
Friede sei mit dir.

Begrüßung und Abkündigungen

„Pfingsten sind die Geschenke am geringsten“ -jedes Jahr neu muss ich an diesen Spruch eines ehemaligen Vikars denken.
Unter normalen Umständen wären sie heute für einige vermutlich durchaus groß ausgefallen.
Hätten wir doch eigentlich Konfirmation gefeiert.
Mit rappelvoller Kirche und vielen aufgeregten Konfis.
Eigentlich…

Und so denken wir an diesem Pfingsttag besonders an die zwanzig Jungen und Mädchen, die heute eigentlich ihren großen Tag gehabt hätten.

Trotzdem geht es heute um Geschenke.
Genauer gesagt: um ein Geschenk:

Die Gabe des Heiligen Geistes.
Den Jesus seinen Jüngern verheißen hat für die Zeit nach seiner irdischen Gegenwart.

Pfingsten, das markiert den „Startschuss“ für die Kirche.
Andere nennen es: Geburtstag.

So oder so:
Pfingsten lädt uns ein, darüber nachzudenken, wes Geistes Kinder wir sind bzw. sein wollen.

Welche Sprache dieser Geist spricht: die Sprache der Angst oder die der Liebe?
Der Pfingstgeist hält Jesus unter uns lebendig.
Es ist ein Geist, der Menschen verbindet und nicht trennt, der befreit und nicht einengt.
Ein Geist, der uns die Augen öffnet für Unrecht und uns den Mund auftut für die Wahrheit.
Ein Geist, der aus dem Tod ins Leben ruft.

Also, wahrlich kein geringes Geschenk!

Ein Geschenk ist es auch, dass es bislang immer Sängerinnen und Sänger gab und gibt, die für uns in dieser besonderen Zeit den Gemeindegesang übernehmen, so wie auch heute, herzlichen Dank!

Ebenso danke ich dem Kirch- und Empfangsdienst, unserer Lektorin und unserer Organistin für ihre heutigen Doppeldienste.

Ab nächsten Sonntag kehren wir versuchsweise zu unseren gewohnten Gottesdienstzeiten zurück.

Herzliche Einladung also zum Gottesdienst am Sonntag, 7. Juni um 11.00 Uhr mit Vikar Koppehl (nicht „Ehrhardt“, wie es im Gemeindeblatt steht).

Herzlichen Dank für die Kollekten vom vergangenen Sonntag in Höhe gut 300 Euro.

Herzlichen Dank für Ihre heutige Kollekte am Ausgang, für die Arbeit mit Sorben und Wenden sowie die Arbeit der Bahn der Bahnhofsmissionen und für die Arbeit in unserer Gemeinde.

Es folgt der Hinweis auf die Ausgangsregelungen

Und nun wünsche ich uns allen einen gesegneten Gottesdienst.

 

Liedvortrag EG 501,1.3.4 „Wie lieblich ist der Maien“

1) Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottesgüt, des sich die Menschen freuen, weil alles grünt und blüht. Die Tier sieht man jetzt springen Mit Lust auf grüner Weid, die Vöglein hört man singen, die loben Gott mit Freud.

3) Herr, lass die Sonne blicken ins finstre Herze mein, damit sich's möge schicken, fröhlich im Geist zu sein, die größte Lust zu haben allein an deinem Wort, das mich im Kreuz kann laben und weist des Himmels Pfort.

4) Mein Arbeit hilf vollbringen zu Lob dem Namen dein und lass mir wohl gelingen, im Geist fruchtbar zu sein; die Blümlein lass aufgehen von Tugend mancherlei, damit ich mög bestehen und nicht verwerflich sei.

 

Gebet nach Psalm 118 im Wechsel (H. Oosterhuis)

Dank sei Ihm, Er ist gut. Er ist ein Freund fürs Leben.

               Ich war verzweifelt, ich rief du da, und er gab Antwort.

Ich atmete wie nie zuvor, mir war nicht bang mehr, vor keinem.

               Besser sich bergen bei Ihm, als zu vertrauen auf Menschen.

Besser zu hoffen auf ihn, als zu vertrauen auf Macht.

               Öffne die Türen für mich, ich, der ich so hart geschlagen,

               will danksagen, dass ich noch lebe, will nicht tot sein, werde leben.

Der Stein, den kein Maurer konnte brauchen, wurde Eckstein.

So ist es geschehen von Gott her – begreifen werde ich das nie.

               Das ist der Tag, der musste kommen. Festtag, sonnenübergossen,

               Tag von Befreiung und Aufstehen, Tag voll Singen und Dank.

 

Gesang: Down to the River to pray

 

Textlesung Apostelgeschichte 2,1-21 (Predigttext)

„Bleibt beieinander und verlasst Jerusalem nicht. Wartet, bis mein Geist euch berühren und erfüllen wird.“ So hatte Jesus zu seinen Jüngern gesprochen, bevor er vor ihren Augen verschwunden war. Und so sitzen sie nun Tag für Tag beieinander und warten, was wohl geschehen möge.

Wir lesen in der Apostelgeschichte des Lukas im 2. Kapitel:

1 Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle beieinander an einem Ort. 2 Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Sturm und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. 3 Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt und wie von Feuer, und setzten sich auf einen jeden von ihnen, 4 und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen zu reden eingab. 5 Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. 6 Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde verstört, denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. 7 Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, Galiläer? 8 Wie hören wir sie denn ein jeder in seiner Muttersprache? 9 Parther und Meder und Elamiter und die da wohnen in Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, Pontus und der Provinz Asia, 10 Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen und Römer, die bei uns wohnen, 11 Juden und Proselyten, Kreter und Araber: Wir hören sie in unsern Sprachen die großen Taten Gottes verkünden. 12 Sie entsetzten sich aber alle und waren ratlos und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden? 13 Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll süßen Weins.

14 Da trat Petrus auf mit den Elf, erhob seine Stimme und redete zu ihnen: Ihr Juden, und alle, die ihr in Jerusalem wohnt, das sei euch kundgetan, vernehmt meine Worte! 15 Denn diese sind nicht betrunken, wie ihr meint, ist es doch erst die dritte Stunde des Tages; 16 sondern das ist's, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist (Joel 3,1-5): 17 »Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben; 18 und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen. 19 Und ich will Wunder tun oben am Himmel und Zeichen unten auf Erden, Blut und Feuer und Rauchdampf; 20 die Sonne soll in Finsternis verwandelt werden und der Mond in Blut, ehe der große und herrliche Tag des Herrn kommt. 21 Und es soll geschehen: Wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll gerettet werden.«

 

Glaubensbekenntnis

 

Liedvortrag EG 134, 1.2.5.7 „Komm, o komm, du Geist des Lebens“

 1) Komm, o komm, du Geist des Lebens, wahrer Gott von Ewigkeit! Deine Kraft sei nicht vergebens, sie erfüll uns jederzeit; so wird Leben, Licht und Schein in dem dunklen Herzen sein.

2) Gib in unser Herz und Sinnen Weisheit, Rat, Verstand und Zucht, dass wir ander's nichts beginnen als nur, was dein Wille sucht; dein Erkenntnis werde groß und mach uns vom Irrtum los.

5) Ist uns auch um Trost wohl bange, ruft das Herz in Traurigkeit: Ach, mein Gott, mein Gott, wie lange? O so wende unser Leid, sprich der Seele tröstlich zu und gib Mut, Geduld und Ruh.

7) Wenn wir endlich sollen sterben, so versichre uns je mehr als des Himmelreiches Erben jener Herrlichkeit und Ehr, die Gott gib durch Jesus Christ und die unaussprechlich ist.

 

Predigt

Alle an einem Ort
Da sitzen sie beisammen. Einträchtig beieinander im ersten Stock eines Hauses in einer kleinen Gasse in Jerusalem.
So, wie sie es in den vergangenen Tagen eigentlich immer tun, seit ER nicht mehr unter ihnen ist.

Auf den ersten Blick sind sie eine verschworene Gemeinschaft.
Der vertraute Ort gibt ihnen Sicherheit.
Doch wenn man genauer in ihre Gesichter schaut, ist da noch mehr zu sehen:

Verzagte Augen und Münder, gerunzelte Stirnen, hinter denen sich die Sorge vor der Zukunft eingenistet hat.

Nichts ist mehr, wie es war, trotz des vertrauten Ortes.
Weil ER nicht mehr da ist.
Bei IHM hatten sie sicher gefühlt, hatten mit Neugier und Vorfreude an die Zukunft gedacht.
Wusste ER doch immer, wo es lang ging und worauf es ankam.
Doch jetzt?
„Bleibt beieinander und verlasst Jerusalem nicht. Wartet, bis mein Geist euch berühren und erfüllen wird.“

Wartet!
Aber wie lange?
Und überhaupt: Was soll das heißen?
Wartet, bis mein Geist euch berühren und erfüllen wird?

So fragend sitzen sie da, eingeschlossen in ihr Obergeschoss.
Doch dann:

Ein Geräusch durchbricht die angespannte Stille.
Wie das Rauschen eines Wasserfalls.
Oder doch eher wie ein kräftiger Herbststurm?

Ein Sturm, der durch ihre Köpfe und Herzen rauscht.
Ein Sturm, der ihre müden Beine in Bewegung setzt und ihnen die schweren Zungen löst.

Tür auf.
Treppe runter.
Und raus auf die Straße.

Mitten rein ins Getümmel der vielen Pilger aus aller Herren Länder, die nach Jerusalem gekommen sind, um das Wochenfest zu feiern, 50 Tage nach Pessach.

 …Es erschienen ihnen Zungen, zerteilt und wie von Feuer, und setzten sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen zu reden eingab.

ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, Galiläer? Wie hören wir sie denn ein jeder in seiner Muttersprache?…

Wir hören sie in unsern Sprachen die großen Taten Gottes verkünden. Sie entsetzten sich aber alle und waren ratlos und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden? Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll süßen Weins.

So schildert Lukas das Pfingstwunder in seiner Apostelgeschichte.
Das gemeinsame „Rausgehen“ der Jünger Jesu, die sich bis eben noch „an einem Ort“ eingeigelt hatten.
 

Das „Verkündigen der großen Taten Gottes“ aus den Mündern galiläischer Männer, die bislang kaum die Zähne auseinander bekommen haben.

Kein Fachchinesisch.
Kein abgehobenes Intellektuellengehabe.
Einfach , verständlich, authentisch.
Worte, die direkt ins Herz gehen.
„Muttersprache“.

So gehen sie hinaus.
Um die Hoffnung zu teilen, die sie beseelt.
In Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde, wie es Lukas formuliert.

Von dem einen vertrauten Ort hinaus die große, weite Welt.
Startschuss.
Geburtstag der Kirche.

Menschen und Orte

Vertraute Orte sind wichtig.
Heimat bedeutet: hier fühle ich mich sicher. Geborgen und verstanden.
Hier kann ich sein, wer und wie ich bin.
Das gilt auch für Kirchengebäude.
Und die Gottesdienste, die wir in ihnen feiern.

Als wir in der „Corona-Pause“ Andachten in in unserer Kirche aufgezeichnet und anschließend auf unserer Gemeinde-Webseite veröffentlicht haben, sagte jemand zu mir:

 „Wie schön war es, wieder den vertrauten Klang unserer Kirche und auch Deine vertraute Stimme zu hören.“

Wie verunsichernd und anstrengend wäre es dagegen, wenn wir jeden Sonntag die Form unseres Gottesdienstes quasi neu erfinden würden?

Niemand wüsste, was ihn oder sie erwartet.

Rituale, Lieder und Liturgien können Vertrautheit schaffen, Geborgenheit ausstrahlen, Identität stiften.
Wie ein heimatlicher Ort.
Wie … „Muttersprache“.

Sie können aber auch Barrieren aufrichten.
Ab- und ausgrenzen.

 - Menschen, denen unsere „Muttersprache“ des Glaubens nicht vertraut ist:

•           weil sie nicht in ihr aufgewachsen sind

•           weil sie einem anderen Kultur- oder Glaubenshintergrund entstammen

•           weil diese „Sprache“ mit ihren Worten, Liedern und Ritualen nicht an ihre Lebenswelt anzuknüpfen vermag

 

Wir hören sie jeder in seiner Muttersprache…

Der Pfingstgeist hat dagegen genau solch ein Anknüpfen möglich gemacht:

ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, Galiläer?   Wie hören wir sie denn ein jeder in seiner Muttersprache?…

Wir hören sie in unsern Sprachen die großen Taten Gottes verkünden.

 •           Aus den maulfaulen, ängstlichen und oft unverständigen Jüngern sind „verstehbare“ Prediger mit Feuer und Leidenschaft geworden!

•           Ihre Sprache schlägt die Brücke zur Lebenswelt der Menschen, die sie erleben.

•           Ihre Botschaft von den „großartigen Taten Gottes“ betrifft sie, wird relevant für ihr eigenes Leben.

Der Geist, der feurig und brausend über die Jünger gekommen ist, trennt nicht, er verbindet.
Er richtet keine Grenzen auf, sondern überwindet sie.
Aber, und das ist mindestens ebenso wichtig:

Während die einen sich direkt in ihrer „Muttersprache“ angesprochen fühlen, machen die anderen sich lustig:

Sie sind voll süßen Weins.

 

Der Geist, der da an Pfingsten losbraust, ist also keiner, der zwingt oder gar bezwingt.

Der Pfingstgeist weht, wo er will, aber er überwältigt nicht.

 

Die großen Taten Gottes verkündigen

Er macht aus Schülern ihres Rabbis selbst Lehrer.
Aus der gefühlten „one-man-show“ eine zunehmend breite Bewegung.

 

„Die Verkündigung der großen Taten Gottes“ ist nach biblischem Zeugnis nie an Priester oder Funktionäre geknüpft, sondern stets an den Geist, der weht, wo er will.
Alle, die sich vom Geist Gottes berührt fühlen, sind zur Verkündigung berufen!
Das ist gemeint, wenn wir vom „Priestertum aller Gläubigen“ sprechen.

Umso betrüblicher ist es, dass die ohnehin nicht sehr ausgeprägten Beteiligungsmöglichkeiten der Gemeinde im sonntäglichen Gottesdienst aktuell noch reduzierter sind.

Insofern auch an dieser Stelle noch einmal der herzliche Dank an alle, die bislang unserem notgedrungen stillen Gesang Sprache und Melodie verleihen.

Und die Ermutigung, zu gegebener Zeit miteinander darüber ins Gespräch zu kommen:

Ob und wie wir für unsere Gottesdienste nicht neue, „einfachere“ Formate mit mehr Möglichkeiten zur Beteiligung entwickeln könnten!

„Hauptsache kein Kirchendeutsch“

 Als ich als junger Entsendungspfarrer meinen allerersten Konfirmandenkurs übernahm, fragte ich die Gruppe nach ihren Erwartungen an den Unterricht:

Die erste Antwort, kam wie aus der Pistole geschossen und begleitet mich seitdem ermunternd wie mahnend:

„Hauptsache kein Kirchendeutsch“!!!

„Konfer“ nach Pfingstmaßstäben, wenn man so will.

Was wir über unseren Glauben, was wir über die großen Taten Gottes zu sagen haben, muss „muttersprachentauglich“ sein - oder es taugt nichts!

Das wurde uns als Kirche zur Geburt an Pfingsten ins Stammbuch geschrieben wurde.
Und blieb und bleibt doch so oft in Formeln und Formen verbogen und verborgen.

Eine, wenn nicht die Herausforderung an Kirche in der Gegenwart (und da steckt schon das Wort „heraus“ drin!) lautet:

Unsere Botschaft muss „muttersprachentauglich“ sein.

Damit mindestens von unserer Seite keine unnötigen Barrieren, keine fremden oder gar toten Formeln und Formen ein Gespräch unnötig erschweren oder gar unmöglich machen.

 „Hauptsache, kein Kirchendeutsch“.

Geh aus…

Auch dann nicht, wenn es uns zur vertrauten und lieb gewordenen „Binnensprache“ geworden sein sollte.

So wichtig es ist, in Kirche und Gemeinde, vertraute Orte zu haben, weil sie uns ein Heimatgefühl geben.
Sie sind Orte auf Zeit.
Orte, um innezuhalten.
Orte, um uns zu vergewissern und aufzutanken.
Orte, um uns, wenn möglich, neu begeistern zu lassen.

Aber immer Orte, von denen unser Weg wieder hinaus führt in die Welt.
Ins eigentliche, ins wirkliche Leben.

Paul Gerhardt wusste schon, warum er nicht „Kehr ein“, sondern „Geh aus, mein Herz“ gedichtet hat.
Raus!
Nach draußen!
Mit dem nötigen Abstand, aber im Wissen, wes Geistes Kinder wir sein wollen.

Im 1. Petrusbrief heißt es

Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist.

In „Muttersprache“!

Amen.

 

Gesang: You raise me up

 

Fürbittgebet mit Gebetsstille
Gott des Himmels und der Erden.
Komm, mit deinem heiligen Geist, und berühre uns neu!
Viele sind in Unruhe.
Komm mit deiner Weisheit.
Viele sind verunsichert.
Komm mit deiner Klarheit.
Die Mächtigen sind uneins.
Komm mit deinem Rat.
Die Kranken sehnen sich nach Heil.
Komm mit deiner Stärke.
Die Wissenschaftler und Forscherinnen mühen sich.
Komm und schenke ihnen Erkenntnis.
Die Traurigen verlieren den Mut.
Komm mit deinem Trost.

Deine Gemeinde sehnt sich danach,
gemeinsam zu singen und dich zu loben.
Schenke uns Geduld und langen Atem.

Das erbitten wir auch für unsere Konfis und ihre Familien. Sei du ihnen nahe.

Berühre uns alle immer wieder neu und hilf uns zu erkennen, wo und wie du uns brauchst.
Brich mit uns zusammen auf.
Geht mit uns hinaus ins Weite.
Schenke uns klare Sicht auf die Dinge und klare Worte für unsere Mitmenschen und deine Welt.
Mach in uns deinem Geiste Raum, dass wir dir gute Bäume werden und feste Wurzeln treiben.
In der Stille sagen wir dir, was wir ganz persönlich auf dem Herzen tragen

Gebetsstille

 

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Liedvortrag EG 503,1.2.13.14 „Geh aus, mein Herz“

1) Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben; schau an der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben, sich ausgeschmücket haben. 

2) Die Bäume stehen voller Laub, das Erdreich decket seinen Staub mit einem grünen Kleide; Narzissus und die Tulipan, die ziehen sich viel schöner an als Salomonis Seide, als Salomonis Seide.

13) Hilf mir und segne meinen Geist mit Segen, der vom Himmel fleußt, dass ich dir stetig blühe; gib, dass der Sommer deiner Gnad in meiner Seele früh und spat viel Glaubensfrüchte ziehe, viel Glaubensfrüchte ziehe.

14) Mach in mir deinem Geiste Raum, dass ich dir werd ein guter Baum, und lass mich Wurzel treiben. Verleihe, dass zu deinem Ruhm ich deines Gartens schöne Blum und Pflanze möge bleiben, und Pflanze möge bleiben.

 

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden. Amen.
 

Gesang: Healing River

 

Gottesdienst zum Sonntag Exaudi, 24. Mai 2020
Photo:
Den Gottesdienst von Vikar Daniel Koppehl zum Sonntag Exaudi, 24. Mai 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Votum

Liturg: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Gemeinde: Amen.
Liturg: Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn,
Gemeinde: der Himmel und Erde gemacht hat.
Liturg: Friede sei mit euch.
Gemeinde: Friede sei mit Dir.

Begrüßung

Mit diesen Zeilen begrüße ich Sie herzlich zu diesem Gottesdienst am Sonntag Exaudi.

Hör, Freundin, das Krächzen der Krähen,
ich habe den Siebenschwarm aufgeweckt
am Waldrand, vor dem ersten Läuten
grüßt dich ihr Lärmen im Feld.
Das ist unser Lied vom Wiedersehen,
vom – hörst du? – höheren Zweck,
vom Teilen und Mehren der Freuden,
für die wir einander beigesellt.

Exaudi, das heißt: Erhöre. Der Sonntag ist benannt nach dem Wochenpsalm 27. Im siebten Vers heißt es: „Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe.“

Die Aufforderung des Beters ist liebevoll, wie die an die Freundin in dem Gedicht. Der Beter wendet sich an den, der ihn in böser Zeit beschützt. Die Aufforderung ist durchdrungen von Zuversicht. Gott wird hören. Können wir denn zuversichtlich sein in dieser Zeit?

Als vor zwei Wochen wir das erste Mal wieder gemeinsam Gottesdienst gefeiert haben, da habe ich das gespürt. Diese Erleichterung. Es war eine einfache, keine ausgelassene Freude. So hab‘ ich es wahrgenommen. Es war einfach schön, Sie wiederzusehen. Dass wir wieder Gottesdienst feiern ist ein Zeichen. Ein Zeichen, dass böse Zeiten zu Ende gehen. Dieser Gottesdienst wird von Zuversicht handeln; von der Zuversicht, dass jede böse Zeit ein Ende haben wird. Denn Gott hat uns seinen neuen Bund verheißen.

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Lektüre dieses Gottesdienstes.

 

Lied: EG 440, 1-4

1) All Morgen ist ganz frisch und neu
des Herren Gnad und große Treu;
sie hat kein End den langen Tag,
drauf jeder sich verlassen mag.

2) O Gott, du schöner Morgenstern,
gib uns, was wir von dir begehrn:
Zünd deine Lichter in uns an,
laß uns an Gnad kein Mangel han.
 
3) Treib aus, o Licht, all Finsternis,
behüt uns, Herr, vor Ärgernis,
vor Blindheit und vor aller Schand
und reich uns Tag und Nacht dein Hand,
 
4) zu wandeln als am lichten Tag,
damit, was immer sich zutrag,
wir stehn im Glauben bis ans End
und bleiben von dir ungetrennt.

Psalm 27

Der Herr ist mein Licht und mein Heil;
vor wem sollte ich mich fürchten?

Der Herr ist meines Lebens Kraft;
vor wem sollte mir grauen?

Eines bitte ich vom Herrn, das hätte ich gerne:
dass ich im Hause des Herrn bleiben könne mein Leben lang,

zu schauen die schönen Gottesdienste des Herrn
und seinen Tempel zu betrachten.

Denn er deckt mich in seiner Hütte zur bösen Zeit,
er birgt mich im Schutz seines Zeltes
und erhöht mich auf einen Felsen.

Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe;
sei mir gnädig und erhöre mich!

Mein Herz hält dir vor dein Wort:
»Ihr sollt mein Antlitz suchen.«
Darum suche ich auch, Herr, dein Antlitz.

Verbirg dein Antlitz nicht vor mir,
verstoße nicht im Zorn deinen Knecht!

Denn du bist meine Hilfe; verlass mich nicht
und tu die Hand nicht von mir ab, du Gott, mein Heil!

Denn mein Vater und meine Mutter verlassen mich,
aber der Herr nimmt mich auf.

Ich glaube aber doch, dass ich sehen werde
die Güte des Herrn im Lande der Lebendigen.

Harre des Herrn!
Sei getrost und unverzagt und harre des Herrn!

 

Lied: +114 (Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt)

1) Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt, damit ich lebe.
Ich lobe meinen Gott, der mir die Fesseln löst, damit ich frei bin.

Kehrvers: Ehre sei Gott auf der Erde in allen Straßen und Häusern,
die Menschen werden singen, bis das Lied zum Himmel steigt:
Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Frieden auf Erden
 
2) Ich lobe meinen Gott, der mir den neuen Weg weist, damit ich handle.
Ich lobe meinen Gott, der mir mein Schweigen bricht, damit ich rede:
Ehre sei Gott…
 
3) Ich lobe meinen Gott, der meine Tränen trocknet, dass ich lache.
Ich lobe meinen Gott, der meine Angst vertreibt damit ich atme.
Ehre sei Gott…

Lesung:

Die Lesung für den heutigen Sonntag steht im Jeremiabuch im 31. Kapitel, die Verse 31 bis 34. Die Israeliten sind in einer schlimmen Krise. Die Babylonier haben sie besiegt, den Tempel zerstört und einen Teil der Bevölkerung nach Babylonien deportiert. Diese Krise, die babylonische Gefangenschaft, ist zum Symbol geworden. Sie steht für die Situation der Gottesferne. In dieser Situation der Gefangenschaft gibt der Prophet neue Zuversicht.

„Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, mein Bund, den sie gebrochen haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der HERR; sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz auf ihr Herz schreiben und in ihr Sinn geben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.. Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: »Erkenne den HERRN«, denn sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.“

Mit Worten Dietrich Bonhoeffers bekennen wir:

Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.

Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandkraft geben will, wie wir brauchen.
Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns
selbst, sondern allein auf ihn verlassen.
In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft
überwunden sein.
Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind, und dass es Gott nicht schwerer ist mit ihnen fertig zu werden, als mit unseren vermeintlichen Guttaten.
Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.

 

Lied: EG 36, 8-11

8) Wer sich fühlt beschwert im Herzen,
wer empfind't seine Sünd
und Gewissensschmerzen,
sei getrost: hier wird gefunden,
der in Eil machet heil
die vergift'ten Wunden.

9) Die ihr arm seid und elende,
kommt herbei, füllet frei
eures Glaubens Hände.
Hier sind alle guten Gaben
und das Gold, da ihr sollt
euer Herz mit laben.
10) Süßes Heil, laß dich umfangen,
laß mich dir, meine Zier,
unverrückt anhangen.
Du bist meines Lebens Leben;
nun kann ich mich durch dich
wohl zufrieden geben.
 
11) Ich bin rein um deinetwillen:
Du gibst g'nug Ehr und Schmuck,
mich darein zu hüllen.
Ich will dich ins Herze schließen,
o mein Ruhm! Edle Blum,
laß dich recht genießen.

 

Predigt

Liebe Gemeinde,

I

Wir wissen jetzt: Ein ganzes Volk kann in Isolationshaft genommen werden. Gefangen im eigenen Haus; so fühlte es sich manchmal an in den vergangenen zwei Monaten. Zur „Isolationshaft“ gehörte eine weitreichende Kontaktsperre. Kontaktsperre, das ist eigentlich ein Wort aus dem Recht. Es meint die Unterbrechung jedweder Verbindung eines Straf- oder Untersuchungsgefangenen mit anderen Gefangenen und der Außenwelt.

Die Kontaktsperre war nötig geworden, damit wir uns nicht gegenseitig anstecken.
Wie geht es uns damit: Potentiell krank zu sein und behandelt zu werden wie Verbrecher?
Ende April titelte die Bildzeitung, dass ein Pärchen 400 Euro Strafe für ein Eisessen bezahlte.
Auch jetzt noch sollen wir uns ja nicht zu nahe kommen.
Wer weiß, welche Folgen es haben wird, unserem Bedürfnis nach Nähe nicht in gewohnter Weise nachkommen zu können.
Je länger die Krise dauert und je mehr wieder möglich wird, desto stärker wird die Frage nach dem Warum.
Warum wurden wir mit diesen Gegenmaßnahmen einschließlich Kontaktsperre und Distanzgebot konfrontiert?
Warum hat man uns die Verbindung mit der Außenwelt genommen?
Es ist die Frage nach Sinn, die viele Menschen umtreibt. Das zeigt auch die aktuelle Hochkonjunktur von Verschwörungstheorien.
Welchen Sinn hat ein solcher Einbruch in unser Leben? 

Die Bundesverheißung bei Jeremia geschieht in einer Krisenzeit. Der Grund für diese Krise ist der Bruch des Alten Bundes:

Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, mein Bund, den ihr gebrochen habt, ob ich gleich euer Herr war, spricht der Herr.

II

Ich nehme das einmal ganz wörtlich: „Es kommt die Zeit“. 

Ein Ende ist in Sicht aber noch nicht da. Ich muss noch warten. Immerhin gibt mir das Gelegenheit mit mir selbst ins Gespräch zu gehen. Gott hat uns einen Geist gegeben, damit wir die Geister voneinander unterscheiden. Zeit für ein Selbstgespräch:

Kann das sein? Ist die Corona-Pandemie so etwas wie eine Strafe, weil wir den Bund mit Gott gebrochen haben? Bin ich gerade tatsächlich der Straf- oder Untersuchungsgefangene Gottes?

Ich kenne einige, die haben ihr Leben in den letzten zwei Monaten sehr genossen. Sie haben viel Zeit und sind sowieso kontaktscheu: „Endlich mal eine Krise, deren Anforderungen ich sehr leicht ertragen kann.“ Sagen sie. Eine Strafe für das gesamte Volk ist die Corona-Krise schon einmal nicht.

Vielmehr rühren die Überlegungen zur Strafe von dem Begriff Kontaktsperre her. Nicht Gott will mir einreden, Corona sei eine Strafe. Ein Teil der Öffentlichkeit und der Medien tut dies. Dabei ist die Gefahr, die von an Covid-19 Erkrankten ausgeht nicht vergleichbar mit der Gefahr, die von Verbrechern ausgeht. Das wird beiden nicht gerecht. Verbrecherinnen sind in der Regel nicht ansteckend und von Kranken geht in der Regel nicht die Gefahr aus, dass sie eine Straftat verüben.

Also: nicht krank und schuldig. Aber das hat noch nicht die Frage beantwortet, warum diese Krise über uns eingebrochen ist.  

Was ist das eigentlich für ein Bund, von dem Jeremia spricht?

Den alten Bund hat Gott mit Israel geschlossen, als er sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen. Nach den biblischen Zeugnissen war Israel schwer versklavt und ausgebeutet in Ägypten. Sie waren in äußerster Not und unterdrückt. Sie wurden gerettet. Und dieses rettende Handeln ist der Alte Bund. Ohne Vorrausetzung. Aus freier Gnade hat Gott sie gerettet.

Solch rettendes Handeln kenne ich auch aus meiner Biographie. Ganz früh schon, als ich noch nicht schwimmen konnte, geriet ich in tiefes Wasser. Ein Glück hats mein Vater bemerkt und mich rausgezogen. Einfach so war er da, kam mir zu Hilfe, weil er mich liebte. Oder auf der Reise nach Iona, einer kleinen Insel in Westschottland, wo ich nach dem Abitur für zwei Monate hinfuhr: Ich hatte mein gesamtes Gepäck in ein Abteil eines Zugteils verstaut. Unglücklicherweise wurde dieser Zugteil an einer Station entkoppelt und fuhr ganz woanders hin.  Ich stand dann in der Küstenstadt Oban ohne Gepäck. Doch ein netter Bahnhofsvorsteher sorgte dafür, dass das Gepäck mit dem kommenden Zug eintraf. Er machte keine weiteren Umstände. Einfach so bekam ich auf einmal alles zurück, was ich verloren hatte. Ich kann mich noch an eine ganze Reihe anderer solcher Rettungen erinnern.

Und oft ging die Rettung einher mit einem ganzen Kanon von Verhaltensweisen, die ich mir vornahm. Von ganz logisch klingenden, wie: „In Zukunft versuchst Du ordentlicher zu leben.“ Bis hin zu Verhaltensweisen, die wie nach einem Gelübde klingen: „Von nun an, will ich versuchen, zu allen Menschen gut zu sein!“ „Von nun an versuche ich, zuverlässig zu sein.“ Auch mehr an Gott oder überhaupt an ihn zu glauben, gehörte zu diesen Verhaltensweisen.

So anders ist das im Alten Testament nicht. Die Israeliten hatten auch ihren Kanon an Verhaltensweisen, die Tora: Natürlich kann man nicht meine kleinen Vorsätze mit der Tora vergleichen. Aber die Abfolge ist die gleiche: Auf die Rettung folgt der Verhaltenskanon.

Und habe ich meine Vorsätze immer eingehalten? Nein. Genauso wenig wie die Israeliten die Gebote in der Bibel.

III

Das Verhalten, den direkten Kontakte zu minimieren, ist immer noch das Gebot der Stunde. Und es ist ein hartes Gebot. Aber ich denke, auch heute noch ist es als ein Akt der Nächstenliebe verständlich.

Dieses Gebot war aber nie eine Kontaktsperre. Denn Kontakt können wir auf ganz verschiedene Weise aufnehmen. Und manchmal ist der direkte Kontakt gar nicht der intensivste.

Das ZEIT Magazin hat im März Briefe von Menschen veröffentlicht, die an ihre Eltern oder Großeltern geschrieben haben.   

Warum nicht versuchen, die eigene Vergangenheit etwas aufzuarbeiten und alte gebrochene Verbindungen neu zu knüpfen?

Indem diese Zeit mir dies ermöglicht, hätte sie auch ihr Gutes. Das ist vielleicht noch keine Rettung aber ein Anfang, wenn ich mit mir und mit den Menschen um mich herum neu in Verbindung käme. Gott lässt aus allen, auch aus den Bösesten, Gutes entstehen.

„Liebe Mama, - so schreibt die freie Journalistin Emilia Smechowski in einem dieser Briefe, die das ZEIT Magazin sammelte - es fällt mir erst jetzt auf: Ich habe Dir noch nie einen Brief geschrieben. Kein Wunder. Wir haben oft und viel gestritten, und böse Worte formuliert man lieber mündlich. Mein Leben lang habe ich versucht, die Dinge anders zu machen als Du. Manchmal, weil ich von meinem Tun überzeugt war. Manchmal nur, um Dir zu zeigen: Ich bin nicht wie Du. Nun sitze ich hier und ahne, dieser Brief, den ich Dir schreibe, wird voller Bewunderung sein. Und auch voller Angst.“

Einen neuen Bund will sie mit ihrer Mutter eingehen, indem sie auch die eigenen Fehler sieht und mit sich selbst ehrlich ist:

Sie fährt fort: „Du hattest immer Angst um andere, und kaum um Dich selbst. „‘Was für Unsinn‘ – oft haben wir, Deine Töchter, gelacht über Deine kleinen Fehler im Deutschen. Diesmal fand ich nichts Lustiges daran. Am liebsten hätte ich Dich daran erinnert, dass Du Anästhesistin bist und keine Virologin. Dass Du Dich irrst. Dass ich an Deinen letzten Husten denken muss, der so hartnäckig war und dann zur Lungenentzündung wurde. Dass Du alt bist, verdammt! Ich schwieg, weil ich Dich insgeheim bewunderte. Für Deinen Mut, Deine Bedingungslosigkeit.

[…] In meiner Rolle als immer widersprechende Tochter, die gern die ganz großen Worte wählte, habe ich vergessen, Dir etwas sehr Einfaches zu sagen, Mama: wie großartig ich finde, was Du erreicht hast im Leben.“

Wie wird eine Mutter einen solchen Brief aufnehmen? Vielleicht kommt Gottes neuer Bund ja wie ein Brief, mit der schönen Verheißung des Wiedersehens am Ende:

„Deine Enkelin fragte neulich, wann wir uns alle wiedersehen. Sie will von Dir lernen, wie man richtig Hände wäscht. Bis bald, hoffentlich.“

IV    

Liebe Gemeinde,

Das Ende dieser Corona-Zwischenzeit ist nicht gleichbedeutend mit Gottes Neuen Bund. Sowenig, wie sein Anfang seinen Grund darin hatte, dass wir einen Alten Bund aufgekündigt hätten. In der Bibel steht nicht, warum wir von Krisen heimgesucht werden. Die Suche nach dem Sinn ist den Verschwörungstheoretikern überlassen, denen wir hoffentlich keinen Glauben schenken. In der Bibel steht aber, wie Menschen mit Krisen umgehen. Vor allem aber, dass die eigentliche Krise des Menschen seine Gottesferne betrifft. Und die kann auch den treffen, dem es den äußeren Umständen gemäß gut geht.

Aber diese Krise der Gottesferne endet. Für jeden. Das verheißt uns der heutige Predigttext:                                

Das soll der Bund sein, den ich […] schließen will nach dieser Zeit.  Ich will mein Gesetz auf ihr Herz schreiben und in ihr Sinn geben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein. Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den anderen lehren und sagen: „Erkenne den Herrn“, denn sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, spricht der Herr; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.

Nicht wir Menschen bestimmen über das Ende der Zwischenzeit. Sie endet, wenn Gott eingreift. Und Gott greift ein, indem er uns auf unser Herz schreibt, was zu tun ist.

Gottes Bund ist wie ein Brief. Aber kein Brief den wir lesen können. Wir handeln nur nach diesem Brief. Wenn Gott auf unser Herz schreibt, gelingt unser Tun.

Wenn Gott auf unser Herz schreibt, dann entstehen neue Verbindungen und bestehende Verbindungen aufs Neue. Gott schreibt auf uns, wie auf einen Briefbogen und sendet uns zu unseren Mitmenschen, damit wir ihnen eine Freude machen. Gott will das unser Tun gelingt, dass wir miteinander die Freude teilen und mehren, für die wir einander beigesellt.

Gott macht uns zu den Briefen seines Neuen Bundes, wenn er kommt! 

So wie der Apostel Paulus in einem Brief schreibt:

Ein Brief Christi [seid ihr], geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln der Herzen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

 

Lied: EG 295, 1-4

1) Wohl denen, die da wandeln
vor Gott in Heiligkeit,
nach seinem Worte handeln
und leben allezeit;
die recht von Herzen suchen Gott
und seine Zeugniss' halten,
sind stets bei  ihm in Gnad.

2) Von Herzensgrund ich spreche:
dir sei Dank allezeit,
weil du mich lehrst die Rechte
deiner Gerechtigkeit.
Die Gnad auch ferner mir gewähr;
ich will dein Rechte halten,
verlaß mich nimmermehr.

3) Mein Herz hängt treu und feste
an dem, was dein Wort lehrt.
Herr, tu bei mir das Beste,
sonst ich zuschanden werd.
Wenn du mich leitest, treuer Gott,
so kann ich richtig laufen
den Weg deiner Gebot.

4) Dein Wort, Herr, nicht vergehet,
es bleibet ewiglich,
so weit der Himmel gehet,
der stets beweget sich;
dein Wahrheit bleibt zu aller Zeit
gleichwie der Grund der Erden,
durch deine Hand bereit'.

 

Fürbittengebet

Barmherziger Gott,
Dein Wort vergeht nicht und deine Wahrheit bleibt allezeit.
Wir bitten Dich, erneuere Du uns, damit wir das Rechte tun.
Wir bitten Dich für die Menschen in der Gemeinde,
lass sie zueinander finden und Freude teilen und mehren.
Wir bitten dich für die Verantwortlichen in der Kirche,
dass sie das Gemeindeleben in dieser Zeit verantwortlich gestalten und die Glaubenden nicht alleine lassen.
Wir rufen zu Dir: Erhöre meine Stimme, wenn ich rufe;

 

Himmlischer Herr,
Du bist uns manchmal so fern.
Lass uns erkennen, dass Dein Gericht Gnade ist.
Wir bitten Dich für die Mächtigen dieser Welt,
dass sie nicht auf sich schauen,
sondern ihr Handeln am Wohl der Armen und Schwachen ausrichten.
Richte jeden Zynismus
verwandle ihn in echtes Einverständnis eigener Hilflosigkeit,
damit Raum entsteht für verantwortungsvolle Zusammenarbeit.
Wir rufen zu Dir: Erhöre meine Stimme, wenn ich rufe;

 

 

Geist, Du tröstende Kraft,
Komm herab.
Erfülle die Herzen Deiner Gläubigen mit neuer Zuversicht.
Komm zu den Einsamen.
Berühre Sie. Gib ihnen den Mut neue Verbindungen
auf neuen Wegen einzugehen.
Komm zu den Kranken
mit Deiner heilsamen Kraft.
Lass sie spüren, dass Du da bist.
Komm zu den Sterbenden.
Spende Trost in Leid und Tod.
Wir rufen zu Dir: Erhöre meine Stimme, wenn ich rufe;


Und all das, was uns auf dem Herzen liegt und unausgesprochen geblieben ist, legen wir in das Gebet Jesu

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Lied: + 94, 1-3

Lobe den Herrn, meine Seele, und seinen heiligen Namen.
Was er dir Gutes getan hat, Seele, vergiss es nicht, Amen.
Lobe, lobe den Herrn, lobe den Herrn, meine Seele!

1) Der meine Sünden vergeben hat, der mich von Krankheit gesund gemacht,
2) Der mich von Tode errettet hat, der mich behütet bei Tag und Nacht
3) Der Erd und Himmel zusammenhält, unter sein göttliches Jawort stellt,
den will ich preisen mit Psalmen und Weisen, von Herzen ihm ewiglich singen:

 

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir
und sei dir gnädig
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich
und gebe dir Frieden
Amen

 

Himmelfahrt, Gottesdienst in der Kirche Zur Heimat vom Donnerstag, 21. Mai 2020
Photo: Ilka Erkelenz
Den Gottesdienst von Pfarrer Claas Ehrhardt zum Donnerstag, 21. Mai 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Sologesang mit Orgel: How Great Thou Art

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn…
…der Himmel und Erde gemacht hat.
Friede sei mit euch.
Friede sei mit dir.

Begrüßung und Abkündigungen

Herzlich willkommen! Zum Gottesdienst am Himmelfahrtstag.

Hier in der Kirche zur Heimat. Und genauso zu Hause, wenn Sie die Aufzeichnung dieses Gottesdienstes hörend oder lesend mitfeiern.

„Was steht ihr da und seht zum Himmel?“ - so fragten die Engel nach dem Bericht des Lukas die zurückgebliebenen Jünger nach der Himmelfahrt Jesu.

Und stellen damit zugleich eine zweite Frage unausgesprochen mit:

„Wem und was gilt unser Blick als Gemeinde Christi? Wovon und von wem wollen wir unsere Blicke, unsere Sichtweisen leiten lassen?

Vielleicht schließt sich davon etwas auf in diesem Gottesdienst.

Herzlichen Dank an Kathy und Ronald Bird, die uns durch ihren Gesang und ihr Orgelspiel diesen Gottesdienst bereichern.

Und nun wünsche ich uns allen einen gesegneten Gottesdienst.

Liedvortrag „Die güldene Sonne“

1. Die güldene Sonne bringt Leben und Wonne, die Finsternis weicht. Der Morgen sich zeiget, die Röte aufsteiget, der Monde verbleicht.

2. Nun wollen wir loben den Höchsten dort oben, dass er uns die Nacht hat wollen behüten vor Schrecken und Wüten der höllischen Macht.

4. Es sei ihm gegeben mein Leben und Streben, mein Gehen und Stehn. Er gebe mir Gaben zu meinem Vorhaben, lass richtig mich gehen.

5. In meinem Studieren wird er mich wohl führen und bleiben bei mir, wird schärfen die Sinnen zu meinem Beginnen und öffnen die Tür.

 

Gebet nach Psalm 27 im Wechsel (F.K. Barth)

Gott behütet uns und hilft uns; vor wem sollten wir uns fürchten?

               Gott gibt uns Kraft und Mut; wovor sollten wir Angst haben?

Wenn etwas auf zu uns kommt, drohend und gefährlich, dann verlieren wir nicht den Mut.

               Wenn wir meinen, wir schaffen es nicht, dann denken wir daran, dass Gott uns hilft.

Herr, sei du immer bei uns, dann sind wir nicht allein. Alle werden uns einmal verlassen, auch Mutter und Vater, aber bei dir sind wir zu Hause.

               Zeige uns den Weg, den wir gehen sollen,

lass uns erkennen, was gut ist für uns und für andere,

               damit wir alle uns am Leben freuen können. Amen.

 

Sologesang mit Orgel: Simple Song aus Mass von Leonard Bernstein (1918-1990)

 

Textlesung Joh 17,20-26 (Predigttext)

Die Stunde des Abschieds ist nahe, Jesus bereitet seine Jünger auf seinen Fortgang vor.

Der Evangelist Johannes überliefert uns das sogenannte hohepriesterliche Gebet Jesu. Wir hören aus dem 17. Kapitel die Verse 20 bis 26.

20 Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden,

21 dass sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.

22 Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, auf dass sie eins seien, wie wir eins sind,

23 ich in ihnen und du in mir, auf dass sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst.

24 Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast; denn du hast mich geliebt, ehe die Welt gegründet war.

25 Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht; ich aber kenne dich, und diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast.

26 Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen.

 

Apostolisches Glaubensbekenntnis

 

Liedvortrag „Strahlen brechen viele“

1. Strahlen brechen viele aus einem Licht. Unser Licht heißt Christus. Stahlen brechen viele aus einem Licht – und wir sind eins durch ihn.

2. Zweige wachsen viele aus einem Stamm. Unser Stamm heißt Christus. Zweige wachsen viele aus einem Stamm – und wir sind eins durch ihn.

3. Glieder sind es viele, doch nur ein Leib. Wir sind Glieder Christi. Glieder sind es viele, doch nur ein Leib – und wir sind eins durch ihn.

4. Gaben gibt es viele, Liebe vereint. Liebe schenkt uns Christus.
Gaben gibt es viele, Liebe vereint – und wir sind eins durch ihn.

5. Dienste leben viele aus einem Geist, Geist von Jesus Christus.
Dienste leben viele aus einem Geist – und wir sind eins durch ihn.

 

Predigt

 „Dass alle eins seien?!

In meiner früheren Nachbarschaft lebten Mutter und Tochter gleich nebeneinander.
Das war praktisch. Die Oma konnte auf die Enkelin aufpassen.
Und die Tochter konnte Einkäufe für die Mutter mit erledigen, wenn es drauf ankam.

Vor allem aber konnten die beiden jeden Tag gemeinsam mit ihren Hunden Gassi gehen.
Wenn ich die beiden von ferne sah, blieb ich schon neugierig stehen und fragte mich.
Wie weit würde ihr Partnerlook heute wohl gehen?

Denn Mutter und Tochter traten eigentlich immer im Partnerlook auf:
Gleiche Hutform - und sie trugen beide immer Hut -
ein sehr ähnlicher Kleidungstil bis hin zur Auswahl des Brillengestells, und natürlich dieselbe Hunderasse:
Zwergpudel!

Die nicht zu übersehende Botschaft sollte offenkundig lauten:
„Wir gehören zusammen, wir sind eine Einheit.
wir sind… eins?“

Dass sie für diese Marotte von manchen belächelt wurden, haben sie nicht bemerkt oder es war ihnen egal.
Warum auch nicht?
Es tat niemanden weh.
Und:
Wir leben schließlich in einem freien Land.

Wer weiß, was es den beiden Frauen bedeutete, sich auf diese Weise ihrer Zugehörigkeit, ihres „Eins-Seins“ zu versichern.

Und überhaupt:

Ist Gemeinschaftssinn, Teamgeist, Zusammengehörigkeitsgefühl oder wie man es auch immer ausdrücken mag, nicht ein wichtiges, ja zentrales menschliches Gut?

Gerade in diesen krisengeprägten Zeiten konnten und können wir in unserer Gesellschaft und auch in unserer Gemeinde erfahren, wie wichtig es ist, wenn Menschen „zusammenrücken“ und zusammen halten.

Und danach gefragt, was denn bitte die Corona-Krise überdauern möge, nennen viele genau das:
den Zusammenhalt untereinander.

Allerdings wissen wir auch, dass eine Gemeinschaft, die zusammenhält wie „ein Mann“ oder natürlich wie „eine Frau“ auch über das gut gemeinte Ziel hinausschießen und ins Negative abgleiten kann:

•   wenn z.B. aus dem nachbarschaftlichen Kümmern das blockwartartige Aufschreiben auswärtiger KFZ-Zeichen wird, wie zu Beginn der Kontaktbeschränkungen vielerorts geschehen.

•   wenn der Zusammenhalt innerhalb einer Gruppe dazu führt, andere auszugrenzen oder ihnen gar die gleiche Wertigkeit abzusprechen: „Wir gegen die“.

•   wenn scheinbar oder angeblich „Gleiches“ undifferenziert über einen Kamm geschoren wird.
Ohne sich die Mühe zu machen, genauer hinzuschauen („der“ Islam, „die“ Kirche...)

Ein Blick in die Geschichtsbücher reicht, um zu erkennen:

Wo Individualität und Vielfalt der Idee einer größeren Einheit geopfert werden, verkehrt sich auch das beste Anliegen früher oder später ins Gegenteil

•   andererseits gilt aber auch: Einigkeit macht stark.

•   Sie ermöglicht Entwicklung und Teilhabe, sie ist nicht selten erst Voraussetzung für gesellschaftliche Gestaltungs - und Veränderungsmöglichkeit:

siehe:

•   Tarifverhandlungen / Arbeitskämpfe

•   „Fridays for Future“

Wie also können wir wünschenswerte Vielfalt und notwendige Einigkeit unter einen Hut bekommen (es muss ja nicht das an einen Topf erinnernde Modell von eingangs erwähnter Mutter und Tochter sein…?

Ein gutes Beispiel dafür sind meines Erachtens unsere Kirchentage.
Bunt und vielfältig.
Mit dem sprichwörtlichen „Markt der Möglichkeiten“ als Abbild einer pluralistischen, vielfältigen Kirche.
Eine Pluralität, die kritische Stimmen freilich auch immer wieder die Frage nach dem „Profil“ der Kirche stellen lassen.

Doch trotz oder auch wegen ihrer Pluralität und Streitkultur waren und sind Kirchentage oft Impulsgeber für Kirche und Gesellschaft.
So wie es auch der 3. ökumenische Kirchentag in Frankfurt / Main sein will, der im Mai 2021 hoffentlich so stattfinden kann, wie man sich einen Kirchentag vorstellt.
In einem fruchtbaren Spannungsverhältnis von Vielfalt und Einigkeit.
Sein Motto „
Schaut hin“ impliziert schon die Fragen, die auf jedem Kirchentag in den Bibelarbeiten und Podiumsdiskussionen bewegt werden:

•   Worauf beziehen wir uns in unserem Tun und Lassen?

•   Auf wen beziehen wir uns in unserem Tun und Lassen?

•    Wofür bzw. für wen erheben wir unsere Stimme?

 Fragen, die auch in unserem Predigttext am heutigen Himmelfahrtstag mitschwingen.

Himmelfahrt und der Text

Auch wenn es kein klassischer Himmelfahrtstext ist, den uns Frau Liss gelesen hat.
Keine Wolke, in der Jesus vor den Augen der verdutzten Jünger verschwindet.

Die Situation im sog. hohepriesterlichen Gebet Jesu ist auf den ersten Blick eine ganz andere:

Er betet im Kreis seiner Jünger vor seiner Gefangennahme
Er betet vor ihnen und für sie:
Für Petrus... den Polterkopf und Leugner
Für Thomas, den Zwilling, den Zweifler mit den zwei Gesichtern
Für Jakobus und Johannes, die er „Donnersöhne“ nannte, weil sie gerne auf Krawall gebürstet waren

Für seinen Lieblingsjünger, der als einziger der Männer unter dem Kreuz ausharren sollte,
und für all die anderen seiner bunten „Jüngerschar“, mit der er bis hierher unterwegs ist:

20 Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden,

21 damit sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.

22 Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie wir eins sind,

23 ich in ihnen und du in mir, damit sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst.

24 Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast; denn du hast mich geliebt, ehe der Grund der Welt gelegt war.

25 Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht; ich aber kenne dich und diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast.

26 Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen.

Ein Himmelfahrtstext?

Sicher nicht auf den ersten Blick.
Und irgendwie doch:

Jesus ist noch hier, aber schon nicht mehr da.

Zwischen Weltverbundenheit und „Erhöhung“, gegenwärtig bei seinen Jüngern und gedanklich schon bei denen, die nach ihnen kommen werden.

Und es ist in seiner sprachlichen Dichte ein „typischer“ Johannes:

In seinem Gebet zeichnet Jesus ein Beziehungsgeflecht:

•   setzt Gott, seinen Vater,

•   sich selbst, den Sohn,

•   seine Jünger und - die Welt

•   in einen wechselseitigen Beziehungszusammenhang.

Vertikal und horizontal ! (+):

•   Gott sendet seinen Sohn in die Welt: damit der ihn „verherrliche“ (= Gewicht gebe).

•   Das tut er, indem der seiner Liebe, seiner Treue und Gerechtigkeit ein Gesicht gibt, Hände und Füße („das Wort wurde Fleisch“).

•   Und der Vater „verherrlicht“ den Sohn („ gibt ihm Gewicht,) indem der sein Wirken bestätigt (durch seine Auferweckung = Erhöhung).

•   Die Jünger wiederum haben Anteil an der „Herrlichkeit“ Jesu, weil sie zu ihm gehören. Und geben ihm „Gewicht“ durch ihr Wirken in der Welt.

•   Damit das gelingen kann, bittet Jesus seinen Vater darum, dass „alle eins“ sein.

•   Weil nur so „ die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast“.

als Kurzformel zusammengefasst:

„Die Jünger, und die, die nach ihnen kommen werden, sollen „eins“ sein. Weil nur ihre Einigkeit „der Welt“ die Sendung Jesu glaubwürdig machen kann“.

Gemeint ist also nicht nur die „bunte Jüngerschar“, die sich nach dem Weggang Jesu fragt, „Wie geht es weiter?“,

Sondern alle, die versuchen, in der Nachfolge Jesu zu leben - also auch: WIR!

Die große Glaubens-„Gemeinschaft der Heiligen“ über  Zeiten und Konfessionen hinweg:

Sie möge eins sein.

Nicht als Selbstzweck nach dem Motto „Piep, piep, piep, wir ham uns alle lieb“.

Sondern um die Botschaft Jesu für diese Welt immer wieder neu glaub-würdig zu machen!

Damit sie alle eins seien?

Aber, kriegen wir das zusammen?

Die Bitte Jesu, dass wir alle „eins“ seien und die Pluralität, in der wir es gewohnt sind, in Gesellschaft und auch Kirche unterwegs zu sein?

Schon innerhalb unserer Gemeinde und noch mehr unseres Pfarrsprengels leben und erleben wir doch eine große Vielfalt an Themen, Interessen und Schwerpunkten.

Die einen lieben die klassischen Gesangbuchchoräle, andere bevorzugen modernes Liedgut, wieder anderen ist das soziale Engagement viel wichtiger als der sonntägliche Gottesdienst.

Der eine Kollege singt die Liturgie, die andere Kollegin verzichtet am liebsten ganz drauf.

Die einen reparieren kostenlos Räder, die anderen geben Essen bei „Laib & Seele“ aus.

Die Liste ließe sich noch eine ganze Weile fortsetzen.

Wie viel Pluralität darf also sein, ohne dass wir nicht mehr als „eins“ erkennbar sind?

Ich persönlich freue mich über die vielfältigen und bunten Formen unseres Kircheseins.

Ich bin überzeugt, dass schon eine Gemeinde in Kreuzberg oder Marzahn andere Antworten auf die Herausforderungen in ihrem Kiez suchen und finden muss, als in Spandau oder Zehlendorf.

Geschweige denn in Brandenburg oder der Oberlausitz.  (Das gilt erst Recht für die Weite der Ökumene).

Entscheidend ist aber, dass wir uns an je unserem Ort bewusst sind und bleiben, dass Kirche und Gemeinden nicht um ihrer selbst willen existieren.

Sondern um Anteil an der Sendung Jesu in diese Welt haben!

Um seiner „Sache“ Gesicht und „Gewicht“ zu geben wie es die zweite These der Barmer Theologischen Erklärung formuliert:

 „Wie Jesus Christus Gottes Zuspruch der Vergebung aller unserer Sünden ist, so und mit gleichem Ernst ist er auch Gottes kräftiger Anspruch auf unser ganzes Leben;

durch ihn widerfährt uns frohe Befreiung aus den gottlosen Bindungen dieser Welt zu freiem, dankbarem Dienst an seinen Geschöpfen.“

„Damit sie alle eins seien“ - ließe sich dann ja vielleicht so übersetzen:

„Seid einig in dem, worauf es ankommt“.

 

„Seid einig in dem, worauf es ankommt“

„Seid einig in dem, worauf es ankommt“;

nicht in dem Sinne, dass es keine Meinungsverschiedenheiten, keine regionalen und konfessionellen Spielarten, keine besonderen Schwerpunkte und Ausprägungen unter uns geben dürfe.

Schließlich wachsen viele Zweige aus einem Stamm...

Erst Recht müssen wir nicht alle die gleichen Hüte tragen und die gleichen Hunde Gassi führen, (wir müssen nicht einmal alle Hunde mögen...)

aber wir sollten uns einig darin sein, dass wir immer wieder miteinander durchzubuchstabieren haben:

•   „in wessen Geist wir als Gemeinde zusammenkommen und auch wieder auseinander in die „Welt“ gehen“,

•   wen und was wir in unserem Tun und Lassen nicht aus dem Blick verlieren dürfen und

•   wer oder was unserer Aufmerksamkeit, Zuwendung, Nähe bedarf

•   für wen oder was wir zur rechten Zeit unsere Stimme zu erheben haben.

Oder mit Martin Niemöller gemeinsam danach zu fragen: „Was würde Jesus dazu sagen?“

Gemeinsam als seine Gemeinde.

Unterwegs durch die Zeit an je unserem Ort.

In all unserer Vielfalt.

Mit den Polterern und Zweiflern, den Stillen und Beredten, den Theoretikern und Praktikern.

Mit Petrus und Petra, Thomas und Beate, Johannes und Waltraut und wie wir auch alle heißen.

Einig in dem, worauf es ankommt.

Damit unsere Liebe ein glaubwürdiges Zeichen für die Welt sei.

Amen.

 

Liedvortrag „Wir sind eins in dem Herren“ 

Wir sind eins in dem Herren, wir sind eins in dem Geist. :I
Und wir bitten um Einheit, wie sie Christus uns verheißt.
Ref.: Unsre Liebe sei Zeichen für die Welt, für die Welt, unsre Liebe sei Zeichen für die Welt.

Wir gehören zusammen, eine Weg woll’n wir gehen :I
Und wir sagen es weiter: Gottes Reich ist im Entstehn. Ref.

Wir stehn ein füreinander und für Menschen in Not :I
Auch für Würde und Freiheit, die durch Menschen sind bedroht. Ref.

Lob und Preis sei dem Vater, der geschaffen, was ist. Lob und Preis seinem Sohne, unserm Helfer, Jesu Christ. Lob und Preis sei dem Geiste, der das Band der Einheit ist. Ref.

Fürbittgebet mit Gebetsstille

Gott, wir danken dir, dass du uns in Jesus nahe kommst und uns hineinnimmst in deine Geschichte mit deinem Volk.

Du berufst uns zu freien Menschen und traust uns zu, deinem Wort, deiner Gerechtigkeit, deiner Liebe und Vergebung „Gewicht“ zu geben in deiner Welt.

Als deine Gemeinde führst du uns zusammen und verbindest uns in unserer Vielfalt über Unterschiede hinweg.

Ermutige du alle, die deinem Wort vertrauen, aus diesem Wort zu leben:

Dass wir uns stark machen für Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung und einen langen Atem zu haben.

Dass wir unsere Stimmen erheben, wo Menschen ausgegrenzt und diskreditiert werden.

Hilf uns als Kirchen und Gemeinden in all unserer Vielfalt einig zu sein, in dem, worauf es ankommt.

Dass unser Tun und Lassen, unser Reden und Schweigen glaubwürdig sind.

Hilf uns, denen zur Seite zu stehen, die unserer Hilfe und Aufmerksamkeit bedürfen.

Wir bitten dich für das Zusammenleben und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.

Um das not-wendige Miteinander in dieser Krisenzeit.

Um Vertrauen und Respekt.

Um Solidarität und Geduld.

Wir bitten für alle, denen Sorgen das Leben schwer machen, um ihren Arbeitsplatz, um ihre Familien, um eine ungewisse Zukunft.

Wir bitten für alle, die unter Krankheit leiden. Stell ihnen Menschen zur Seite, die sie begleiten, pflegen und wenn möglich, heilen können.

Wir bitten für alle, die vom Tod betroffen sind.

Stärke sie, und stärke uns mit dem Vertrauen, dass unsere Zeit in deinen Händen steht, auch über unser irdisches Leben hinaus.

In der Stille sagen wir, was wir ganz persönlich auf dem Herzen tragen...

Gemeinsam beten wir:

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

 

Liedvortrag „Wo Menschen sich vergessen“

Wo Menschen sich vergessen, die Wege verlassen, und neu beginnen, ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns, da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns.

Wo Menschen sich verschenken, die Liebe bedenken, und neu beginnen, ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde ...

Wo Mensch sich verbünden, den Hass überwinden, und neu beginnen, ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde ...

 

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich.

Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.

Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden. Amen.

 

Zum Ausgang: Sologesang mit Orgelbegleitung: How Lovely are Thy Dwellings

Von Samuel Liddle (1867-1961).

Basierend auf Psalm 84, 1-3, 10

Andacht Kantate, Sonntag 10. Mai 2020
Photo: Karin von Schmidt
Den Gottesdienst von Pfarrer Claas Ehrhardt zum Sonntag Kantate, Sonntag 10. Mai 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Orgel zum Eingang: Andreas Muntschick (geb. 1928) Du meine Seele, singe

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn…
…der Himmel und Erde gemacht hat.
Friede sei mit euch.
Friede sei mit dir.

Begrüßung und Abkündigungen

 
Wie schön!
Und zugleich: wie befremdlich!
Vertraute Gesichter - hinter Mundschutz.
Der vertraute Kirchraum - auf Abstand getrimmt.
Der vertraute Gottesdienstablauf: dem aktuell Möglichen angepasst.
Befremdlich!
Aber vor allem: schön!
Und Grund zur Dankbarkeit.
Und darum wollen wir lamentieren über das, was nicht möglich ist.
Sondern uns freuen an allem, was wieder möglich ist.

Herzlich willkommen also am Sonntag Kantate.
Dem „Kirchenmusik-Sonntag“.

An dem wir aus purer Vernunft das gemeinschaftliche Singen unterlassen sollen.
An dem aber trotzdem die Orgel erklingen und Gesang zu hören sein wird:
Dank an Frau Daur an der Orgel und an die Familie Lutz, die für uns singen wird.

Ein besonderer Dank heute auch an alle anderen Mitwirkenden, die dazu beitragen, dass wir unter diesen besonderen Bedingungen Gottesdienst feiern können - und das gleich zweimal hintereinander.

Und ein herzlicher Gruß an alle, die diesen Gottesdienst zeitversetzt über das Internet mitfeiern. Wir wissen uns mit Ihnen auch auf diesem Wege verbunden.

(An dieser Stelle folgen Hinweise zu den Hygiene- und Abstandsregelungen in der Kirche)

Und nun wünsche ich uns allen einen gesegneten Gottesdienst!

Liedvortrag „Gott des Himmels und der Erden“ (EG 445)

1. Gott des Himmels und der Erden, Vater, Sohn und Heilger Geist, der es Tag und Nacht lässt werden, Sonn und Mond uns scheinen heißt, dessen starke Hand die Welt und was drinnen ist, erhält:

2. Gott, ich danke dir von Herzen, dass du mich in dieser Nacht vor Gefahr, Angst, Not und Schmerzen hast behütet und bewacht, dass des bösen Feindes List mein nicht mächtig worden ist.

5. Führe mich, o Herr, und leite meinen Gang nach deinem Wort; sei und bleibe du auch heute mein Beschützer und mein Hort.  Nirgends als bei dir allein kann ich recht bewahret sein.

 

Gebet nach Psalm 98 im Wechsel (H. Oosterhuis)

Genug gesungen für ihn. Neue Gesänge genug. Nun will ich ein Wunder.

               Zwei Hände, die Fesseln lösen, zwei Arme um mich hin.

Nun will ich ihn endlich sehen: zwei Arme hin um alle Krieg führenden Völker,

               seine rechte Hand, Wunden heilend, seine Linke austeilend Wasser und Brot.

Plötzlich steht vor den Augen der Menschheit ein rettender Engel, und Herrlichkeit des Neubeginns strahlt von ihm aus -

              Nun erklingen Töne, die nie vorher erklangen, himmlische Harfen, bronzenes Sonnengeläut.

Nun singen die Weltmeere mit, in allen Sprachen erdröhnen die Berge,

               klatschen und flöten die Flüsse, posaunt es der Kosmos einmütig.

Denn morgen wird kommen der Kommende, denn heute ist Er geboren –

               und Recht wird er sprechen, ein Recht, das nicht krumm ist.

Erhöhung aller Erniedrigten, auf Erden Frieden.

 

Liedvortrag „Ich sing dir mein Lied“ (Singt Jubilate Nr. 110)

1. Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben. Die Töne, den Klang hast du mir gegeben von Wachsen und Werden, von Himmel und Erde, du Quelle des Lebens, dir sing ich mein Lied.

2. Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben. Den Rhythmus, den Schwung hast du mir gegeben von deiner Geschichte, in die du uns mitnimmst, du Hüter des Lebens. Dir sing ich mein Lied.

3. Ich sing dir mein Lied, in Ihm klingt mein Leben. Die Tonart, den Takt hast du mir gegeben von Nähe, die heil macht – wir können dich finden, du Wunder des Lebens. Dir sing ich mein Lied.

4. Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben. Die Höhen, die Tiefen hast du mir gegeben. Du hältst uns zusammen trotz Streit und Verletzung, du Freundin des Lebens. Dir sing ich mein Lied.

5. Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben. Die Töne, den Klang hast du mir gegeben von Zeichen der Hoffnung auf steinigen Wegen du Zukunft des Lebens. Dir sing ich mein Lied.

 

Textlesung aus 2. Chronik 5 (Predigttext)

Nach jahrelanger Bauzeit ist er nun fertiggestellt. Der Tempel Gottes in Jerusalem, erbaut unter der Regentschaft des Königs Salomo. Mit einem großen Festgottesdienst begeht „ganz Israel“ seine Einweihung. Wir lesen im 2. Buch der Chronik im 5. Kapitel:

2 Da versammelte Salomo alle Ältesten Israels, alle Häupter der Stämme und die Fürsten der Sippen Israels in Jerusalem, damit sie die Lade des Bundes des Herrn hinaufbrächten aus der Stadt Davids, das ist Zion.

3 Und es versammelten sich beim König alle Männer Israels zum Fest, das im siebenten Monat ist.

4 Und es kamen alle Ältesten Israels, und die Leviten hoben die Lade auf

5 und brachten sie hinauf samt der Stiftshütte und allem heiligen Gerät, das in der Stiftshütte war; es brachten sie hinauf die Priester und Leviten.

6 Aber der König Salomo und die ganze Gemeinde Israel, die bei ihm vor der Lade versammelt war, opferten Schafe und Rinder, so viel, dass es niemand zählen noch berechnen konnte.

7 So brachten die Priester die Lade des Bundes des Herrn an ihre Stätte, in den innersten Raum des Hauses, in das Allerheiligste, unter die Flügel der Cherubim,

8 dass die Cherubim ihre Flügel ausbreiteten über die Stätte der Lade. Und die Cherubim bedeckten die Lade und ihre Stangen von oben her.

9 Die Stangen aber waren so lang, dass man ihre Enden vor dem Allerheiligsten sah, aber von außen sah man sie nicht. Und sie war dort bis auf diesen Tag.

10 Und es war nichts in der Lade außer den zwei Tafeln, die Mose am Horeb hineingelegt hatte, die Tafeln des Bundes, den der Herr mit Israel geschlossen hatte, als sie aus Ägypten zogen.

11 Und die Priester gingen heraus aus dem Heiligtum – denn alle Priester, die sich eingefunden hatten, hatten sich geheiligt, ohne dass man auf die Abteilungen geachtet hätte –,

12 und alle Leviten, die Sänger waren, nämlich Asaf, Heman und Jedutun und ihre Söhne und Brüder, angetan mit feiner Leinwand, standen östlich vom Altar mit Zimbeln, Psaltern und Harfen und bei ihnen hundertzwanzig Priester, die mit Trompeten bliesen.

13 Und es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem Herrn. Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den Herrn lobte: »Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig«, da wurde das Haus erfüllt mit einer Wolke, als das Haus des Herrn,

14 sodass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus Gottes.

 

Liedvortrag „Großer Gott, wir loben dich“ (EG 331)

1. Großer Gott, wir loben dich, Herr, wir preisen deine Stärke. Vor dir neigt die Erde sich und bewundert deine Werke. Wie du warst vor aller Zeit, so bleibst du in Ewigkeit.

2. Alles, was dich preisen kann, Cherubim und Seraphinen, stimmen dir ein Loblied an, alle Engel, die dir dienen, rufen dir stets ohne Ruh: "Heilig, heilig, heilig!" zu.

10. Alle Tage wollen wir dich und deinen Namen preisen und zu allen Zeiten dir Ehre, Lob und Dank erweisen. Rett aus Sünden, rett aus Tod, sei uns gnädig, Herre Gott!

11. Herr, erbarm, erbarme dich.  Lass uns deine Güte schauen; deine Treue zeige sich, wie wir fest auf dich vertrauen. Auf dich hoffen wir allein: lass uns nicht verloren sein.

 

Predigt

 

Endlich!

Endlich ist es soweit.

Zusammen zu kommen, um Gottesdienst zu feiern.

Festlich.

Und mit allem, was dazu gehört:

Trompeten und Harfen, Zimbeln und Saitenspiele und vor allem:

der Gesang unzählbarer Stimmen.

Um Gott zu loben und danken.

 

So war es, als nach jahrelanger Bauzeit der Jerusalemer Tempel unter König Salomo eingeweiht wurde.

Ein Fest-Gottesdienst. Wie könnte es auch anders sein, bei solch einem Anlass!

 

Ein Fest-Gottesdienst hätte es heute auch bei uns werden sollen, hier in der Heimat.

Mit allem, was dazu gehört.

Mit allem, wir an Instrumenten, Musizierenden und Stimmen zusammen bekommen hätten.

So hatten wir es uns eigentlich vorgestellt, für den ersten Gottesdienst nach der corona-bedingten„Schließzeit“.

Einen Gottesdienst mit Pauken und Trompeten.

„Full House“ und anschließend der langvermisste Plausch beim Kirchenkaffee…

 

In Jerusalem hatten sie allein 120 Priester am Start. Dazu „alle Leviten“ und, wie es so schön patriarchalisch heißt, „alle Männer Israels“…

 

Bei uns dürfen heute nur maximal 50 Personen in die Kirche, die Mitwirkenden zum Glück nicht mitgerechnet.

 

Und hätten seinerzeit die selben Abstandsregelungen gegolten, wie aktuell bei uns - es hätten nicht einmal 50 sein dürfen.

Denn der neuerbaute Tempel war vermutlich sogar noch etwas kleiner als unsere Kirche.

Fast genauso lang (und damit kürzer als ein Handball-Feld), dafür schmaler.

 

Doch so muss es regelrechtes Volksfest gewesen sein mit ausgelassener Fröhlichkeit. Nicht umsonst stammt „Kirmes“ von „Kirchmess“, was die Einweihung einer Kirche meinte.

 

Und während wir heute gehalten sind, auf Gesang zu verzichten, war es dort als

„…wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem Herrn.“ (Vers 13)

 

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass wir ausgerechnet am Sonntag Kantate nicht gemeinsam singen können.

Ist doch der gemeinsame Gesang- zumindest gefühlt - eine ganz entscheidende Weise, Gott zu loben und zu danken.

Und damit: Gottesdienst zu feiern.

 

Dank Eurer Unterstützung, liebe Familie Lutz, können wir wenigstens im Kopf und in den Herzen mitsingen.

Und schon die Psalmen wussten, was wir zum Eingang auf der Orgel gehört haben und Paul Gerhardt später dichtete: Auch die Seele kann singen!

 

Ja mehr noch, ohne die Seele wäre all unser Singen, ja, … seelenlos!

 

Also:

Auch wenn wir nicht zu hören sind, ich bin überzeugt, dass es in uns singt!

 

Um Gott zu loben und zu danken.

 

Ihm, der uns allen unseren je eigenen Takt und Tonart, Rhythmus und Schwung, Höhen und Tiefen gegeben hat:

für das Lied, in dem unser Leben klingt.

 

Genau wie den Menschen, die vor fast 3.000 Jahren die Einweihung des ersten Jerusalemer Tempels so lautstark und sangesfreudig gefeiert haben, wie wir es heute eigentlich auch gern tun würden.

 

Damals wie heute sangen und singen Menschen ihrem Gott zur Ehre.

Haben das Bedürfnis, sich an ihm und auf ihn auszurichten.

Erst Recht in Zeiten, in denen sie Orientierung und Wegweisung besonders nötig haben.

 

Und bleibt mein Blick auf den heutigen Predigttext nicht in erster Linie beim offenkundig beeindruckenden Gesang hängen.

Auch nicht bei der großen Menschenmenge, die da zusammen gekommen ist, um zu feiern.

 

Sondern am Herzstück des neuerrichteten Tempels.

Abseits allen fröhlichen Treibens, Feierns und Musizierens:

Dem Allerheiligsten.

Und was befindet sich dort?

 

Die Bundeslade.

Und in ihr die Zehn Gebote.

Mehr nicht!

Und doch alles.

 

In seinen Geboten, in seinem Wort wird Gott „greifbar“.

Gegenwärtig.

Sie stehen für seine Güte, für seine Barmherzigkeit, für seine „Herrlichkeit“, die den Tempel erfüllte. (V.14)

Die im hebräischen Urtext „kabod“ (כבוד) heißt und eigentlich „Gewicht“ bedeutet.

 

In seinem Wort begegnet uns Gottes Herrlichkeit, begegnet uns sein Gewicht.

Sein Gebot ist Kernstück des Allerheiligsten und damit auch des Gottesdienstes.

 

Unabhängig von Musik und Gesang.

 

Unabhängig von Abstandsregelungen und Hygienevorschriften.

 

Und auch - unabhängig von einem bestimmten Ort wie dem Tempel oder unserer Kirche!

Die ganze Welt ist Gottes Tempel!

 

Endlich wieder Gottesdienst?

Wir hatten und haben jederzeit und an jedem Ort, die Möglichkeit, Gottesdienst zu feiern.

Der Apostel Paulus nennt das den „vernünftigen“ Gottesdienst.

Den Gottesdienst im Alltag.

Der darin bestehen kann, jemanden anzurufen, der nicht rauskommt.

Oder für ihn einzukaufen.

Und auch: Abstand zu halten und Verzicht zu üben um des Nächsten Willen, den ich nicht geringer schätzen soll als mich selbst.

 

Gottesdienst im Alltag. Das bedeutet:

 

Nach Gottes Gebot zu fragen in meinem Tun und Lassen. Seiner Herrlichkeit „Gewicht“ zu geben.

In meinem lauten oder leisen Singen.

So sehr ein schöner Gemeindegesang das Herz zu wärmen und zu stärken vermag.

Wichtiger ist es, ob meine Seele (mit)singt, damit mein Lied nicht seelenlos ist.

 

Kantate!

Singet!

 

…dem herrn

der nie eine uniform trägt

der nie eine waffe ergreift

der tote zum leben erweckt

 

singet dem herrn

der nie einem fahnentuch traut

der nie an parolen sich hängt

der feinde als brüder entlarvt

(Kurt Marti)

Ob laut oder leise, das ist egal.

Gott hört das Lied, das wir ihm singen.

Amen.

 

Orgel: Rolf Schweizer (geb. 1936) Das ist ein köstlich Ding, dem Herren danken und lobsingen deinem Namen

 

Fürbittgebet mit Gebetsstille

 

Wie gerne würden wir dir unsere Lieder singen, o Gott,

dankbar und aus voller Kehle. Doch noch müssen wir uns beschränken,

unsere Seelen lautlos singen lassen.

Doch wir sind sicher, du hörst uns.

Aber unser Gebet können wir dir sagen, gemeinsam vor dich treten, das vor dich bringen, was uns bewegt:

Zunächst die Dankbarkeit dafür, dass wir vergleichsweise gut durch die letzten Wochen gekommen sind. Wir wissen, dass das nicht selbstverständlich ist.

Und so bitten wir für all die Menschen, die krank sind oder im Sterben liegen. Und für die Menschen, die anderen dienen in Therapie und Pflege.

So bitten wir für all die Menschen, die sich sorgen um die Seelen der Einsamen, die Verbindungen suchen und Nähe schaffen, wo Trennung herrscht.

So bitten wir für all die Menschen, die in Sorge sind um ihren Lebensunterhalt. Und für die Menschen, die Verantwortung übernehmen für das wirtschaftliche Leben.

In diesen Tagen erinnern wir uns der Befreiung aus der dunkelsten Zeit unserer Geschichte.

Sind dankbar für die lange Friedenszeit, die darauf folgte.

Und wissen, dass auch das nicht selbstverständlich ist.

So bitten wir für alle Menschen, die nach wie vor unter der Last des Krieges leiden.

Denen Gewalt und Verfolgung ihre Würde rauben und ihre Zukunft.

Mach uns im kleinen und alltäglichen zu Werkzeugen deines Friedens.

 

Wir sehnen uns zurück nach einem Leben mit frohen Liedern, offenen Gesichtern und herzlichen Begegnungen, so bitten wir dich: Komm uns entgegen, du unser Gott!

 

So, wie unsere Seelen lautlos singen, bringen wir nun in der Stille vor dich, was uns in dieser Stunde ganz persönlich auf dem Herzen liegt:

 

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

 

Liedvortrag „Freunde, dass der Mandelzweig“ (Das Zeichen)

Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt, ist das nicht in Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?

Dass das Leben nicht verging, so viel Blut auch schreit, achtet dieses nicht gering in der trübsten Zeit. Tausende zerstampft der Krieg, eine Welt vergeht. Doch des Lebens Blütensieg leicht im Winde weht.

Freunde, dass der Mandelzweig sich in Blüten wiegt, bleibe uns ein Fingerzeig wie das Leben siegt.

Text: Schalom Ben Chorin

 

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich.

Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.

Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden. Amen.

 

Orgelnachspiel: Freunde, dass der Mandelzweig

 

Andacht Jubilate, Sonntag 03. Mai 2020
Photo: Jana Lutz
Die Andacht von Prädikantin Dr. Marion Michel-Lipowsky zum Sonntag Jubilate, Sonntag 03. Mai 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Andacht für Sonntag Jubilate am 3. Mai 2020 von Prädikantin Dr. Marion Michel-Lipowsky, Kirchengemeinde Zur Heimat

 

Liebe Gemeinde,

ich begrüße Sie alle ganz herzlich am heutigen Sonntag Jubilate  zu unserer gemeinsamen Andacht und wünsche Ihnen allen: „Friede sei mit Dir.“ Fühlen wir uns miteinander verbunden, auch wenn wir uns heute erneut nicht die Hände schütteln können.

Zu Beginn singen (oder lesen) wir gemeinsam ein Lied, das uns auf die Andacht einstimmen soll:

Lied: EG 455 "Morgenlicht leuchtet" 

1) Morgenlicht leuchtet, rein wie am Anfang.
Frühlied der Amsel, Schöpferlob klingt.
Dank für die Lieder, Dank für den Morgen,
Dank für das Wort, dem beides entspringt.

2) Sanft fallen Tropfen, sonnendurchleuchtet.
So lag auf erstem Gras erster Tau.
Dank für die Spuren Gottes im Garten,
grünende Frische, vollkommnes Blau.

3) Mein ist die Sonne, mein ist der Morgen,
Glanz, der zu mir aus Eden aufbricht!
Dank überschwenglich, Dank Gott am Morgen!
Wiedererschaffen grüßt uns sein Licht!

Lassen Sie uns gemeinsam den Psalm 66, 1-9 beten:

1 Ein Psalmlied, vorzusingen.

Jauchzet Gott, alle Lande! /

2 Lobsinget zur Ehre seines Namens; rühmet ihn herrlich!

3 Sprecht zu Gott: Wie wunderbar sind deine Werke!

Deine Feinde müssen sich beugen vor deiner großen Macht.

4 Alles Land bete dich an und lobsinge dir,

lobsinge deinem Namen. 

5 Kommt her und sehet an die Werke Gottes,

der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern.

6 Er verwandelte das Meer in trockenes Land, / sie gingen zu Fuß durch den Strom;

dort wollen wir uns seiner freuen.

7 Er herrscht mit seiner Gewalt ewiglich, / seine Augen schauen auf die Völker.

Die Abtrünnigen können sich nicht erheben. 

8 Lobet, ihr Völker, unsern Gott,

lasst seinen Ruhm weit erschallen,

9 der unsre Seelen am Leben erhält

und lässt unsere Füße nicht gleiten.

 

Liebe Gemeinde, der heutige Sonntag heißt Jubilate. Jubilate, jubelt, freuet Euch.

Da kann man schon ins Grübeln kommen, wieviel Anlass zum Jubeln wir in diesen Seuchenzeiten eigentlich haben. Wir trauern um Menschen, die an der Krankheit gestorben sind. Wir stöhnen unter der Einschränkung persönlicher Freiheiten und wir sehnen uns danach, liebe Menschen wiederzusehen, von denen wir plötzlich und ungeplant getrennt sind.

Aber es gibt auch Anlass zur Freude. Wir haben als Gesellschaft im Kampf gegen das Virus erste Erfolge erzielt, das ist eine Riesenleistung. Und wir können froh und dankbar sein für die vielen Zeichen der Solidarität, die wir in diesen Tagen erlebt haben. Und nicht zuletzt ist der Frühling wieder da mit seiner ganzen Pracht.

Jubilate, jubelt, wenn auch ein bisschen leiser als sonst.

Diesem Motto wollen wir uns anvertrauen und das folgende Lied singen: 

Lied: EG 440 "All Morgen ist ganz frisch und neu" 

All Morgen ist ganz frisch, und neu
des Herren Gnad und große Treu;
sie hat kein End den langen Tag,
drauf jeder sich verlassen mag.

O Gott, du schöner Morgenstern,
gib uns, was wir von dir begehrn:
Zünd deine Lichter in uns an,
laß uns an Gnad kein Mangel han.

Treib aus, o Licht, all Finsternis,
behüt uns, Herr, vor Ärgernis,
vor Blindheit und vor aller Schand
und reich uns Tag und Nacht dein Hand,

zu wandeln als am lichten Tag,
damit, was immer sich zutrag,
wir stehn im Glauben bis ans End
und bleiben von dir ungetrennt.

 

Lasst uns beten:

Immer wieder erzählt die Bibel davon, dass du, Gott, Menschen einen Neuanfang schenkst.

An Ostern erst haben wir wieder gefeiert, dass durch die Auferweckung deines Sohnes Jesus Christus das neue, ewige Leben in die Welt gekommen ist.

Wir danken dir, dass du uns dieses Geschenk machst.

So bitten wir dich, Gott: begleite uns und öffne unsere Ohren und Herzen, damit wir jeden Tag wieder neu dieses Geschenk annehmen und unser Leben dadurch bereichern lassen.

Wir bitten dich, rüste uns aus mit deiner Kraft und sende uns deinen Geist, der uns leitet.

 

Zum Lesen und Singen jetzt das folgende Lied:

Lied: EG 427 "Solange es Menschen gibt auf Erden" 

Solang es Menschen gibt auf Erden,
solang die Erde Früchte trägt,
solang bist du uns allen Vater;
wir danken dir für das, was lebt.

Solang die Menschen Worte sprechen,
solang dein Wort zum Frieden ruft,
solang hast du uns nicht verlassen.
In Jesu Namen danken wir.

 

Bedenken wir gemeinsam den Schöpfungsbericht aus dem 1. Buch Mose:

1 Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.

2 Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser.

3 Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.

4 Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis

5 und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.

 

Liebe Gemeinde,

mit diesen Worten beschreibt die Bibel im Buch Genesis den Anfang der Welt. Gottes Geist war da vor Beginn aller Zeit und er erschuf das Licht und gab uns mit der Trennung von Licht und Finsternis eine Vorstellung von Morgen und Abend und damit den Begriff der Zeit. So sind diese ersten Worte der Bibel für uns auch eine Erinnerung an Gottes Weisheit.

Am zweiten Tag machte Gott den Himmel, am dritten Tag trennte er Erde und Meer und begann die Erde zu beleben.

Hören wir weiter:

11 Und Gott sprach: Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringe, und fruchtbare Bäume, die ein jeder nach seiner Art Früchte tragen, in denen ihr Same ist auf der Erde. Und es geschah so.

 12 Und die Erde ließ aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringt, ein jedes nach seiner Art, und Bäume, die da Früchte tragen, in denen ihr Same ist, ein jeder nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.

 

Liebe Gemeinde,

am vierten Tag schuf Gott Sonne, Mond und Sterne als Zeichen für die Zeiten, Tage und Jahre.

Am fünften Tag bevölkerte er das Wasser und die Erde mit Fischen, Vögeln, Vieh, Gewürm und Tieren des Feldes.

Heute wissen wir, liebe Gemeinde,

wie sich im Rahmen der Evolution die Welt entwickelt hat. Würden wir heute einen Schöpfungsbericht schreiben, so würden wir andere Worte und Bilder wählen. Aber das ist nicht, worauf es ankommt. Das Entscheidende ist, dass wir glauben, dass Gott in seiner Weisheit am Anfang da war und Himmel und Erde schuf.

Hören wir weiter den Text: 

26 Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht.27 Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. 28 Und Gott segnete Mann und Frau und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan.  31 Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag. 

Gott war mit seiner Schöpfung sehr zufrieden, liebe Gemeinde. Er hat das Gute in seine Schöpfung gelegt. Und mit dem Auftrag „Macht euch die Erde untertan,“ hat er uns auch Verantwortung für seine Erde übertragen. Diese Verantwortung haben wir trotz Krise immer noch. Und es fragt sich, ob wir zum Wohle unserer Erde auf manches, auf das wir jetzt verzichten müssen, in Zukunft nicht verzichten können. Die Krise hat uns in vielen Bereichen einerseits bescheidener andererseits auch erfinderisch, kreativ und kommunikativ gemacht. Ist es nicht erstaunlich, wie sehr man einen Spaziergang genießen kann, obwohl man eigentlich die Südsee gebucht hatte. Was für ein Geschenk, wenn Freunde anrufen, von denen man ewig nichts gehört hat. Und erst die Nachbarn: was da zwischen Homeoffice und Homeschooling, Gartenwissen und Nähkünsten, Kochleidenschaft und neu erworbenen IT- Fähigkeiten alles an verborgenen Talenten sichtbar wird!

Vielleicht gelingt es uns, davon einiges in den Nachcorona-Alltag zu retten zum Wohle unserer Umwelt und unserer Mitmenschen und uns selbst.

Bleibt uns noch der 7. Tag, den wir noch bedenken wollen:

So wurden vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte.

 

Liebe Gemeinde,

mit dem siebten Tag gab uns Gott ein Vorbild. Nach seinem Vorbild können wir am siebten Tag von unserer Arbeit ausruhen. Wir haben Muße durchzuatmen, über Gottes Schöpfung zu staunen und einander wahrzunehmen. Wir können gemeinsam Gottesdienst feiern, Gottes Wort hören und bedenken.

Glücklicherweise dürfen wir das voraussichtlich ab nächsten Sonntag unter Auflagen wieder in unserer Kirche tun und das ist nun wirklich ein Anlass zur Freude.

Womit wir wieder beim Ausgangspunkt dieser Andacht angekommen sind: Jubilate. Jubelt! Am Sonntag Jubilate erinnern wir uns an die erste Schöpfungsgeschichte und haben dabei noch das Licht der Osterkerzen vor Augen und den Auferstehungsruf im Ohr. Und wir hoffen auf den verheißenen neuen Himmel und die neue Erde.

 

Wir singen und lesen gemeinsam das Lied: 

Lied EG 432 "Gott gab uns Atem" 

1. Gott gab uns Atem, damit wir leben.
Er gab uns Augen, dass wir uns sehn.
Gott hat uns diese Erde gegeben,
dass wir auf ihr die Zeit bestehn.

2. Gott gab uns Ohren, damit wir hören.
Er gab uns Worte, dass wir verstehn.
Gott will nicht diese Erde zerstören.
Er schuf sie gut, er schuf sie schön.

3. Gott gab uns Hände, damit wir handeln.
Gott will mit uns die Erde verwandeln.
Wir können neu ins Leben gehn.
Er gab uns Füße, dass wir fest stehn.


Lassen Sie uns Fürbitte halten mit den Worten des Lutherischen Weltbundes in der Corona-Krise:

Gott, unser Heiland, zeige Dein Erbarmen für die ganze Menschheitsfamilie, die gerade in Aufruhr ist und beladen mit Krankheit und Angst.

Komm uns zur Hilfe nun, da sich der Coronavirus auf der ganzen Erde ausbreitet. Heile die, die krank sind, unterstütze und beschütze ihre Familien, Angehörigen und Freunde vor Ansteckung.

Schenk uns deinen Geist der Liebe und Besonnenheit, auf dass wir zusammenwirken, um die Ausbreitung des Virus und seine Wirkungen einzuschränken und zum Erliegen bringen zu können.

Heile unsere Selbstbezogenheit und unsere Gleichgültigkeit, wo wir uns nur dann sorgen, wenn wir selbst vom Virus oder anderem Leid getroffen sind. Eröffne uns Wege, aus unserer Zaghaftigkeit und Furcht hinaus, wenn unsere Nächsten für uns unsichtbar werden.

Stärke und ermutige die, die im Gesundheitswesen, in Praxen und Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und in anderen Bereichen der Medizin arbeiten. Inspiriere die Forschenden, die an Impfstoffen, Medikamenten und der Herstellung medizinischer Ausstattung arbeiten. Gib ihnen Erkenntnisse und Weitblick.

Erhalte die Menschen, deren Arbeit und Einkommen durch Schließungen, Quarantänen, geschlossene Grenzen und andere Einschränkungen bedroht sind. Beschütze alle, die reisen müssen.

Leite die politisch Verantwortlichen, dass sie die Wahrheit sagen und danach handeln. Halte die Ausbreitung von Falschinformation und Gerüchten zurück. Hilf, dass Gerechtigkeit waltet, sodass alle Menschen auf der Erde Heil und Heilung erfahren.

In deinen gnädigen Armen halte alle, die gestorben sind und die in dieser Zeit sterben werden. Tröste ihre Hinterbliebenen, tröste die, die verzweifelt sind.

Alles, was wir auf dem Herzen haben, legen wir in das Gebet, das Jesus uns zu beten gelehrt hat:

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

 

Liebe Gemeinde zur Heimat,

auch wenn es uns zunehmend schwer fällt, Disziplin zu wahren und die Regeln zu beachten, lassen Sie uns wachsam bleiben, um andere und uns selbst zu schützen. Und seien Sie gewiss: Gott ist bei uns und begleitet uns.

Ein letztes Lied zum lesen und mitsingen:

Lied „Möge die Straße uns zusammenführen“ 

1. Möge die Straße uns zusammenführen
sanft falle Regen auf deine Felder
und warm auf dein Gesicht der Sonnenschein.
Refrain: Und bis wir uns wiedersehen,
halte Gott dich fest in seiner Hand.
und der Wind in deinem Rücken sein;

2. Führe die Straße, die du gehst
immer nur zu deinem Ziel bergab;
hab wenn es kühl wird, warme Gedanken
und den vollen Mond in dunkler Nacht.

3. Bis wir uns mal wiedersehen,
hoffe ich, dass Gott dich nicht verlässt;
er halte dich in seinen Händen,
doch drücke seine Faust dich nicht zu fest.

 

Segen

Und bis wir uns wiedersehen halte Gott Dich fest in seiner Hand!

 

Der Herr segne dich und behüte dich.

Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.

Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden.

Amen

 

Andacht Misericordias, Sonntag 26. April 2020
Photo: Jana Lutz
Die Andacht von Vikar Daniel Koppehl zum Sonntag Misericordias, Sonntag 26. April 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

In der Audiofassung ist zum Eingang zu hören: Musik: Karl Zieschang (geb. 1920), Wir wollen alle fröhlich sein.

Nicht versammelt aber in Verbundenheit miteinander:
So begrüße ich Sie, wo auch immer sie sich gerade aufhalten.
Ich lade Sie ein, für eine Weile inne zu halten, zu singen und zu beten.
Ganz herzlich danken möchte ich an dieser Stelle unserer Kirchenmusikerin Katharina Daur, die die Musik eingespielt hat.

Ich beginne diese Andacht
im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Unsere Hilfe erwarten wir von dem Gott, der Himmel und Erde gemacht hat.
Ein Zeichen des Friedens sende ich Ihnen. Geben Sie es doch weiter demjenigen, den Sie als nächstes begegnen: Mit einem freundlichen Wort. Mit einem Lächeln. Mit einem kräftigen Unterarmgruß.
Friede sei mit Dir!

Psalm:

Der zweite Sonntag nach Ostern ist der Hirtensonntag. Der Sonntag, an dem der Psalm 23 im Gottesdienst gebetet wird.

Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.

Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.

Er erquicket meine Seele.

Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück;

denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.

Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.

Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.

Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,

und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.

Amen

 

Lied:

Hören und singen Sie nun das erste Lied „Wir wollen alle fröhlich sein“ im Evangelischen Gesangbuch die Nummer 100, die Strophen 1 bis 3 und 5.

1) Wir wollen alle fröhlich sein
in dieser österlichen Zeit,
denn unser Heil hat Gott bereit'.
Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja.
Gelobt sei Christus, Marien Sohn.

2) Es ist erstanden Jesus Christ,
der an dem Kreuz gestorben ist;
ihm sei Lob, Ehr zu aller Frist
Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja.
Gelobt sei Christus, Marien Sohn.

3) Er hat zerstört der Höllen Pfort,
die Seinen all herausgeführt
und uns erlöst vom ewgen Tod.
Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja.
Gelobt sei Christus, Marien Sohn.

5) Des freu sich alle Christenheit
und lobe die Dreifaltigkeit
von nun an bis in Ewigkeit.
Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja.
Gelobt sei Christus, Marien Sohn.

Evangelium:

Das Evangelium des Hirtensonntags steht im Johannesevangelium im 10. Kapitel.

Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Der Mietling, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht – und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie –, denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe. Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, wie mich mein Vater kennt; und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe. Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.

Predigt:

Was hat es mit der Osterfreude auf sich? Wir freuen uns der Auferstehung des Herrn. Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden!

Ehrlich? Ich nehme für einen Moment die Außenperspektive ein: Ihr freut euch an der Auferstehung? Daran das ein Toter wieder lebendig wird? Und selbst wenn das wahr wäre, was hat dieses Ereignis mit euch zu tun, dass doch schon so ewig lange her ist?

Ich möchte heute auf diese Frage eine ganz persönliche Antwort geben. Klar, Sie könnten zurückfragen, was hat diese Antwort dann mit mir zu tun? Mir ist es aber in dieser Frage

wichtig, für mich zu sprechen. Sie können ja dann sehen, ob Sie diese Frage ähnlich oder anders beantworten.

Zunächst muss ich sagen, dass mir dieses Ostern gar nicht so sehr nach Lachen zu Mute war. Ich gebe zu, ich habe sogar einige Tränen vergossen, als ich am Ostersonntag in der Humboldthainkirche „zur inneren Einkehr“ saß. – Ich wohne am Gesundbrunnen. Das war uns ja noch erlaubt.

Ich musste darüber nachdenken, was ich alles vermisse. Wie stellt sich für gewöhnlich die Osterfreude bei mir ein? Durch den Gang zum Grab, durch die Gemeinschaft und die Lieder. Der Glaube an die Auferstehung fiel mir dabei nicht als erstes ein.

Von daher ist es dieses Jahr doch ein ehrliches Ostern. Es wirft die Frage auf, an was wir da eigentlich glauben: Sind all die christlichen Inhalte nur der Liturgie wegen da; also nur deshalb, damit die Gemeinschaft, die zusammenkommt, einen formalen Grund hat, zueinander zu kommen; die christlichen Inhalte wären dann die Spielregeln für die christliche Gemeinde mit all ihren positiven Satzungen, sich gegenseitig zu unterstützen und füreinander einzustehen.

Was hat die Auferstehung mit mir zu tun?

Die Antwort auf diese Frage höre ich heute mit dem ersten Satz des Evangeliums für diesen Sonntag: „Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ Eigentlich kommt es mir heute nur auf ein einziges kleines Wörtchen an: „für“.  Das Wörtchen „für“ zeigt an, dass Gott nicht einfach da ist und ich an ihn glauben kann oder auch nicht. Im Wörtchen „für“ kommt zum Ausdruck, dass jemand gemeint ist. „Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ Man kann sich an dem etwas paternalistischen Bild stören. Mir gefällt es, weil mir sofort die grünen Auen vor Augen stehen und das frische Wasser und auch das finstere Tal, wo der gute Hirte nicht von meiner Seite weicht. Und mit seinem Stecken und Stab treibt er mich nicht etwa durch dieses Tal. Und auch sorgt er nicht etwa mit Schlägen und Puffen dafür, dass ich auf dem Weg bleibe, sondern er tröstet mich damit.

Aber im Grunde könnte es auch ein anderes Bild sein. Es gibt davon einige in der Bibel: Jesus gibt sich als Lösegeld „für“ die Vielen. Oder: Nimm hin, es ist dein Leib, der „für“ euch gegeben ist und dein Blut, das „für“ euch vergossen wird, zur Vergebung der Sünden.

Dieses Wörtchen „für“ bedeutet, dass Gott in mein Leben eingreift, insofern ich mich angesprochen fühle in den „Schafen“, den „Vielen“, im „Euch“ der Einsetzungsworte. Gott wirkt bis auf den heutigen Tag. Und er tut es, in dem er sich „für mich“ hingibt. Gott will mir Gutes: Der Evangelist Johannes formuliert es so: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“

Aber warum gibt er gleich seinen Sohn? Was ist damit gemeint? Auf welche Weise erwirkt Gott für mich Gutes?

Für mich ist das Kreuz eine entscheidende Hilfe. Immer wieder. Ich blicke auf das Kreuz von Ostern her. Denn es ist deutlich. Wenn ich Anteil habe am Kreuzestod, dann erst recht an der Auferstehung. Das ist das Ziel. Gott bewirkt Auferstehung. Ich soll auferstehen. Nicht nur am jüngsten Tag, sondern auch jetzt schon. Immer wieder. Ich bedarf der Auferstehung aber dann, wenn ich gefallen bin. Dann, wenn ich selbst nicht wieder aufstehen kann. Warum soll mir da das Kreuz eine Hilfe sein?

Ich kenne die Situation, dass ich unzufrieden mit mir selbst bin. Nicht weil ich einfach einen Fehler gemacht habe. Sondern unzufrieden mit einer Charaktereigenschaft von mir, die mich immer wieder ähnliche Fehler machen lässt. Mir wird zum Beispiel gesagt, ich sei zugewandt. Das ist natürlich erst einmal eine positive Eigenschaft. Aber diese meine Zugewandheit lässt mich manchmal zu schnell „ja“ sagen, weil ich mein Gegenüber nicht traurig machen möchte. Und dann halte ich es nicht ein. Euer „ja“ sei ein „ja“ und euer „nein“ ein „nein“. So ist es nicht immer bei mir. Und ich arbeite daran, dass sich das ändert. Und es gelingt mir auch. Doch dann geschieht es wieder. Ich sage „ja“, doch ich halte es nicht ein. Und längst ist daraus eine Schublade geworden. Ich bin unzuverlässig: Eine Schublade, in die ich mich selbst stecke. (Ob andere das tun, weiß ich nicht.) Warum stecke ich mich in diese Schublade? Weil ich mittlerweile eine Geschichte mit mir selbst habe. Jedes nicht eingehaltene „Ja“ passt zu dieser Schublade. Ich habe keine Chance diesem meinem eigenen Geschichtsbild zu entrinnen. Und habe ich nicht mit jedem nicht eingehaltenen „ja“ ganz real wenigstens für Enttäuschung gesorgt?

Gott liebt seine Kinder, doch ich enttäusche sie. Natürlich kann ich mich entschuldigen und die Dinge wieder geraderücken. Und das ist auch selbstverständlich, dass ich mich darum bemühe. Aber Rückgängigmachen kann ich nichts.

Dafür steht Gott „für“ mich ein. Er vergibt mir. Aber er vergibt mir nicht nur. Er bewirkt Vergebung.

Das ist ein Unterschied: Vergibt er mir „nur“, dann sind nur die Auswirkungen meiner Unzuverlässigkeit getilgt. Ich bleibe dann in meiner Schublade hängen, bleibe der Alte. Doch Gott will, dass ich wirklich neu beginnen kann; immer wieder.

Deshalb nimmt er all mein Altes, all das Leidpotential, was im „Schubladendenken“ an den Pranger gestellt wird, auf sich und erleidet es selbst.

Er nimmt mein vergangenes schuldbeladenes Ich mit ans Kreuz. Das geschieht mit dem törichten Wort vom Kreuz. Bis heute. Solange es dieses Wort gibt.

Der Rapper Thomas D von den Fantastischen 4 hat die Wirklichkeit der Vergebung des Kreuzes in seinem Song „Vergebung, hier ist sie“ einmal in folgende Zeilen gebracht: 

Sieh diese Narben, sieh diese Tränen
Sie diese Arme, die sich nicht wehren
Sieh diese Augen, die Hoffnung teilen
Siehe diese Hände, die offen bleiben
Hör diese Worte in deinen Ohren
Für dich gestorben, für dich geboren
Für dich gelitten, für dich am Leben
Um dich zu bitten, dir zu vergeben
Vergebung, hier ist sie

Gott bittet mich, dass er mir vergeben kann. Der alte, der Unzuverlässige ist gekreuzigt. Das ist für mich mit diesem „für“ gemeint. Jesus hängt stellvertretend für den alten Menschen am Kreuz.

Und deshalb ist die Auferstehung eine Freude. Ein Sieg insbesondere für diejenigen, die an den Schubladen ihres Daseins besonders leiden.

Denn ich glaube mit vielen Christen, dass das Kreuzesgeschehen universal ist. Für alle Menschen ist Christus gestorben. Alle Menschen werden aus ihren Schubladen befreit. Einer, der ungeduldig ist, ist nicht der „Ungeduldige“, sondern ein Mensch, wie Gott ihn kennt. Und eine, die zuweilen egoistisch ist, ist nicht die „Egoistische“, sondern ein Mensch, wie Gott ihn kennt. Und selbst derjenige, der jemanden ermordet hat, ist nicht ein „Mörder“, sondern ein Mensch, wie Gott ihn kennt. Das heißt nicht, dass sie nicht für ihre Taten einstehen müssen, aber: Sie sind etwas anderes als ihre Taten. Und ich habe nicht das Recht, sie in Schubladen zu stecken.

Wer diese Wirklichkeit der Vergebung, dieses Eingreifen Gottes in Kreuz und Auferstehung erlebt, für den ist die Freude der unbeschreibliche Jubel des Neuanfangs. Die anfangs vergossenen Tränen haben lösende befreiende Wirkung. Sie gehen über in das Osterlachen, das aus dem Körper hinauswill. Es sucht sich ein Gegenüber, mit dem es lachen kann. Ich habe am Ostersonntag zu Mittag am Telefon mit meinen Eltern gelacht nach der Übertragung der katholischen Messe, die bei uns zu Hause immer gehört wurde. Darüber, dass die Katholiken auf alles vorbereitet sind. Erst das Pestkreuz. Und auch die Situation eines leeren Petersdoms zu Ostern war nichts Neues. Im 17. Jahrhundert hatte man das schon einmal. Die Kirche wird mit jeder Situation fertig.

Und so ist die christliche Gemeinschaft von größter Bedeutung. Um das Lachen weiterzutragen, und um sich der Wirklichkeit der Vergebung zu vergewissern und zu erinnern. Auch deshalb feiern wir ja auch jedes Jahr Ostern.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Musik: Der Herr ist mein getreuer Hirt (Wochenlied für den Hirtensonntag, EG 274)

Fürbittengebet:

Barmherziger Gott
Du bist bei uns, wenn wir Täler durchschreiten.
Führe uns und leite unsern Gang durch diese Zeit.
Sei Du bei denen, die sich alleine durchkämpfen.
Sei Du auch bei denen, die krank sind, bei denen die im Sterben liegen.
Gib Du Durchhaltevermögen und Kraft
und tröste mit deinem Wort.
Du auferstandener Herr,
Tritt ein für die, die schuldig geworden sind.
Für die, die gefangen sind in Zuschreibungen, in denen sie sich nicht sehen.
Tritt insbesondere für die älteren Menschen ein, für die einige Politiker eine Sonderbehandlung fordern.
Lass sie nicht vergessen, dass sie Menschen sind und keine „Alten“.
Du bist für uns eingetreten, du kämpfst und siegst für uns.

Gott, Du Geist des Lebens,
Nimm von uns unser sorgenvolles Gemüt.
Gib Du ein freudenvolles Herz, damit wir dieses Geschenk recht genießen können.
Gib uns die Einsicht, dass Du dem Tod die Macht genommen hast.
Aller Kummer ist endlich, drum lasst uns fröhlich sein.
dass Du uns immer wieder aufs Neue schenkst.

Und alles, was uns sonst auf dem Herzen liegt, das nehmen wir auf in das Gebet Jesu:

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

Lied:

„Seid nicht bekümmert“. Hören und Singen Sie dieses Lied aus dem Liederbuch „Durch Hohes und Tiefes“ die Nummer 42. Sie finden es auf der Webseite unserer Gemeinde.

Refrain (wird nach jeder Strophe wiederholt):
Seid nicht bekümmert, seid nicht bekümmert,
denn die Freude am Herrn ist eure Stärke!
Seid nicht bekümmert, seid nicht bekümmert,
denn die Freude am Herrn ist eure Kraft!

1) Jesus, der auferstandene Herr, ist in eurer Mitte.
Jesus, der auferstandene Herr, er ist unter euch.

2) Jesus, der auferstandene Herr, führt euch seine Wege.
Jesus, der auferstandene Herr, geht euch stets voran.

3) Jesus, der auferstandene Herr, sendet seine Engel.
Jesus, der auferstandene Herr, kämpft und siegt in euch.

An dieser Stelle verabschiede ich mich. Es besteht ja begründete Hoffnung, dass wir uns bald auch wieder von Angesicht zu Angesicht sehen. Darauf freue ich mich. Bleiben Sie behütet und seien Sie gesegnet:

Segen:

Der Herr segne Dich und behüte Dich
Er lasse sein Angesicht über Dich
und sei Dir gnädig
Er erhebe sein Angesicht auf Dich
Und gebe Dir Frieden.
Amen.

Musik: Klaviernachspiel „Seid nicht bekümmert“

Andacht Quasimodogeniti, Sonntag 19. April 2020
Photo: Stefan Klonk
Die Andacht von Pfarrer Claas Ehrhardt zum Sonntag Quasimodogeniti, Sonntag 19. April 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

In der Audiofassung ist zum Eingang zu hören: Domenico Zippoli (1688-1726): All'elevazione, gespielt von Herrn Christian Zacker.

Votum und Begrüßung

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Amen.

Unsere Hilfe erwarten wir von dem Herrn,

der Himmel und Erde gemacht hat.

Sein Friede sei mit uns allen.

 

Seien Sie herzlich gegrüßt am 1. Sonntag nach Ostern.

Auch wenn wir in diesem Jahr das Entzünden der neuen Osterkerze nicht gemeinsam erleben konnten.

Sie hat gebrannt.

Hat an Ostern von morgens bis Abends ihr Licht leuchten lassen im Eingang unserer Kirche. Und wird brennen, sobald wir wieder gemeinsam Gottesdienst feiern können.

 

Das Osterlicht ist aber nicht an Kirchenräume gebunden.  

Es scheint überall da scheint, wo Menschen der Botschaft trauen, dass der Tod nicht das letzte Wort über uns behalten wird.

So wie es Wochenspruch aus dem 1. Petrusbrief heißt:

"Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten."

Ostern hat den Grund gelegt für die lebendige Hoffnung, dass Gott an unserer Seite geht und um uns ist wie der Tau, wie Luft und Wind.

Wie es auch im Lied „Dich rühmt der Morgen“ heißt.

Sie finden es zum Mitlesen oder Mitsingen in „Singt Jubilate“ unter der Nummer 184.


1) Dich rühmt der Morgen; leise, verborgen singt die Schöpfung dir, Gott, ihr Lied. Es will erklingen in allen Dingen und in allem, was heut geschieht. Du füllst mit Freude der Erde Weite, gehst zum Geleite an unsrer Seite, bist wie der Tau um uns, wie Luft und Wind. Sonnen erfüllen dir deinen Willen; sie gehn und preisen mit ihren Kreisen der Weisheit Überfluss, aus dem sie sind.

2) Du hast das Leben allen gegeben; gib uns heute dein gutes Wort! So geht dein Segen auf unsern Wegen, bis die Sonne sinkt, mit uns fort. Du bist der Anfang, dem wir vertrauen; du bist das Ende, auf das wir schauen; was immer kommen mag, du bist uns nah. Wir aber gehen von dir gesehen, in dir geborgen durch Nacht und Morgen und singen ewig dir. Halleluja!

Komponist: Giacomo Gastoldi (1556 – 1622) Text Jörg Zink, 1982

Psalmgebet

Lassen Sie uns beten mit Worten, die Psalm 116 nachempfunden sind:
Auf einmal war Nacht um mich.
Ich bekam große Angst.
Die Dunkelheit schluckt alles, auch die vertrauten Bilder meines Glaubens.
Bis meine Augen sich gewöhnten:
dann ahnte ich Umrisse, ich tastete weiter,
fand mich langsam zurecht.
Ich spürte:
Du brauchst dich nicht zu fürchten.
So habe ich mein Leben gefunden, nehme auf mich,
was vor mir liegt.
Denn in allem, was überstanden werden muss,
wird es Glauben geben.

Lied „Auf, auf, mein Herz, mit Freuden“ 1.2.6

Sie finden es zum Mitlesen oder Mitsingen im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 112.

1) Auf, auf, mein Herz, mit Freuden nimm wahr, was heut geschieht;
Mein Heiland war gelegt da, wo man uns hinträgt, 
wenn von uns unser Geist  gen Himmel ist gereist.
wie kommt nach großem Leiden  nun ein so großes Licht! 

2) Er war ins Grab gesenket, der Feind trieb groß Geschrei; 
eh er‘s vermeint und denket, ist Christus wieder frei
und ruft „Viktoria“, schwingt fröhlich hier und da
sein Fähnlein als ein Held, der Feld und Mut behält.

6) Ich hang und bleib auch hangen an Christus als ein Glied;
wo mein Haupt durch ist gangen, da nimmt er mich auch mit.
Er reißet durch den Tod, durch Welt, durch Sünd, durch Not,
er reißet durch die Höll; ich bin stets sein Gesell.

 

Textlesung aus  Jesaja 40,26-31

Wo ist Gott?

So ferne wie sie ihrer Heimat sind?

Lässt ihr Schicksal ihn kalt?

So fragen die Israeliten im babylonischen Exil, in das sie nach dem verlorenen Krieg geführt wurden.

Wo ist Gott in dieser Krisensituation?

Wir lesen die Antwort seines Propheten. Im Buch Jesaja lesen wir im 40. Kapitel (Zürcher Bibel):

26 Blickt nach oben und seht: Wer hat diese geschaffen? Er, der ihr Heer hervortreten lässt, abgezählt, sie alle ruft er mit Namen herbei. Der Fülle an Kraft wegen, und weil er vor Kraft strotzt, geht kein Einziger verloren.

27 Warum, Jakob, sagst du, und, Israel, warum sprichst du: Mein Weg ist dem HERRN verborgen, und mein Recht entgeht meinem Gott?

28 Hast du es nicht erkannt, hast du es nicht gehört: Ein ewiger Gott ist der HERR, der die Enden der Erde geschaffen hat! Er ermattet nicht und wird nicht müde, seine Einsicht ist unerforschlich.

29 Dem Ermatteten gibt er Kraft, und wo keine Kraft ist, gibt er grosse Stärke.

30 Und junge Männer ermatten und werden müde, Männer straucheln unvermeidlich.

31 Die aber, die auf den HERRN hoffen, empfangen neue Kraft, wie Adlern wachsen ihnen Schwingen, sie laufen und werden nicht müde, sie gehen und ermatten nicht.

Gedanken

Petterson und Findus

Kennen Sie Petterson und Findus? …

Pettersson ist ein etwas schrulliger alter Mann, der allein in einem Häuschen am Rand eines schwedischen Dorfs wohnt.

Sein Grundstück besteht aus einem großen Garten und drei roten Häusern mit weißen Fensterrahmen und Holzdach, so wie man das aus Schweden kennt.

Gewöhnlich trägt Pettersson ein gestreiftes Hemd mit Weste und Hose.

Dazu einen hellbraunen Hut mit Krempe sowie eine Brille mit runden Gläsern; im Winter eine Mütze mit Ohrenklappen und einen Mantel.

Findus ist ein junger, braun getigerter Kater mit grünen Augen, der immer zu Streichen aufgelegt ist.

Findus hat seinen Namen daher, dass Pettersson ihn einst in einer Schachtel mit dem Aufdruck „Findus grüne Erbsen“ bekam.

Gemeinsam erleben die beiden viele Abenteuer.

So wie einmal im tiefen schwedischen Winter:

Als die beiden an einem grauen Nachmittag auf dem Weg nach Hause sind und plötzlich ein schwerer Schneesturm losbricht.

Es stürmt so sehr, dass die beiden die nicht mal mehr die Hand bzw. Pfote vor Augen erkennen können.

Tapfer kämpfen sie sich vorwärts.

Doch ihre Kräfte schwinden, ohne dass sie ihrem Ziel erkennbar näher kommen.

Allmählich macht sich die Einsicht breit: Wir haben uns verlaufen.

Mittlerweile dämmert es bereits und wird rasch dunkler. Mit letzter Kraft bauen sich Petterson und Findus ein Iglu aus Schnee, zünden eine mitgebrachte Lampe an und kauern sich in der Kälte ganz dicht aneinander.

Sie kämpfen gegen das Einschlafen, doch irgendwann erlischt die Lampe und sie verlieren den Kampf gegen die Müdigkeit.

 

„Der Herr weiß nicht, wie es uns geht“

Kennen Sie das?
Wenn man nicht mal mehr auf Sicht fährt?
Wenn man die letzten Kraftreserven braucht, um sich einzuigeln.
Und doch das Gefühl vorherrscht: Es nützt eh alles nicht.

So oder ähnlich müssen sich auch die Menschen gefühlt haben, an die der Prophet Jesaja vor langer Zeit die aufrüttelnden Worte richtete, die ich eben gelesen habe.

Und die er in dem schönen Bildwort bündelt:

Dem Ermatteten gibt er Kraft, und wo keine Kraft ist, gibt er große Stärke.

30 Und junge Männer ermatten und werden müde, Männer straucheln unvermeidlich.

31 Die aber, die auf den HERRN hoffen, empfangen neue Kraft, wie Adlern wachsen ihnen Schwingen, sie laufen und werden nicht müde, sie gehen und ermatten nicht.

Ja, ermattet sind sie, die Israeliten im babylonischen Exil.

Fern der Heimat.

Abgeschnitten vom Tempel Gottes und allem, was ihnen einst Sicherheit und Geborgenheit gab.

Ihre Hoffnungen auf ein baldiges Ende dieses „Abgeschnittenseins“, auf eine rasche Rückkehr in ihr vertrautes Leben, wurden immer wieder enttäuscht.

So ist ihr Blick mit der Zeit immer enger geworden.

Glaube und Hoffnung verkümmern und lassen den Kopf hängen.

Wie eine Blume, die zu lange in der Vase steht.

Dafür wachsen Zweifel und Fragen: 

•    Weiß Gott überhaupt, wie es uns geht?

•    Interessiert er sich für unsere Bedrängnis?“

•    Oder ist er gar nicht hier?

Existentielle Fragen.

Fragen, die Gott quasi auf die Anklagebank setzen.

Wegen „unterlassener Hilfeleistung“.

Tatsächlich wirken die Worte des Propheten Jesaja aus seinem sogenannten „Trostbüchlein“, als wären sie Teil einer fiktiven Gerichtsverhandlung,

Mit Gott als Angeklagtem!

Angeklagt von den Israeliten in ihrer babylonischen Quarantäne.

Verteidigt durch seinen Propheten.

Doch bevor wir uns seinem Plädoyer zuwenden, eine Vorbemerkung zu dieser Szenerie:

Die Anklage ist offenkundig zugelassen!

Sie wird nicht abgewiesen, etwa wegen Majestätsbeleidigung.

Gott lässt sich anklagen. Und befragen!!! 

Anklage und Verteidigung

Weißt du, wie es uns geht?
Interessiert es dich überhaupt?
Wie kannst du, wie kann Gott das zulassen?

Und wie reagiert die Verteidigung?

Auf den ersten Blick scheint es, als ob sie die Anklagevertreter, die ja zugleich die Belastungszeugen sind, klein machen will.

Frei nach dem Motto:

Wisst ihr eigentlich, mit wem ihr euch anlegt?

26 Blickt nach oben und seht: Wer hat diese geschaffen? (Gemeint sind die Sterne.)

Er, der ihr Heer hervortreten lässt, abgezählt, sie alle ruft er mit Namen herbei.

Der Fülle an Kraft wegen, und weil er vor Kraft strotzt, geht kein Einziger verloren.

27 Warum, Jakob, sagst du, und, Israel, warum sprichst du: Mein Weg ist dem HERRN verborgen, und mein Recht entgeht meinem Gott?

28 Hast du es nicht erkannt, hast du es nicht gehört: Ein ewiger Gott ist der HERR, der die Enden der Erde geschaffen hat! Er ermattet nicht und wird nicht müde, seine Einsicht ist unerforschlich.

Ein genialer rhetorischer Schachzug eines gewieften Verteidigers?

Vielleicht aber auch ein seelsorgerliches, ja tröstendes Wachrütteln?

 

In der Audio-Version hören wir an dieser Stelle von der Orgel „Weißt du, wieviel Sternlein stehen“

„Weißt du, wie viel Sternlein stehen an dem blauen Himmelszelt?
Weißt du, wie viele Wolken gehen weit hin über alle Welt?  Gott der Herr hat sie gezählet, dass ihm auch nicht eines fehlet an der ganzen großen Zahl…“ 

•    Weißt du eigentlich…?

•    Ist euch eigentlich bewusst?

Nein.
Jesaja will die Israeliten mit seinen Worten nicht einschüchtern.
Er will vielmehr engen Blick der Ankläger weiten:

Schluss mit euren gesenkten Köpfen, die euch nicht mehr sehen lassen als die eigenen Fußspitzen.
Hebt eure Augen in die Höhe und seht! Schaut nach oben!!! Kopf hoch!
Auch wenn die momentane Durststrecke noch nicht beendet ist.

Auch wenn noch böser Tage schwerer Last drückt.
Aber eins sollt, eins müsst ihr wissen:

Gott ist nicht weg.
Und eure Lage ist ihm nicht egal!
Ihr seid Gott nicht egal.

Ihr seid Gott nicht egal

Ein ewiger Gott ist der HERR, der die Enden der Erde geschaffen hat! Er ermattet nicht und wird nicht müde, seine Einsicht ist unerforschlich.

„Wer so viel investiert hat, zieht sich nicht einfach zurück“, sagt Jesaja.

Im Gegenteil:
„Den Erschöpften gibt er neue Kraft, und die Schwachen macht er stark“
So, wie er die Israeliten einst aus der Sklaverei in die Freiheit geführt hat.

Das Prinzip Hoffnung

„Den Erschöpften gibt er neue Kraft, und die Schwachen macht er stark.“

Aber, vorausgesetzt es stimmt:
Warum dauert das so lange?

„Warum erst, wenn man, gefühlt, im Iglu sitzt oder am Boden liegt?“ –

Fragen, die sich nicht nur die Israeliten gestellt haben mögen.
Fragen, die ich aus Gesprächen kenne und auch aus eigener Erfahrung.

Kannst Du nicht ein bisschen früher, ein bisschen deutlicher eingreifen?

Bevor ich mich einigle wie Petterson und Findus und nur noch von der Wand bis zur Tapete denken, sehen und fühlen kann?

Andererseits:

Vielleicht spüre ich bis dahin gar nicht meine tatsächliche Bedürftigkeit?

Weil ich die ganze Zeit mein Ding mache, solange es irgendwie läuft.

Nicht umsonst heißt es doch: „Not lehrt beten“.

Erst…

oder … wieder.

Umfragen in der Corona-Krise belegen die Aktualität dieses Sprichwortes.

Ich muss in diesen Tagen und Wochen häufiger an einen Satz von Dietrich Bonhoeffer denken.

Worte, mit denen wir in unseren Gottesdiensten häufiger unseren Glauben bekennen:

„Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.“

Ich glaube, dass Jesaja das Gleiche wie Bonhoeffer meint, wenn er sagt:
Die aber, die auf den HERRN hoffen, empfangen neue Kraft.
Das meint nicht, die Hände in den Schoß zu legen.
Hoffnung, Vertrauen auf Gott, das ist eine aktive Haltung.

Die immer wieder neu eingenommen sein will, um nicht aus der Übung zu kommen und einzurosten.

Einer Beziehung vergleichbar, an der ja auch gearbeitet werden muss, damit sie vertrauensvoll und lebendig bleibt.

Mittlerweile liegen die Karwoche und das Osterfest hinter uns.

Sie haben uns in diesem Jahr besonders spürbar daran erinnert, dass Leiden und Tod zum Leben dazugehören.

Karfreitag und Ostern sind zwei Seiten derselben Medaille:
Das Leiden wird nicht abgeschafft und auch der Tod nicht.

Aber:
sie sind seit dem Ostermorgen eingebettet in die Perspektive der Auferstehung und eines neuen Lebens.
In eine Perspektive der Hoffnung, die Kraft geben kann und den Blick weiten.

Kopf hoch!
Erhobenen Hauptes, mit neuer Luft unter den lahmen Flügeln.

Wie sie auch die Frauen hatten, als sie vom leeren Grab zurück rannten, ja flogen.
Um den Jüngern die Nachricht vom Auferstandenen zu überbringen.

Ihre Schmerzen und Trauer waren damit nicht ungeschehen gemacht.
Aber sie waren nun eingebettet.
Aufgehoben in eine neue, weitere Perspektive der Hoffnung.
Diese konnten schließlich auch die Israeliten im babylonischen Exil erfahren.
Es sollte noch eine Weile dauern. Doch dann konnten sie zurückkehren. In die Heimat.

Mit den Worten des Jesaja und vielen wertvollen Erfahrungen im Gepäck. Gewonnen in Bedrängnis und Leid.

Aber gespeist aus der Gewissheit, dass Gottes Gegenwart nicht an einen bestimmten Ort oder Ritus gebunden ist.

Nein, Gott ist da, wo Menschen ihn suchen und mit ihm rechnen.

Petterson und Findus II

Und Petterson und Findus?

Um Mitternacht werden sie, halb erfroren, von einem Freund gefunden. Das Iglu haben sie, ohne es zu wissen, in ihrem eigenen Garten aufgebaut.

Nur wenige Meter vom rettenden Haus entfernt.
Der Weg aus dem kalten, dunklen Iglu ins wärmende Licht ist oft näher als wir denken.
Also: Kopf hoch!

Denn die, die auf den HERRN hoffen, empfangen neue Kraft, wie Adlern wachsen ihnen Schwingen, sie laufen und werden nicht müde, sie gehen und ermatten nicht.

 

In diesem Vertrauen bewahre uns der Friede Gottes, der höher ist als unser Verstehen und Begreifen.

Durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.

 

In der Audio-Version hören wir an dieser Stelle von der Orgel: Augustinus Franz Kropfreiter (1936-2003): Paraphrasen über "Wer nur den lieben Gott lässt walten".

Gebet

Gott, Schöpfer der Welt.
Wir bitten für alle, die gegen den Tod ankämpfen, für die, die dem Tod ausgeliefert werden, für die, deren Kräfte versiegen. Sei du nahe in Zweifel und Angst. 
Schenke uns Glauben.
Quelle und Ziel unseres Lebens. Du hast dem Tod seine letzte Macht genommen. Doch wir erleben, wie der Tod immer noch nach uns greift.

Gott, Schöpfer der Welt.
In deinem Wort weist du uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden.
In Christus schenkst du uns den Frieden, der die Welt überwindet. Und doch erleben wir, wie Unfrieden unsere Welt erschüttert. Wir bitten um Frieden für die Menschen in Syrien, für alle, die eingesperrt und bedrängt werden. Wir bitten um Frieden in unseren Häusern und Familien, in unserer Nachbarschaft, in unserem Land.
Sei du nahe in Zweifel und Angst. Schenke uns Glauben.

Gott, Schöpfer der Welt.
Du verheißt den Müden Kraft und den Schwachen neue Stärke.
Wir bitten dich um Hoffnung in diesen Zeiten.
Und um Geduld.
Wir bitten dich um Zeichen deiner Nähe.
Und um Phantasie, für das, was möglich ist und der Seele gut tut. Weite du in engen Zeiten unsere Blicke und Herzen.
Für das Geschenk des Lebens.
Für die Menschen an unserer Seite, für den Glauben und dein Wort.
Sei du nahe in Zweifel und Angst. Schenke uns Glauben.

Gott du Quelle und Ziel unseres Lebens.
Dir vertrauen wir uns an. 
Und legen alles, was uns ganz persönlich auf dem Herzen liegt in unser gemeinsames Gebet

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Lied „Wer nur den lieben Gott lässt walten“,1.2.7

Sie finden es zum Mitlesen oder Mitsingen im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 369.

1) Wer nur den lieben Gott lässt walten und hoffet auf ihn allezeit,
Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut, der hat auf keinen Sand gebaut.
den wird er wunderbar erhalten in aller Not und Traurigkeit.

2) Was helfen uns die schweren Sorgen, was hilft uns unser Weh und Ach?
Was hilft es, dass wir alle Morgen beseufzen unser Ungemach?
Wir machen unser Kreuz und Leid  nur größer durch die Traurigkeit.

7) Sing, bet und geh auf Gottes Wegen, verricht das Deine nur getreu
und trau des Himmels reichem Segen,so wird er bei dir werden neu;
denn welcher seine Zuversicht auf Gott setzt, den verlässt er nicht.

Segen

Und bis wir uns wiedersehen halte Gott Dich fest in seiner Hand!

Der Herr segne dich und behüte dich.

Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.

Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden. Amen.

 

Bleiben Sie behütet! Bleiben Sie gesund!

In der Audioversion hören wir zum Ausgang: Bertold Hummel (1925-2002): Paraphrasen über "Christ ist erstanden".

 

 

Andacht Ostersonntag, Sonntag, 12. April 2020
Die Andacht von Vikar Daniel Koppehl zum Ostersonntag, Sonntag 12. April 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

In der Andacht zum Anhören hören Sie an dieser Stelle das Musikvorspiel:
Jeremiah Clarke (1674 - 1707), Trumpet Tune & March in D Major

 

Der Herr ist auferstanden!

Er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Unsere Hilfe erwarten wir von dem Gott,
der Himmel und Erde gemacht hat.
Amen.

Ein Zeichen des Friedens sende ich ihnen. Geben Sie es doch demjenigen weiter, den Sie als nächstes begegnen: Mit einem freundlichen Wort. Mit einem Lächeln. Mit einem kräftigen Unterarmgruß.

Sein Friede sei mit uns allen!

Nicht versammelt aber in Verbundenheit miteinander:

So begrüße ich Sie zu dieser Osterandacht, wo auch immer sie sich gerade aufhalten.

Heute lesen sie nicht nur von mir. Elisabeth Kundenreich erzählt von einer besonderen Osterlampe. Seien Sie gespannt. Die Musik, die Sie sich anhören können, haben Katharina Daur und Traugott Forschner eingespielt.

Ich lade Sie ein, für eine Weile inne zu halten, mitzusingen und zu beten.

Freude,
du Schwester des Dunkels,
Schwester des Leids,
größer denn alles,
Bewegerin der Zeit.

Freude,
vom Herzen Gottes
gesandt in die Zeit,
flutend umhülle
mein Licht
und mein Leid.
(Hedwig-Maria Winkler)

Wir stehen am Morgen. (SJ 21) Singen Sie das erste Lied.

Lied: Wir stehen am Morgen 

Wir stehen im Morgen. Aus Gott ein Schein
Durchblitzt alle Gräber. Es bricht ein Stein.
Erstanden ist Christus. Ein Tanz setzt ein.
Halleluja, Halleluja, Halleluja, es bricht ein Stein.
Halleluja, Halleluja, Halleluja, ein Tanz setzt ein.

Ein Tanz, der um Erde und Sonne kreist,
der Reigen des Christus, voll Kraft und Geist,
der Tanz, der uns alle dem Tod entreißt.

An Ostern, o Tod, war das Weltgericht.
Wir lachen dir frei in dein Angstgesicht.
Wir lachen dich an, du bedrohst uns nicht.

Wir folgen dem Christus der mit uns zieht,
steh auf, wo der Tod und sein Werk geschieht,
im Aufstand erklingt unser Osterlied.

Am Ende durchziehn wir, von Angst befreit,
die düstere Pforte, zum Tanz bereit.
Du selbst gibst uns, Christus, das Festgeleit.

Lesen Sie Worte des 118. Psalms.

Danket dem Herrn; denn er ist freundlich,
und seine Güte währet ewiglich.
Der Herr ist meine Macht und mein Psalm
und ist mein Heil.
Man singt mit Freuden vom Sieg in den Hütten der Gerechten:
Die Rechte des Herrn behält den Sieg!
Die Rechte des Herrn ist erhöht;
die Rechte des Herrn behält den Sieg!

Ich werde nicht sterben, sondern leben
und des Herrn Werke verkündigen.
Der Herr züchtigt mich schwer;
aber er gibt mich dem Tode nicht preis.
Dies ist der Tag, den der Herr macht;
lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein.
O Herr, hilf!
O Herr, lass wohlgelingen!

Du bist mein Gott, und ich danke dir;
mein Gott, ich will dich preisen.
Danket dem Herrn; denn er ist freundlich,
und seine Güte währet ewiglich.

Lassen Sie uns lobsingen „Gelobt sei Gott im höchsten Thron“ (EG 103).

Lied: Gelobt sei Gott im höchsten Thron

1) Gelobt sei Gott im höchsten Thron
samt Seinem eingebornen Sohn,
der für uns hat genug getan.
Halleluja, Halleluja, Halleluja.

2) Des Morgens früh am dritten Tag,
da noch der Stein am Grabe lag,
erstand er frei ohn alle Klag.
Halleluja, Halleluja, Halleluja.

3) Der Engel sprach: "Nun fürcht' euch nicht;
denn ich weiß wohl, was euch gebricht.
Ihr sucht Jesus, den find't ihr nicht."
Halleluja, Halleluja, Halleluja.

4) "Er ist erstanden von dem Tod,
hat überwunden alle Not;
kommt, seht, wo Er gelegen hat."
Halleluja, Halleluja, Halleluja.

Lesung

Lesen Sie das Evangelium für den heutigen Ostersonntag bei Markus 16, 1-8.

Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben.

Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging.

Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?

Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß.

Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich.

Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten.

Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingeht nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.

Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemand etwas; denn sie fürchteten sich.

 

Lied: Er ist erstanden, Halleluja! (EG 116, 1) Singen Sie, wenn Sie mögen, die erste Strophe des Liedes.

Er ist erstanden, Halleluja!
Freut euch und singet, Halleluja!
Denn unser Heiland hat triumphiert,
all seine Feind gefangen er führt.
Lass uns lobsingen vor unserem Gott,
der uns erlöst hat vom ewigen Tod.
Sünd ist vergeben, Halleluja!
Jesus bringt Leben, Halleluja!

Womit bringen Sie Ostern in Verbindung? Lesen Sie eine Geschichte über eine ganz besondere Lampe von Elisabeth Kundenreich.

 „Ostern ist das ganze Jahr“      

Im Alter von vier Jahren besuchte ich häufig meine „Nenntante“ und meinen „Nennonkel“. Sie wohnten in der oberen Etage meines Elternhauses und waren in meinen Augen schon uralt, ungefähr Mitte 50.

Vor ihrer Eingangstür hing eine Lampe, ein sechseckiger geschlossener Porzellanschirm mit einer Heidelandschaft, versehen mit einem Messinggliederband, der zur Aufhängung diente. Es war vermutlich in der Osterzeit, als mir meine Nenntante erzählte, dass in dieser Lampe der Osterhase wohne. Ich war begeistert, der Osterhase wohnt bei uns im Haus, zwar gehörte die Lampe zur Wohnung von „Tante und Onkel“, jedoch das war schon etwas, der Osterhase wohnte in unserem Haus, hatten wir Kinder doch am Karsamstag im Hof die Osternester für die Süßigkeiten, die der Osterhase vielleicht bringen würde, aus Backsteinen und Heu vorbereitet.

Die Lampe hing auch noch nach Ostern vor der Eingangstür, das war für mich nicht ganz einleuchtend. Auf meine Frage, was nun mit dem Osterhasen sei, denn Ostern war ja nun vorbei, sagte meine Nenntante, dass „Ostern das ganze Jahr sei“ und ohne Ostern müssten wir alle immer ganz traurig sein. Weil es Ostern gebe, könnten wir auch an Tagen, in denen wir eigentlich traurig seien, immer ein bisschen fröhlich sein. Das verstand auch ich, denn auch ich war zuweilen traurig, wenn auf unserem Hof meine Lieblingstiere starben oder zum Verzehr getötet wurden.

Zu meiner großen Freude waren meine Geschwister damit einverstanden, dass ich die „Osterhasenlampe“ aus meinem Elternhaus erhielt. Die Lampe hängt nun bei mir im Flur und ich kann nicht sagen, ob diese Lampe schön ist, nein realistisch betrachtet eher kitschig. Sei es wie es ist, diese Lampe erinnert mich nicht selten daran, das Ostern das ganze Jahr ist. Gibt es eine wichtigere Botschaft, ich denke nein und freue mich über die Lampe und die „Predigt“, die diese Lampe verbirgt.

Liedstrophe: „Auf, auf mein Herz mit Freuden“ (EG 112,1)

1) Auf, auf, mein Herz,
mit Freuden nimm wahr,
was heut geschieht;
wie kommt nach großem Leiden
nun ein so großes Licht!
Mein Heiland war gelegt
da, wo man uns hinträgt,
wenn von uns unser Geist
gen Himmel ist gereist.

Liebe lesende Gemeinde,

Der Weg nach draußen: Glück kann man nicht sehen.    

Waren Sie heute schon draußen? Nein? Dann schlage ich Ihnen vor sich heute aufzumachen. Oder sich wenigstens auf den Balkon oder an das geöffnete Fenster zu stellen. Lassen Sie sich von der Sonne bestrahlen.

Glück kann man nicht sehen. Aber das Sonnenlicht und die frische Luft beruhigen die Lebensgeister und wecken sie zugleich. An Kindern lässt sich das sehen. Sie drängeln und sind unruhig, bis sie hinaus dürfen. Und draußen beginnen sie dann herumzustromern. Ihre Laune ist dann oft wie ausgewechselt.

Glück kann man nicht sehen. Es liegt verborgen in den hellen Dingen des Tages: In der wärmenden Sonne. In den aufknospenden Bäumen und Büschen. In den duftenden Blumen. Es ist ein alter und guter Rat, spazieren zu gehen, wenn einem traurig zumute ist und sich kein Ausweg aus einer Situation zeigen möchte. Es tut gut, diesen Weg hinaus dann selbst zu gehen.

Liedstrophe: „Auf, auf mein Herz mit Freuden“ (EG 112,2)

2) Er war ins Grab gesenket,
der Feind trieb groß Geschrei;
eh ers vermeint und denket,
ist Christus wieder frei
und ruft Viktoria,
schwingt fröhlich hier und da
sein Fähnlein als ein Held,
der Feld und Mut behält.

Der Weg zum Grab: Den Frauen wird ihr letzter Halt genommen

Die drei Frauen Maria Magdalena, Maria und Salome machen sich auf den Weg zum Grab. Eine Nacht voll Trauer und Unsicherheit liegt hinter ihnen. Da tut es gut, etwas Praktisches erledigen zu können; den toten Körper Jesu zu salben. Das gibt halt. Jesus ist noch da, auch wenn er nicht mehr atmet. Es ist leichter sich an etwas zu erinnern, wenn ein Gegenstand oder eine Person die Erinnerung repräsentiert.

Doch als die Frauen zur Grabhöhle kommen, ist der schwere Stein, der den Zugang blockierte, weggewälzt. Keinen toten Körper finden sie in der Höhle. Der letzte Halt ist den Frauen genommen. Das, was bisher zurückgehalten war, bricht nun aus ihnen heraus. Es packt sie das Entsetzen.

Nichts ist zu sehen mehr von dem Glück ihres Lebens. Der Glaube an die Erlösung ist ihnen genommen und nun auch die Erinnerung an den Erlöser.       

Da spricht sie aus einiger Entfernung einer an. Sein weißes Kleid schimmert hell in der Dunkelheit der Höhle: „Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier!“

Mit Zittern und Entsetzen fliehen die Frauen aus dem Grab, dem Ort des Todes. Ihnen ist Jesus entzogen. Ihr ganzes Leben ging er ihnen voran. Immer hatte er etwas unnahbares. Und nun hält ihn selbst der Tod nicht fest.

Die Frauen fürchten sich. Doch führt ihr Weg auf Gottes Straße. Gottes Straße, die vom Tod wegführt.

Den Frauen ist Jesus entzogen. Dem Tod ist der Auferstandene entzogen. Von allem frei.    

Er geht allen voran. Denen in Galiläa zuerst und bis heute auch uns. Und er zieht uns in sein Reich der Freiheit, das schon jetzt anbricht.

Liedstrophe: „Auf, auf mein Herz mit Freuden“ (EG 112,3)

3) Das ist mir anzuschauen
ein rechtes Freudenspiel;
nun soll mir nicht mehr grauen
vor allem, was mir will
entnehmen meinen Mut
zusamt dem edlen Gut,
so mir durch Jesus Christ
aus Lieb erworben ist.

Der Weg in die Freudenwelt

Freiheit kann man nicht sehen. Sie lässt sich nur spüren. Und Gott befreit Dich von den Gefühlen, die Dich drinnen in der Traurigkeit halten wollen.

Unser Leben hängt nicht davon ab, dass wir eine Weile auf Berührungen verzichten, auch wenn wir sie sehr vermissen. Unser Leben hängt nicht von der Versammlung in der Kirche ab, auch wenn wir gern dort unseren Gottesdienst feiern würden. Unser Leben hängt auch nicht davon ab, zu Ostern physisch nach draußen zu gehen.

Ostern ist das hell scheinende Licht, in dem sich das Leben in Glück und Freiheit verbirgt. Was soll denen, die berührt sind von diesem Osterlicht, noch den Mut nehmen?     

Das Osterlicht beleuchtet die Verwandlung, die Auferstehung von Tod ins Leben, von Verzweiflung zu Trost, von Leid zur Freude. Im Osterlicht vollzieht sich diese Bewegung hin zur Freude.

Kommt die Freude in unser Leben, dann will nicht nur das Herz hüpfen. Der Körper will bewegt sein, er will springen und tanzen. Der Hase ist nicht ohne Grund das Ostertier.  

Vielleicht gehen Sie, die Sie diese Andacht lesen, ja heute durch den Park. Draußen erscheinen viele Dinge möglich.

Freiheit kann man nicht sehen. Aber Glück und Freude bringen uns auf neue Gedanken. An den Kindern lässt sich das sehen. Immer neue Spiele denken sie sich aus. Und auch Erwachsene lassen sich davon anstecken. Vielleicht sehen Sie dann auf den Wiesen in den Parks die zweibeinigen Osterhasen, die die Eier verstecken. Und die springenden Kinder, die nach dem süßen Kinderglück suchen.

Amen.

Fürbittgebet

Lassen Sie uns beten:
Barmherziger Gott,
strahlend durchflutet Dein Licht diesen Morgen,
Wir bitten für die Kranken,
für die Einsamen
für die Sterbenden.
Wandle Verzweiflung in Trost.
Und Segne sie.

Allmächtiger Gott,
machtvoll durchbrichst Du Tod und Verderben.
Wir bitten dich für Aussichtslose,
für Krieg und Verfolgung Erleidende,
für Verurteilte.
Wandle Tod zu Leben.
Und segne Sie.

Liebender Gott
Die Auferstehung deines Sohnes feiern wir.
Wir bitten dich für die, die heute lieber zu Hause bleiben
für die, die heute Dienst tun müssen, Pflegende, Ärztinnen und Polizisten
für die, die sich so sehr auf Familienfeste gefreut haben und nun verzichten müssen,
Wandle Leid in Freude.
Und segne Sie.

Und alles Unausgesprochene legen wir in das Gebet Jesu:

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

Singen Sie das Lied „Christ ist erstanden“ (EG 99)

Christ ist erstanden
von der Marter alle;
des solln wir alle froh sein,
Christ will unser Trost sein.
Kyrieleis.

Wär er nicht erstanden,
seit dass er erstanden ist,
so lobn wir den Vater Jesu Christ'.
Kyrieleis.

Halleluja, Halleluja, Halleluja!
Des solln wir alle froh sein,
Christ will unser Trost sein.
Kyrieleis.

An dieser Stelle sage ich den Mitwirkenden, Elisabeth Kundenreich, den Musizierenden Katharina Daur und Traugott Forschner und Ilka Erkelenz, die die Andacht auf die Webseite gestellt hat, herzlichen Dank. Auch Ihnen danke ich, dass Sie gelesen und mitgefeiert haben. Ich verabschiede mich und wünsche Ihnen ein gesegnetes Osterfest.

Der Herr segne dich und behüte dich
Der Herr lass leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich
und gebe dir Frieden.

Amen.

In der Andacht zum Hören hören Sie an dieser Stelle das Musiknachspiel: Johann Sebastian Bach (1685-1750), Jesus Christus, unser Heiland, der den Tod überwand (2 Strophen)

Andacht Karfreitag, Freitag, 10. April 2020
Die Andacht von Pfarrer Claas Ehrhardt zum Karfreitag, Freitag 10. April 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Votum

Friede sei mit euch von dem, der da ist und der da war und der da kommt.

Begrüßung

 

Leer der Altar.

Weder Blumen noch Kerzen.

Unverstellt der Blick zum Kreuz.

So sähe es in unserer Kirche aus, wenn wir heute Gottesdienst feiern könnten.

 

Leer der Altar.

Und leer auch die Kirche an diesem Karfreitag.

Weil so vieles anders ist in dieser Zeit, jenseits der Normalität.

 

Alles anders machte auch der Kreuzestod Jesu.

Alles anders für die, die ihm verbunden waren, die auf ihn hofften, die ihn liebten.

 

Schlagartig aus dem Leben gerissen, wie sie es bis dahin kannten und liebten.

In Zweifel und Trauer gestürzt durch sein Leiden und Sterben.

 

Leer ihre Herzen.

Unfähig, zu verstehen.

 

Was sollte es, was konnte es da auch zu verstehen geben?

 

Die Herausforderung, zu verstehen, oder vorsichtiger formuliert, zu ahnen, was es mit dem Kreuz Jesu auf sich haben könnte -

sie stellt sich auch nach 2000 Jahren mit jedem Karfreitag.

 

Es bleibt - wenn man so will - ein Kreuz mit dem Kreuz.

 

So wollen wir in dieser Andacht bedenken, wie der Tod Jesu in unser Leben hineinragt –

der Tod des Menschen, der sich dafür hergegeben hat, dass Liebe auch den Gegner umfängt und Recht die Vergessenen.

In der Audioversion folgt an dieser Stelle:

 Jesu, deine Passion will ich jetzt bedenken“ , von Johann Gottfried Walther (1684 - 1748), gespielt von Katharina Daur.

Lassen Sie uns beten mit Worten aus Psalm 22

Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bist fern meiner Rettung, den Worten meiner Klage?

Mein Gott, ich rufe bei Tag, doch du antwortest nicht, bei Nacht, doch ich finde keine Ruhe.

Du aber, Heiliger, thronst auf den Lobgesängen Israels.

Auf dich vertrauten unsere Vorfahren, sie vertrauten, und du hast sie befreit.

Zu dir schrien sie, und sie wurden gerettet, auf dich vertrauten sie, und sie wurden nicht zuschanden.

Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch, der Leute Spott und verachtet vom Volk.

Alle, die mich sehen, verspotten mich, verziehen den Mund und schütteln den Kopf:

Wälze es auf den HERRN. Der rette ihn, er befreie ihn, er hat ja Gefallen an ihm.

Du bist es, der mich aus dem Mutterschoss zog, der mich sicher barg an der Brust meiner Mutter.

Auf dich bin ich geworfen vom Mutterleib an, von meiner Mutter Schoss an bist du mein Gott.

Sei nicht fern von mir, denn die Not ist nahe; keiner ist da, der hilft.

Wie Wasser bin ich hingeschüttet, und es fallen auseinander meine Gebeine. Wie Wachs ist mein Herz, zerflossen in meiner Brust.

Trocken wie eine Scherbe ist meine Kehle,  und meine Zunge klebt mir am Gaumen, in den Staub des Todes legst du mich.

Um mich sind Hunde, eine Rotte von Übeltätern umzingelt mich, sie binden mir Hände und Füsse.

Zählen kann ich alle meine Knochen. Sie aber schauen zu, weiden sich an mir.

Sie teilen meine Kleider unter sich und werfen das Los um mein Gewand.

Du aber, HERR, sei nicht fern, meine Stärke, eile mir zu Hilfe.

 

Zum Mitlesen oder Mitsingen: „In einer fernen Zeit in „Singt Jubilate“ Nr. 17 

 

Lied: In einer fernen Zeit

1. In einer fernen Zeit gehst du nach Golgatha, erduldest Einsamkeit, sagst selbst zum Sterben ja.

2. Du weißt, was Leiden ist. Du weißt, was Schmerzen sind, der du mein Bruder bist, ein Mensch und Gottes Kind.

3. Verlassen ganz und gar von Menschen und von Gott, bringst du dein Leben dar und stirbst den Kreuzestod.

4. Stirbst draußen vor dem Tor, stirbst mitten in der Welt. Im Leiden lebst du vor, was wirklich trägt und hält.

5. Erstehe neu in mir. Erstehe jeden Tag! Erhalte mich bei dir, was immer kommen mag!

 

Der Kreuzigungsbericht des Markus

 

Pilatus hat Jesus verurteilt.

Die Menge hat sich für die Freilassung eines anderen entschieden.

Soldaten treiben ihren menschenverachtenden Spott mit ihm. Verhöhnen ihn mit Purpurmantel und Dornenkrone.

Bespucken und schlagen ihn.

 

Wir hören den Bericht des Evangelisten Markus

 

Und sie führten ihn hinaus, dass sie ihn kreuzigten.

21 Und zwangen einen, der vorüberging, Simon von Kyrene, der vom Feld kam, den Vater des Alexander und des Rufus, dass er ihm das Kreuz trage.

22 Und sie brachten ihn zu der Stätte Golgatha, das heißt übersetzt: Schädelstätte.

23 Und sie gaben ihm Myrrhe im Wein zu trinken; aber er nahm's nicht.

 

24 Und sie kreuzigten ihn. Und sie teilten seine Kleider und warfen das Los darum, wer was bekommen sollte.

25 Und es war die dritte Stunde, als sie ihn kreuzigten.

26 Und es stand geschrieben, welche Schuld man ihm gab, nämlich: Der König der Juden.

27 Und sie kreuzigten mit ihm zwei Räuber, einen zu seiner Rechten und einen zu seiner Linken.

 

29 Und die vorübergingen, lästerten ihn und schüttelten ihre Köpfe und sprachen: Ha, der du den Tempel abbrichst und baust ihn auf in drei Tagen,

30 hilf dir nun selber und steig herab vom Kreuz!

31 Desgleichen verspotteten ihn auch die Hohenpriester untereinander samt den Schriftgelehrten und sprachen: Er hat andern geholfen und kann sich selber nicht helfen.

32 Der Christus, der König von Israel, er steige nun vom Kreuz, damit wir sehen und glauben. Und die mit ihm gekreuzigt waren, schmähten ihn auch.

 

33 Und zur sechsten Stunde kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde.

34 Und zu der neunten Stunde rief Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? Das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

 

Warum?

Wozu?

Kann es einen Sinn geben?

Eine Deutung dieses Leidens und Sterbens?

Christus: ein Sündenbock?

Ein Opferlamm?

Geschlachtet wie die Lämmer an Pessach?

 

Tatsächlich ein Versuch, den Tod Jesu theologisch zu deuten.

In der Audioversion folgt an dieser Stelle von Sigfrid Karg-Elert

(1877 - 1933) Christe, du Lamm Gottes, gespielt von Katharina Daur an der Orgel.

 

Gedanken

 

„Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!

 

So grüßt der Täufer Johannes Jesus im 1. Kapitel des Johannes-Evangeliums, als dieser zu ihm an den Jordan zur Taufe kommt.

 

Der Evangelist setzt damit gleich zu Beginn seines Zeugnisses von Jesus Christus seine Deutung dessen, was er zu berichten weiß.

 

Agnus Dei!

 

„Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt, erbarm dich unser.“

 

So heißt es auch in unserer Abendmahlsliturgie.

 

Mit der wir bewusst oder unbewusst der Deutung folgen, Jesu Tod am Kreuz sei als Opfer zu verstehen.

 

Zu Liturgie geronnene Übersetzung der Hinrichtung von Golgatha.

Zugleich ist es eine sehr fremde Welt, mit der uns das Geschehen auf der Schädelstätte konfrontiert.

 

Neid, Missgunst, Angst vor Machtverlust, Verrat - all das mag uns aus eigenen Zusammenhängen bekannt sein.

 

Aber Folter, Schauprozesse, Hinrichtungen, das kennen wir  - Gott sei Dank - nur aus anderen Gegenden der Welt, aus dem Fernsehen, aus zweiter Hand.

 

Im Rahmen des Gottesdienstes nehmen wir solch schreckliche Ereignisse in unsere Fürbitte auf.

 

Bringen es als himmelschreiendes Unrecht es vor Gott. Weil wir glauben, dass es gegen seinen Willen verstößt, menschliches Blut zu vergießen.

 

Wie kann uns aber dann die Hinrichtung Jesu zugute kommen, gedeutet als „das Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt?

 

Versuchen wir, uns die längst untergegangene antike Welt vorzustellen.

Und damit das Umfeld, dem die neutestamentlichen Texte entstammen.

Das Denken und Deuten ihrer Autoren von Johannes über Paulus bis hin zum Schreiber des Hebräerbriefes, der sein Verständnis des Kreuzes Jesu wie folgt formuliert:

 

So ist auch Christus einmal geopfert worden, die Sünden vieler wegzunehmen… (Hebr 9,28)

 

In der Antike gab es unzählige prachtvolle Tempel der verschiedenen Gottheiten, in denen täglich Opfer dargebracht wurden.

 

Tiere wurden geschlachtet, teilweise verzehrt, teilweise verbrannt.

Und die Erinnerung an Zeiten, in denen noch Menschen geopfert wurden, gehörte zum kollektiven Gedächtnis.

 

Und auch wenn im Judentum zur Zeit Jesu das Opfern von Menschen schon lange tabu und verboten war,

auch im Jerusalemer Tempel wurden wertvolle Tiere feierlich als Opfer dargebracht.

Die antiken Tempel und mit ihnen das religiöse Opfer gehören der Vergangenheit an, sie sind Teil einer fernen Zeit.

 

Die Deutung des Kreuzestodes Jesu als Opfer zur Wegnahme der Sünden, blieb Teil der Kirchen- und Theologiegeschichte.

Sie hat bis heute ihren Platz in unseren Gesangbüchern und Liturgien.

 

Doch (wie) passt das zu dem Gott, den Jesus Zeit seines Lebens verkündigte?

 

Den Gott Israels, den er "Vater" nannte und auch uns dazu ermächtigte, bezeugt der Rabbi aus Nazareth doch ganz anders:

 

Etwa im Gleichnis von den zwei Söhnen (Lk 15):

Voller Freude und voller Erbarmen eilt der Vater, mit dem doch Gott gemeint ist, seinem verlorenen Sohn entgegen.

Umarmt ihn, küßt ihn, bereitet dem Heimgekehrten ein freudiges Fest.

Kein Verlangen nach einer Entschuldigung, einer Wiedergutmachung, einem Opfer.

 

Kein Geschäft auf Gegenseitigkeit:

Wenn du bereit bist, das und das für mich zu tun, dann werde ich dir vergeben.

Nein, Vergebung, sola gratia.

Also gratis, allein aus Liebe.

 

Umkehr, Heimkehr, Vertrauen genügen.

Dir sind deine Sünden vergeben.

 

Oder nehmen wir die Geschichte von der Ehebrecherin (Joh 8), die für ihre Tat gesteinigt werden soll.

Menschen sind es, die meinen, für ihre Sünde Blutzoll fordern zu sollen.

Und Jesus?

Er gebietet ihnen Einhalt. „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein."

 

Bezog Jesus nicht die Vollmacht, solches zu tun, von seinem himmlischen Vater?

 

Sollte nun dieser Gott, dieser liebende Vater, das Blutopfer Jesu verlangen?

 

Sollte Jesu Tod am Kreuz tatsächlich die Voraussetzung dafür sein, dass Vergebung erst möglich wird?

 

Eine Vergebung, von deren freier Gewährung die hebräische Bibel schon lange zuvor staunend und preisend berichtet?

Eine Vergebung, die Jesus vor (!) seinem Tod und ohne Vorbedingung verkündigte?

 

Ich bin überzeugt:

der biblische Bericht von Leben und Wirken Jesu lässt auch eine andere Auffassung zu, als jene, die im Laufe der Zeit so viel Raum und Deutungsmacht beanspruchte.

 

Nicht Gott opferte seinen Sohn am Kreuz, um mit uns, um mit sich selbst ins Reine zu kommen.

Gott verabscheut Menschenopfer.

Das weiß die Bibel bereits seit der Nichtopferung des Isaak (1. Mose 22).

Nein, Jesus ist vielmehr das Opfer menschlicher Gottlosigkeit geworden.

Eins von unzähligen Opfern menschlicher Machtbesessenheit und Willkür.

 

Nicht Gott ließ Jesus ans Kreuz schlagen.

Vielmehr wurde in Jesus Gott ans Kreuz geschlagen!

 

Als tiefster Ausdruck der Unfähigkeit, seine Botschaft von Gerechtigkeit und Liebe anzunehmen.

Als tiefster Ausdruck menschlicher Angewiesenheit auf Gottes Vergebung.

 

Mit der Auferweckung Jesu an Ostern hat Gott dieses Opfer zurückgewiesen .

 

Der Theologe Kurt Marti schreibt:

 

Solange auf Erden gefoltert und getötet wird, erinnern Kreuze und Kruzifixe an die unendlichen Leiden Verfolgter, Gequälter, Getöteter.

Jedes Kreuz ein Seufzer nach Gottes Reich, wo es keine Kreuze mehr gibt.

 

Wenn wir also bedenken, wie der Tod Jesu in unser Leben hineinragt, dann geht es nach meiner Überzeugung nicht darum, irgendwie zu begreifen, warum Gott Jesu Kreuzestod braucht, um uns vergeben zu können.

 

Vielmehr geht es darum, dass wir den Blick auf auf das Kreuz brauchen, um uns den Spiegel vorhalten zu lassen.

Gibt es nicht immer wieder Situationen, in denen auch wir bereit sind, andere zu verfluchen?

Brechen nicht auch wir immer wieder den Stab über andere Menschen, die nicht in unser Weltbild passen?

 

Waschen nicht auch wir unsere Hände in Unschuld ob so vieler Ungerechtigkeiten in unserer Welt?

 

In Jesus lässt Gott uns ausrichten:

 

Es geht auch anders!

 

So wie der verlorene Sohn umkehren konnte, weil er begriff, dass ihm sein altes Leben über den Kopf gewachsen ist.

So, wie er von seinem Vater umarmt wurde und dieser ihn neu anfangen ließ, ohne Vorbedingungen und erzwungene Kniefälle.

 

So, wie Jesus der Ehebrecherin sagte, als ihre verhinderten Steiniger von dannen gezogen waren: „Auch ich will dich nicht verurteilen. Du kannst gehen, aber tu es nicht wieder.

 

So können auch wir immer wieder unsere eigenen Anflüge von Ignoranz und Gewalt hinter uns lassen und neu anfangen.

Das Kreuz von Karfreitag steht für Gottes Absage an jegliche Opfer.

Für seine ausgebreiteten Arme, um sich an uns zu freuen, wenn wir umkehren.

 

Denn die Stimme, die Stein zerbricht, kommt mir im Finstern nah. Bringt mir, wo und wie ich auch sei:

Botschaft des Neubeginns:

 

Weil bei Gott nicht der Tod das letzte Wort hat, sondern das Leben. Amen

 

Zum Mitlesen oder Mitsingen:

 

„Stimme, die Stein zerbricht in „Singt Jubilate“ Nr. 149.

 

Lied: Stimme, die Stein zerbricht

 

1. Stimme, die Stein zerbricht, kommt mir im Finstern nah,

jemand, der leise spricht: Hab keine Angst, ich bin da.

2. Sprach schon vor Nacht und Tag, vor meinem Nein und Ja,

Stimme, die alles trägt: Hab keine Angst, ich bin da.

3. Bringt mir, wo ich auch sei, Botschaft des Neubeginns,

nimmt mir die Furcht, macht frei, Stimme, die dein ist: Ich bin's.

4. Wird es dann wieder leer, teilen die Leere wir.

Seh dich nicht, hör nichts mehr- und bin nicht bang: Du bist hier.

 

Gebet

 

Gott, du hast dich auf Golgatha selbst aufs Spiel gesetzt, hast dich hinausdrängen lassen aus der Welt im Leiden und Sterben deines Sohnes.
 
Und bist uns darin ganz nah gekommen  hinein in unsere Finsternisse, in unsere Ängste, in unsere Abgründe.
Du hast dem Tod die Stirn geboten, um uns zu zeigen, was der Tod verdunkelt: Leben, das bleibt.
Dafür danken wir dir und bitten dich:
 
Wir bitten um Deine Nähe für die, die  unter Lebensschwere stöhnen und an Schuld verzweifeln.
Für alle, die einsam sind, weil Gemeinschaft nur noch schwer möglich ist.
Sei nahe allen, denen Sorge das Leben schwer macht.
Schenke du ihnen die Kraft, zu tragen, was zu tragen ist.
 
Gott, wir um deinen Beistand für alle, die in dieser Zeit Verantwortung tragen in Politik und Versorgung, in Forschung und Pflege, für alle, die unser Land am Laufen halten.
 
Geh zu denen, die vermissen, was sie sich selbst nicht geben können:
Ein Ja, das sie wieder aufleben lässt und Zuversicht wieder möglich macht.
 
Lass uns in in dieser Zeit auch nicht jene vergessen, die an den Grausamkeiten in dieser Welt leiden, die Opfer von Krieg und Rassismus, Vertreibung und Intoleranz.
Lass die Hoffnung nicht sterben auf ein Leben, in dem Gerechtigkeit und Frieden sich küssen, auf dein Reich, in dem es kein Kreuze mehr gibt, sondern Leben die Fülle.
 

In der Stille sagen wir dir, was wir ganz persönlich auf dem Herzen tragen…

 

Und gemeinsam beten wir…

 

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erl
öse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

Segen

  

Der Herr segne dich und behüte dich.

Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.

Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden. Amen.

 

Bleiben Sie behütet! Bleiben Sie gesund!

 

In der Audioversion hören Sie an dieser Stelle von Johann Pachelbel (1653 - 1706) O Haupt voll Blut und Wunden, gespielt von Katharina Daur.

Abendmahlsandacht Gründonnerstag, Donnerstag, 09. April 2020
Die Andacht von Pfarrer Claas Ehrhardt zum Gründonnerstag, Donnerstag 09. April 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Vorbemerkung:

Wenn Sie mögen, feiern Sie mit uns im Rahmen dieser Andacht das Abendmahl. Ein Stück Brot und ein Glas mit Saft oder Wein genügen.

 

 

Votum und Gruß

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Unsere Hilfe erwarten wir von dem Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat.

 

Sein Friede sei mit uns allen.

 

Nach wie vor im je eigenen Zuhause – und doch innerlich verbunden - grüße ich Sie auf diesem Wege herzlich am Gründonnerstag 2020 zum gemeinsamen Bedenken des letzten Mahles Jesu.

Sein letztes Mahl mit den Menschen, die ihm nahe waren, bevor ihn sein Weg ans Kreuz führte.

Ein letztes Mal gemeinsam das Brot brechen und den Becher teilen.

Sein letztes Mahl, das der weltweiten Kirche über vielerlei Grenzen hinweg zum Abendmahl geworden ist.

Über die Grenzen hinweg, die uns aktuell gesetzt sind, lade ich Sie heute ein, miteinander das Abendmahl zu feiern.

Im Vertrauen auf die Zusage Jesu:

„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“

Ein Stück Brot und ein Glas Wein oder Saft genügen.

Brot und Wein.

Sie stehen für den, der sagt: „Ich bin das Brot des Lebens. Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben.

Verbunden mit ihm und untereinander - im Hören, Singen und Beten, im Teilen von Brot und Wein.

In dieser Verbundenheit lade ich Sie auch ein, das erste Lied mit zu lesen oder auch mitzusingen:

„Das sollt ihr Jesu Jünger nie vergessen“.

Sie finden es im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 221 und auch auf unserer Homepage.

In der Audio-Version hören wir die Begleitung der Lieder durch unsere Kirchenmusikerin Frau Daur.

Lied: EG 221 „Das sollt Ihr Jesu Jünger nie vergessen“

1) Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen: 
wir sind, die wir von einem Brote essen,
aus einem Kelche trinken, alle Brüder und Jesu Glieder.

2) Wenn wir wie Brüder bei einander wohnten, 
Gebeugte stärkten und die Schwachen schonten,
dann würden wir den letzten heilgen Willen des Herrn erfüllen.

3) Ach dazu müsse seine Lieb uns dringen! 
Du wollest, Herr, dies große Werk vollbringen,
dass unter einem Hirten eine Herde aus allen werde.

„Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen: wir sind, die wir von einem Brote essen, aus einem Kelche trinken, Jesu Glieder, Schwestern und Brüder.“

Abendmahl und Erinnerung:

sie gehören in besonderer Weise zusammen.

Die Worte, mit denen Jesus seinen erstaunten, ratlosen, fragenden Jüngern ihr gemeinsames Pessachmahl am Vorabend seiner Kreuzigung neu deutete.

Sie rufen zur Erinnerung auf:

„Solches tut zu meinem Gedächtnis!

Darum feiern wir Andacht:

Um uns zu erinnern. Uns erinnernd und zugleich vergegenwärtigend dem letzten Mahl Jesu zu nähern.

Das uns zum Sakrament geworden ist.

Das uns verbindet als Leib Christi, hinweg über alles, was uns trennt!

 

Psalmgebet nach Psalm 63

Lassen uns beten mit Worten, die dem 63. Psalm nachempfunden sind:

 

Gott, du mein Gott, dich suche ich, meine Seele dürstet nach dir.

Ich halte Ausschau nach deinem Heiligtum, um deine Macht und Herrlichkeit zu sehen.

Deine Liebe ist besser als Leben, darum preisen dich meine Lippen.

Ich will dich rühmen mein Leben lang, in deinem Namen die Hände erheben.

Wie bei einem Festmahl wird satt meine Seele, mit jubelnden Lippen soll mein Mund dich preisen.

Ich denke an dich auf nächtlichem Lager und sinne über dich nach, wenn ich wache.

Ja, du wurdest meine Hilfe; jubeln kann ich im Schatten deiner Flügel. Meine Seele hängt an dir, deine Rechte Hand hält mich fest.

 

Das nächste Lied zum Mitlesen oder Mitsingen:

Lied: „Korn, das in die Erde“

Im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 98 und auch bei den Liedern für die heutige Andacht auf unserer Homepage zu finden.

Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt,
Keim, der aus dem Acker in den Morgen dringt.
Liebe lebt auf, die längst erstorben schien:
Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.

Über Gottes Liebe brach die Welt den Stab,
Wälzte ihren Felsen vor der Liebe Grab.
Jesus ist tot. Wie sollte er noch fliehn?
Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.

Im Gestein verloren Gottes Samenkorn,
Unser Herz gefangen in Gestrüpp und Dorn –
Hin ging die Nacht, der dritte Tag erschien:
Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.

Lesung aus Lk 22

Es ist Pessach, das Fest der ungesäuerten Brote. Das Fest, an dem sich unsere jüdischen Geschwister bis heute der Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei erinnern.

Pessach oder auch Passa, dessen Beginn in diesem Jahr übrigens genau auf unseren Gründonnerstag fällt.

Pessach, das Jesus mit seinen Jüngern noch ein letztes Mal feiert vor seiner Kreuzigung.

Im Bericht des Evangelisten Lukas im 22. Kapitel lesen wir:

Es kam nun der Tag der Ungesäuerten Brote, an dem man das Passalamm opfern musste.

Und er sandte Petrus und Johannes und sprach: Geht hin und bereitet uns das Passalamm, damit wir's essen.

Sie aber fragten ihn: Wo willst du, dass wir's bereiten?

Er sprach zu ihnen: Siehe, wenn ihr hineinkommt in die Stadt, wird euch ein Mensch begegnen, der trägt einen Wasserkrug; folgt ihm in das Haus, in das er hineingeht,

und sagt zu dem Hausherrn: Der Meister lässt dir sagen: Wo ist die Herberge, in der ich das Passalamm essen kann mit meinen Jüngern?

Und er wird euch einen großen Saal zeigen, schön ausgelegt; dort bereitet das Mahl.

Sie gingen hin und fanden's, wie er ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Passalamm.

Und als die Stunde kam, setzte er sich nieder und die Apostel mit ihm.

Und er sprach zu ihnen: Mich hat herzlich verlangt, dies Passalamm mit euch zu essen, ehe ich leide.

Denn ich sage euch, dass ich es nicht mehr essen werde, bis es erfüllt wird im Reich Gottes.

Und er nahm den Kelch, dankte und sprach: Nehmt ihn und teilt ihn unter euch; denn ich sage euch: Ich werde von nun an nicht trinken von dem Gewächs des Weinstocks, bis das Reich Gottes kommt.

Und er nahm das Brot, dankte und brach's und gab's ihnen und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis.  

Desgleichen auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird!

Da liegen sie nun zu Tisch in dem Haus, in dem sie zu Gast sind. Am Sederabend, zum Auftakt des siebentägigen Festes.

Scheinbar ist alles wie immer.
Schließlich ist es nicht das erste Mal, dass sie in dieser Runde das Fest begehen.
Und vertraut ist es ihnen von Kleinauf.
So, wie für uns das Weihnachtsfest.

Da liegen sie also zu Tisch, wie es zur Zeit Jesu üblich war.
Brot und Wein stehen bereit.
Das Brot ungesäuert, wie beim eiligen Aufbruch der Israeliten aus Ägypten.
Der Becher mit Wein, der zum festen Ablauf einer jeden Sederfeier gehört und der an verschiedenen Stellen der Zeremonie erhoben wird.

Und auch die anderen Speisen sind auf dem Tisch.
Das Bitterkraut als Symbol der Knechtschaft in Ägypten. Das gebratene Lamm, wie es die Israeliten seinerzeit zubereitet hatten, vor ihrer Flucht.
Alles wie immer:
der gedeckte Tisch, die vertrauten Gerüche, der gewohnte Ablauf.
 

Bis auf die Worte Jesu.
Als er das Brot bricht.

Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis.

Und nach dem Mahl, als er den Becher mit dem Wein nimmt und sie den vertrauten Segensspruch erwarten.
Stattdessen jene Worte:

Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird!

Verdutzt schauen sie sich an, ratlos.
Vielleicht zuckt der eine oder andere mit den Schultern.
Aber sagte der Meister nicht öfter mal Sätze, die sie nicht gleich verstanden?


Für euch…

Zu meinem Gedächtnis…

Erst später würden sich ihnen der Sinn dieser Worte erschließen.
Und eine Kraft gewinnen, von der sie jetzt noch gar nichts ahnen.
Nichts ahnen können.

Davon, dass ihnen der Gekreuzigte und Auferstandene im Brechen des Brotes und Teilen des Kelches neue Gemeinschaft stiften würde.

So wie bei den Emmausjüngern, die ihn erkannten, als er ihnen das Brot brach.

So wie bei den ersten Christinnen und Christen, die in ihren Hausgemeinden zusammen kamen, um sich in Brot und Wein der Gemeinschaft mit Christus zu vergewissern.

Und ihrer Gemeinschaft als Leib Christi.

So wie es bis heute Christenmenschen in aller Welt tun an diesem Tag, in dieser Stunde, vielleicht sogar gerade jetzt.

 

„Für Euch…“

„…zu meinem Gedächtnis.“

 

Im Teilen von Brot und Wein.

Zeichen der Wegzehrung auf dem Weg in der Nachfolge Christi.
Zeichen der Gegenwart dessen, der sagt:
„Ich bin das Brot des Lebens. Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben.
 

In jedem Abendmahl ist das sein ganz persönlicher  Zuspruch für Dich, für mich, für uns:
Dass ER da ist, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind.
Dass Gott das erste und auch das letzte Wort über uns hat.
So wie es in einem niederländischen Kirchenlied heißt:
„Gott steht am Anbeginn und er wird alles enden. In seinen starken Händen liegt Ursprung, Ziel und Sinn.“

Sein Friede, der höher ist als unser Verstehen und Begreifen, bewahre unsere Herzen und Sinne, in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.

Abendmahlsbetrachtung

Ich lade Sie nun ein, in der Erinnerung an die Einsetzung durch Jesus selbst und in der Verbundenheit der weltweiten Christenheit, Brot und Wein zu teilen.

Lassen Sie uns beten:

Gott, wir danken dir für Brot und Wein, Frucht der Erde und der Arbeit unserer Hände.

Wir danken dir für Jesus. In ihm hast du unseren Tod geteilt und überwunden.

Er saß zu Tisch mit Armen und Reichen,

mit Verachteten und Angesehenen.

Er war auch bei denen zu Gast,

die ihm mit Argwohn und Feindschaft begegneten.

Dadurch zeigt er uns, dass wir alle angenommen sind durch deine vergebende Liebe.

Was in seinem Leben Zeichen und Beispiel war, hat er durch seinen Tod besiegelt.

Einsetzungsworte

In der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, nahm unser Herr Jesus Christus das Brot, sprach das Dankgebet darüber, brach es und gab es seinen Jüngern und sprach:

Nehmt und esst. Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Solches tut zu meinem Gedächtnis.

Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl, sprach das Dankgebet darüber und gab ihn seinen Jüngern und sprach:

Nehmt und trinkt alle daraus. Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird!

Solches tut, so oft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis.

Alle Wünschen und Hoffnungen, Sorgen und Ängste, Fragen und Fürbitten legen wir in das Gebet, das Jesus selbst uns gelehrt hat:

 

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erl
öse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

 

Wie aus vielen Körnern das Mehl gemahlen und ein Brot daraus gebacken und wie aus vielen Beeren ein Wein wird , so lasst uns nun unter Brot und Wein verbunden sein:

 

Christi Leib für dich gegeben.

Christi Blut für dich vergossen.

 

Gebet

 

Guter Gott,

In Brot und Wein schenkst du uns Stärkung und weist uns aneinander.

Es tut gut zu wissen, das wir nicht allein unterwegs sind. Du bist da, Menschen, die wir brauchen, begleiten uns, wenn auch nicht so nah, wie wir uns das wünschen.

Hilf uns, wo es uns möglich ist, deine Freundlichkeit weiterzugeben, deinen Trost, deine Liebe.

Sei Quelle und Brot in Wüstennot, sei um uns mit deinem Segen. Amen.

 

Das letzte Lied zum Mitlesen oder Mitsingen:

Lied: „Bewahre uns Gott, behüte uns Gott“,

Sie finden es im Gesangbuch unter der Nummer 171 und auch auf unserer Homepage.

 

1. Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott
sei mit uns auf unseren Wegen.
Sei Quelle und Brot in Wüstennot
sei um uns mit deinem Segen. 
Sei Quelle und Brot in Wüstennot
sei um uns mit deinem Segen.

2.Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott
sei mit uns in allem Leiden.
Voll Wärme und Licht im Angesicht
sei nahe in schweren Zeiten,
Voll Wärme und Licht im Angesicht
sei nahe in schweren Zeiten.

4. Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott,
sei mit uns durch deinen Segen.
Dein Heiliger Geist, der Leben verheißt
sei um uns auf unseren Wegen.
Dein Heiliger Geist, der Leben verheißt,
sei um uns auf unseren Wegen. 
Segen

 

Und bis wir uns wiedersehen halte Gott Dich fest in seiner Hand!

 

Der Herr segne dich und behüte dich.

 

Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.

Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden. Amen.

 

Bleiben Sie behütet! Bleiben Sie gesund! 

 

 

Andacht Sonntag Palmarum, Sonntag, 05. April 2020
Die Andacht von Prädikantin Dr. Marion Michel-Lipowsky zum Sonntag Pulmarum, Sonntag 05. April 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Liebe Gemeinde, dies ist die dritte Andacht, die wir gemeinsam über unsere Website feiern, weil wir uns wegen des Coronavirus nicht mehr in unserer Kirche versammeln dürfen. Aber sie ist noch da, unsere Kirche, der große, helle Raum mit den hohen Glasscheiben hinter dem Altar und dem Kreuz, das draußen im Garten steht. Das Kreuz steht draußen, mitten im Leben, sowie Gott selbst mitten im Leben unter uns ist.

Ich begrüße Sie alle ganz herzlich zum heutigen Palmsonntag zu unserer gemeinsamen Andacht und wünsche Ihnen allen: „Friede sei mit Dir.“ Fühlen wir uns miteinander verbunden, auch wenn wir uns für eine Weile nicht mehr die Hände schütteln können.

Zu Beginn hören (oder lesen) wir gemeinsam ein Lied, das uns auf die Andacht einstimmen soll:
https://youtu.be/E49-Mox84S8

Lied: Meine Zeit steht in deinen Händen

Meine Zeit steht in deinen Händen.
Nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir.

Du gibst Geborgenheit, du kannst alles wenden.
Gib mir ein festes Herz, mach es fest in dir.
Sorgen quälen und werden mir zu groß.
Mutlos frag ich: Was wird Morgen sein?
Doch du liebst mich, du lässt mich nicht los.
Vater, du wirst bei mir sein.

Meine Zeit steht in deinen Händen.
Nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir.
Du gibst Geborgenheit, du kannst alles wenden.
Gib mir ein festes Herz, mach es fest in dir.

Lassen Sie uns gemeinsam den Christushymnus (Phil 2, 6-7) beten:

Von göttlicher Gestalt war er.
Aber er hielt nicht daran fest,
Gott gleich zu sein-
so wie ein Dieb an seiner Beute.
Sondern er legte die göttliche Gestalt ab
und nahm die eines Knechtes an.
Er wurde in allem den Menschen gleich.
In jeder Hinsicht war er wie ein Mensch.
Er erniedrigte sich selbst
Und war gehorsam bis in den Tod -
ja, bis in den Tod am Kreuz.
Deshalb hat Gott ihn hoch erhöht:
Er hat ihm den Namen gegeben,
der über alle Namen ist.
Dass in dem Namen Jesu
Sich beugen sollen aller derer Knie,
die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind,
Und aller Zungen bekennen sollen,
dass Jesus Christus der Herr ist,
zur Ehre Gottes des Vaters.
 


Liebe Gemeinde, der Sonntag Palmarum ist der Beginn der Karwoche. Der Name erinnert daran, dass Jesus auf einem Eselfüllen in die Stadt Jerusalem eingezogen ist und das Volk mit Palmzweigen und Hosianna-Rufen seinen Einzug gefeiert hat. Dass Jesus auf einem Eselfüllen und nicht hoch zu Ross in Jerusalem eingezogen ist, hat eine besondere Bedeutung:  er ist ein König des Friedens, einer der keine Gewalt anwendet und keine sichtbaren Zeichen von Macht zeigen muss. Jesu Weg führt von Palmsonntag über das Kreuz zur Auferstehung.

Diese Geschichte spiegelt sich in dem folgenden Lied, das wir lesen, singen und in einer modernen Fassung hören können: https://www.youtube.com/watch?v=lEBMh_HX4o4I

Lied: Dieses Kreuz

1) Dieses Kreuz, vor dem wir stehen,
setzt ein Zeichen in die Welt,
dass sich, auch wenn wir’s nicht sehen,
Gottes Geist zu uns gesellt,
uns bestärkt in schweren Zeiten,
trostvoll uns zur Seite steht,
und bei allen Schwierigkeiten
unsern Kreuzweg mit uns geht.

2) Dieses Kreuz, auf das wir sehen,
es erinnert uns daran,
wenn wir denken: wir vergehen,
fallen wir in Gottes Hand.
Solchen Grund kann niemand legen,
niemand stieg so tief hinab,
und am Ende aller Wege
auferstand er aus dem Grab.

3) Dieses Kreuz will uns beleben,
deutet in die Ewigkeit,
und im Glauben spür’n wir eben
einen Hauch Unendlichkeit.
Nicht der Tod ist mehr das Ende,
es geht weiter, ganz gewiss;
und das Kreuz steht für die Wende,
dass die Liebe stärker ist.

Lesen/hören wir gemeinsam den Predigttext:

Lesung: Mk 14, 3-9, Predigttext

Und als er in Bethanien war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Alabastergefäß mit unverfälschtem und kostbarem Nardendöl, und sie zerbrach das Gefäß und goss das Öl auf sein Haupt. Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander: Was soll die Vergeudung des Salböls? Man hätte dieses Öl für mehr als 300 Silbergroschen verkaufen können und das Geld den Armen geben. Und sie fuhren sie an.

Jesus aber sprach: Lasst sie in Frieden! Was bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. Denn ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun. Mich aber habt ihr nicht allezeit.

Sie hat getan, was sie konnte. Sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt für mein Begräbnis.

Wahrlich ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in aller Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie jetzt getan hat.

 

Gedanken:

„Was  verschwendest du das Salböl?“

So empören sich die anwesenden Männer in der Tafelrunde Jesu in der Woche des Passahfestes über die namenlose Frau, die in das Speisezimmer hineintritt und das kostbare Salböl aus der Nardenpflanze über Jesus ausgießt. In den alten Zeiten wurden Propheten und Könige mit diesem Nardenöl gesalbt zum Zeichen ihrer Würde, und man salbte die Toten damit. Nardenöl, wenn man es über Haut und Haare gießt, breitet sich wie ein wohlriechender, duftender Schleier über der Haut aus. Es glättet, entspannt und beruhigt jede gereizte Oberfläche. Das Nardenöl war wirklich kostbar, 300 Silbergroschen war es wert, das entsprach dem Jahresgehalt eines Arbeiters. Die namenlose Frau war also eine wohlhabende Person, aber auch für Ihre gut situierten Verhältnisse war es ein kostbares Geschenk. Sie hat sich entschlossen, mit dieser Kostbarkeit Jesus etwas Gutes zu tun. Eigentlich hätte sie, wenn sie aus einer jüdischen Synagogengemeinte stammte, in der Passahfestwoche das Geld den Armen spenden sollen, damit die sich ein gutes Essen zum Fest leisten können. Sie hätte Almosen geben müssen.

Aber die namenlose Frau hat sich anders entschieden. Sie hat sich entschlossen,

ein Liebeswerk zu tun. Sie muss Jesus sehr verehrt haben. Wahrscheinlich hat sie seine Predigten und sein Wirken verfolgt. Vielleicht ist es ihr auch nicht verborgen geblieben, in welch prekärer Lage Jesus sich befand, dass er möglicherweise verhaftet werden könnte. Und sie mag geahnt haben, dass in einem solchen Fall Jesus das Schlimmste zu befürchten hatte. Die namenlose Frau hat etwas getan, mit dem keiner der Anwesenden gerechnet hat. Alle Anwesenden betrachteten Jesus entweder als Lehrer oder als Heiler und Wundertäter. Er war eine Autoritätsperson für sie. Die Anwesenden hörten ihm zu, richteten richten kritische Fragen an ihn, versuchten seine Aufmerksamkeit zu erringen oder sich bei Jesus eine gute Position zu erobern. Nicht so die namenlose Frau. Sie handelte selbstlos. Sie goss Öl über ihm aus. Einen Moment lang war Jesus nicht der Rabbi, der Besondere, der Außergewöhnliche, der Gottessohn sondern ein Mensch, dem Furchtbares bevorstand. Den man nur bemitleiden konnte, der für diese Frau in diesem Moment alles an Hilfe und Zuneigung verdiente, was Sie geben konnte. Diese Wohltat stellte für eine Sekunde eine Verbindung her zwischen zwei Menschen, die sich eigentlich unbekannt waren. Es gab einen Moment der Verbundenheit. Das Öl wurde vergossen, zwei Menschen schauten sich an, es gab einen Augenblick der Zusammengehörigkeit. Der Beschenkte durfte sich getröstet und aufgehoben fühlen, die namenlose Schenkende, die Mitleidige fühlte sich leicht und stark zugleich. Sie war ein Engel für ihn.

Die namenlose Frau hat sich entschieden, ein Liebeswerk zu tun, Barmherzigkeit zu üben. Darüber hinaus hat sie zeichenhaft mit ihrer Salbung Jesus als den Gottessohn bekannt.

Die namenlose Frau konnte Jesus mit ihrer Wohltat noch direkt dienen, sie hat ihm etwas Gutes getan und war ihm dadurch nahe.

Wir spät geborenen können Jesus nicht mehr direkt dienen, zumindest nicht mit materiellen Mitteln. Unsere materiellen Hilfen und sonstigen Wohltaten sind ausschließlich für bedürftige Menschen da. Jesus kann in unserer Zeit mit materiellen Gaben nur auf dem Umweg über die gute Tat an unseren Mitmenschen gedient werden.

Doch nahe sein können wir ihm auch, indem wir ihm im Glauben, in Lied und Gebet verbunden bleiben.

Durch jedes Lächeln, durch jede Selbstlosigkeit, durch jedes Geschenk, das von Herzen kommt, können wir Engel sein für unsere Nachbarn und Mitmenschen.

Und wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott uns längst seinen Engel gesandt hat.

Wir hören und lesen gemeinsam das Lied:
https://www.youtube.com/watch?v=p0ZGmPsPUlgl

Lied: Gott hat mir längst einen Engel gesandt

Gott hat mir längst einen Engel gesandt,
mich durch das Leben zu führen.
Und dieser Engel hält meine Hand,
wo ich auch bin, kann ich´s spüren.
Mein Engel bringt in Dunkelheit mir Licht.
Mein Engel sagt mir: Fürchte dich nicht!
Du bist bei Gott aufgehoben.

Lassen Sie uns beten:

Jesu, meine Freude.
Wir beten es.
Allein und mit schwacher Stimme-
Und sind nicht allein.
Wir beten es
Getrennt von unseren Freundinnen und Freunden-
Und sind nicht allein.
Wir bitten Dich, bleibe bei uns Herr.

 

Jesu, meine Freude.
Wir beten es bangen Herzens,
In Sorge um die Kranken-
Und sie sind nicht allein.
Wir beten es bangen Herzens,
in Trauer um geliebte Menschen-
und sie sind nicht allein.
Wir bitten Dich, bleibe bei uns Herr.

Wir beten es unter deinem Schirm,
Wir beten es und bitten um Schutz und Schirm für alle
Die pflegen, die forschen, die Leben retten.
Die die Versorgung, die Hygiene und die Ordnung aufrecht halten.
Wir beten es und bitten um Frieden in unserem Land, bei unseren Nachbarn, in Syrien und in allen anderen Kriegsgebieten.
Wir bitten Dich, bleibe bei uns Herr.
Jesu, meine Freude.

Jesu, meine Freude.
Allein und in dir verbunden beten wir.
Wir singen und loben dich.
Wir singen und beten mit unseren Freundinnen und Freunden.
Wir singen und hoffen für alle, um die wir Angst haben,
Dir vertrauen wir uns an,
heute, morgen und jeden neuen Tag.

Alles, was wir auf dem Herzen haben, legen wir in das Gebet, das Jesus uns zu beten gelehrt hat:

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

Liebe Gemeinde, zur Heimat,

auch wenn die aktuelle Situation an unseren Nerven zerrt und manches beschwerlicher ist als früher, seien Sie gewiss: Gott ist bei uns und begleitet uns.

Ein letztes Lied zum lesen, hören und mitsingen:
„Möge die Straße uns zusammenführen“
 https://www.youtube.com/watch?v=xNfpyPMhrSI

Lied: Möge die Straße 

1. Möge die Straße uns zusammenführen
und der Wind in deinem Rücken sein;
sanft falle Regen auf deine Felder
und warm auf dein Gesicht der Sonnenschein.
Refrain: Und bis wir uns wiedersehen,
halte Gott dich fest in seiner Hand;
und bis wir uns wiedersehen,
halte Gott dich fest in seiner Hand.

2. Führe die Straße, die du gehst
immer nur zu deinem Ziel bergab;
hab wenn es kühl wird, warme Gedanken
und den vollen Mond in dunkler Nacht.

3. Hab unterm Kopf ein weiches Kissen,
habe Kleidung und das täglich Brot;
sei über vierzig Jahre im Himmel,
bevor der Teufel merkt du bist schon tot.

4. Bis wir uns mal wiedersehen,
hoffe ich, dass Gott dich nicht verlässt;
er halte dich in seinen Händen,
doch drücke seine Faust dich nicht zu fest.

Segen

Und bis wir uns wiedersehen halte Gott Dich fest in seiner Hand!
Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden.
Amen

Andacht Sonntag Judika, Sonntag, 29. März 2020
Die Andacht von Vikar Daniel Koppehl zum Sonntag Judika, Sonntag 29. März 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Eingangsstück

Improvisation über den Choral „Morgenlicht leuchtet“

Begrüßung

Nicht versammelt aber in Verbundenheit miteinander:
So begrüße ich Sie, wo auch immer sie sich gerade aufhalten.
Ich lade Sie ein, für eine Weile inne zu halten, zu hören, mitzusingen und zu beten.
Ganz herzlich danken möchte ich an dieser Stelle unserer Kirchenmusikerin Katharina Daur, die die Musik für dieses Gottesdienstformat eingespielt hat.

Wir beginnen diesen Gottesdienst
im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Unsere Hilfe erwarten wir von dem Gott, der Himmel und Erde gemacht hat.
Ein Zeichen des Friedens sende ich ihnen. Geben Sie es doch weiter demjenigen, den Sie als nächstes begegnen: Mit einem freundlichen Wort. Mit einem Lächeln. Mit einem kräftigen Unterarmgruß.
Friede sei mit Dir!

Zu Beginn hören und singen wir das erste Lied: Morgenlicht leuchtet. Sie finden es im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 455.

Lied Morgenlicht leuchtet

1) Morgenlicht leuchtet, rein wie am Anfang.
Frühlied der Amsel, Schöpferlob klingt.
Dank für die Lieder, Dank für den Morgen,
Dank für das Wort, dem beides entspringt.

 2) Sanft fallen Tropfen, sonnendurchleuchtet.
So lag auf erstem Gras erster Tau.
Dank für die Spuren Gottes im Garten,
grünende Frische, vollkommnes Blau.

3) Mein ist die Sonne, mein ist der Morgen,
Glanz, der zu mir aus Eden aufbricht!
Dank überschwenglich, Dank Gott am Morgen!
Wiedererschaffen grüßt uns sein Licht!

Psalm

Ich spreche Worte des 43. Psalms in der Übertragung des niederländischen Theologen Huub Oisterhuus.

Bist du Gott, dann tu mir Recht.

Du warst mein Gott, meine Barke und Burg.
Darf ich nicht mehr hinein?

Darum bin ich so heruntergekommen,
gequält und erniedrigt.
 

Schicke Du mir
Licht gebende Füße,
dass sie mir vorangehen
dorthin, wo du bist.

Dass meine Seele sich nicht verkriecht.
Dass du Mein Angesicht befreist.
Mich wägst und sagst ja.

Hören Sie jetzt das Wochenlied „Holz auf Jesu Schulter“. Wenn Sie mitsingen mögen, finden Sie es im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 97, die Strophen 1 und 4-6.

Lied: Holz auf Jesu Schulter (EG 97)

1) Holz auf Jesu Schulter, von der Welt verflucht,
ward zum Baum des Lebens und bringt gute Frucht.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

4) Wollen wir Gott loben, leben aus dem Licht
Streng ist seine Güte, gnädig sein Gericht.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

5) Denn die Erde jagt uns auf den Abgrund zu.
Doch der Himmel fragt uns: Warum zweifelst du?
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

6) Hart auf deiner Schulter lag das Kreuz, o Herr,
ward zum Baum des Lebens, ist von Früchten schwer.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehen.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

Lesung

Der Bibeltext, der für diesen Sonntag als Predigttext vorgeschlagen ist, steht im Brief an die Hebräer im 13. Kapitel, die Verse 12-14. Am Ende des Briefes wendet sich der Autor mit Mahnungen, die den Alltag betreffen, an die Gemeinde. Sie beginnen mit der Aufforderung: „Die Liebe zu denen, die euch vertraut sind, bleibe! Die Liebe zu denen, die euch fremd sind, aber vergesst nicht!“ (Zürcher Übersetzung) Unter dieser Überschrift lesen wir heute die folgenden Verse:

Hebräer 13, 12-14: Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor. So lasst uns nun zu ihm hinausgehen vor das Lager und seine Schmach tragen. Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

Gedanken

Warum eigentlich? Warum hat Jesus draußen vor dem Tor gelitten?

Die theologisch einfache aber so schwer nachvollziehbare Antwort lautet: Er hat für alle das Kreuz getragen. Draußen vor dem Tor. Damit hat er gezeigt: Er ist nicht nur bei den Menschen drinnen. Er hat sich solidarisch gezeigt. Solidarisch mit den Menschen draußen.

In der Bibel ist der Ort draußen vor dem Tor der Ort der Ausgestoßenen aus der Gesellschaft. Draußen vor dem Schaftor am Teich Betesda, so berichtet das Johannesevangelium, da liegen in den fünf Hallen die Kranken, Blinden, Lahmen und Ausgezehrten. Draußen vor dem Lager ist ein unehrenhafter Ort für unehrenhafte Leute. Der Ort, wo die hinkamen und gerichtet wurden, die der Mehrheitsmeinung widersprachen, die Gotteslästerer und Sabbatbrecher und auch die wahren Übeltäter.

Draußen vor dem Tor wurde Jesus selbst hingerichtet.

Heute kann man das Gefühl bekommen, dass schon der Ort draußen vor der eigenen Haustür zu einem gefährlichen Ort geworden ist. Ein Freund, den ich mit seinen beiden Kindern draußen traf, sagte mir, er hätte ein mulmiges Gefühl draußen. Eigentlich sei doch draußen ein Ort der Freiheit. - Und wer Kinder hat, weiß genau, was er meint. - Aber zurzeit wäre er lieber drinnen.

Was ist aber mit denen, die keinen Ort haben, wohin sie gehen sollen? Die Obdachlosen, die nun noch gefährdeter leben als ohnehin schon?

Es ist Passionszeit: Die Zeit, in der Christen in aller Welt das Leiden und Sterben Jesu bedenken. Und wir laufen langsam auf den Höhepunkt der Passionszeit zu. Im Lukasevangelium wird berichtet: Nachdem Jesus verurteilt und auf dem Weg nach Golgatha war, da ergriffen sie einen. Er hieß Simon von Kyrene. Es war einer, der ganz zufällig die Szene beobachtete. Einer vom Feld, wie es bei Lukas heißt. Diesem Simon von Kyrene legten sie das Kreuz auf, damit er es Jesus nachtrüge.

Und wie Simon von Kyrene sich dazu hergab, so fordert auch der Autor des Hebräerbriefes: „Lasst uns nun zu ihm hinausgehen vor das Lager und seine Schmach tragen.“

Das klingt ungeheuerlich. Wie eine harte Botschaft. Und kann sie für unsere Zeit überhaupt in Geltung stehen? Alle Empfehlungen lauten doch, drinnen zu bleiben. Nicht nur wegen der eigenen Sicherheit, sondern auch darum, andere nicht zu gefährden. 

Draußen ist heute ein gefährlicher Ort.

Und doch ist es notwendig hinauszugehen. Die Ärztinnen und Kassierer müssen zur Arbeit kommen. Und jeder muss für sein tägliches Wohl hinausgehen, um einzukaufen. Aber warum eigentlich nur für sein tägliches Wohl? Ich weiß von vielen auch hier in der Gemeinde, die sich gegenseitig unterstützen, füreinander einkaufen gehen. Und wie wichtig ist es gerade jetzt, in aller gebotenen Vorsicht, die Menschen nicht zu vergessen, die oft vergessen werden. Gerade jetzt ist es wichtig, nicht an denen in einem großen Bogen vorbeizugehen, die ohnehin nichts haben. Ein freundliches Wort – aus zwei Metern Abstand versteht sich – ein Zeichen der Aufmerksamkeit bedeutet viel. Es bedeutet, diejenigen nicht auszuschließen, die zu uns gehören, zu unserer Stadt.

Und wie gut ist es für uns drinnen, zu wissen, dass Menschen füreinander da sind, die Einkaufstaschen tragen, diejenigen unterstützen, die sich (momentan) selbst nicht helfen können. Sie tragen an der Heiligung des Volkes, des Zusammenhalts der Gesellschaft Anteil. Und wie wichtig ist es, nicht aus falschem Stolz abzulehnen, sondern gerade in diesen Zeiten Hilfe dankbar anzunehmen. Drinnen zu bleiben ist ja gerade heute auch eine zentrale Aufgabe, die schwer zu ertragen ist.

Denn ist man draußen; gehört man zu den Kreuzträgern unserer Gesellschaft, dann strahlt einem doch die Frühlingssonne entgegen. Schon die jetzt noch frischere Luft hebt den hängenden Kopf. Was ist die Last des Kreuzes gegenüber der Ehrenbezeichnung, das Kreuz tragen zu dürfen? Ist das nicht die größte Gnade, teilzuhaben an der Erhöhung des Erhöhten?

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus,

Amen.

Gebet

Herr, unser Gott, Du trägst das Leid der Welt.
Geh hin zu den Kranken und Ausgezehrten,
um für sie da zu sein!
Wir bitten
für die Obdachlosen,
für die Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind,
für die Flüchtenden überall auf dieser Welt.

Gott, Besuch die Menschen, die allein sind
Richte diejenigen auf,
die traurig und erschöpft sind!
Wir bitten
für alle Menschen in Senioren- und Pflegeeinrichtungen,
für alle Menschen in Single-Haushalten,
für alle Familien, denen die Decke auf den Kopf fällt.

Gott, Stärke denen den Rücken,
die hart zu tragen haben!
Wir bitten
für die Kassiererinnen und Reinigungskräfte,
für Ärztinnen und Pfleger,
für Verantwortungsträgerinnen und Entscheider.

Wir denken in dieser Zeit viel an Freunde, Bekannte und Familienmitglieder,
mit denen wir nicht direkt in Kontakt treten können.
Ich bete für…
Steh Du ihnen bei, gib Kraft und Zuversicht für diese schwere Zeit.

Und alles Unausgesprochene legen wir in das Gebet Jesu:

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

Wer nur den lieben Gott lässt walten. Hören und singen Sie nun dieses Lied. Sie finden es im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 361, die Strophen 1 und 2 und 7.

 

Lied Wer nur den lieben Gott lässt walten

1) Wer nur den lieben Gott lässt walten
und hoffet auf ihn allezeit,
den wird er wunderbar erhalten
in aller Not und Traurigkeit.
Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut,
der hat auf keinen Sand gebaut.

2) Was helfen uns die schweren Sorgen,
was hilft uns unser Weh und Ach?
Was hilft es, dass wir alle Morgen
beseufzen unser Ungemach?
Wir machen unser Kreuz und Leid
nur größer durch die Traurigkeit.

7) Sing, bet und geh auf Gottes Wegen,
verricht das Deine nur getreu
und trau des Himmels reichem Segen,
so wird er bei dir werden neu;
denn welcher seine Zuversicht
auf Gott setzt, den verlässt er nicht.

Segen

Und nun:
Geh in Frieden,
denn dein Gott geht überall mit.
Seine Herrlichkeit, seine Liebe,
sein Trost und sein Friede
werden dich stets begleiten.

Es segne und behütet dich, der dreieinige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist.

Amen

Ausgangsstück: Johann Sebastian Bach (1685 - 1750), Wer nur den lieben Gott lässt walten, BWV 642

Andacht zum Sonntag Lätare, Sonntag, 22. März 2020
Die Andacht zum Sonntag Lätare, Sonntag, 22. März 2020 zum Mitlesen, Mitsingen oder Nachlesen finden Sie hier.

Begrüßung

Nicht Auge in Auge, nicht im direkten Kontakt, so wie wir in unserer Kirche zusammen kommen – und doch verbunden als Gemeinde und Kirche Jesu Christi in bewegten und herausfordernden Zeiten – lade ich Sie ein, Einkehr zu halten im lesenden Hören auf Gottes Wort.

Nicht im direkten Kontakt – und doch verbunden im Vertrauen darauf, dass Gott nicht fern ist.

Auch wenn wir uns aktuell nicht so nah sein können, wie zum Beispiel beim gewohnten und lieb gewonnenen Friedensgruß.

Umso mehr wünsche ich Ihnen auf diesem Wege „Friede sei mit dir!“

Gottes Friede, der höher ist als unser Verstehen und Begreifen-Können.

Der nahbar geworden ist in Jesus Christus und

der uns ermutigt und berührt durch seinen Heiligen Geist. Amen.

Wenn Sie mögen, stimmen Sie mit ein in das Lied „In dir ist Freude“, im Evangelischen Gesangbuch finden Sie es unter der Nummer 398.

Lied EG 398 „In dir ist Freude“

1) In dir ist Freude in allem Leide, o du süßer Jesu Christ!
Durch dich wir haben himmlische Gaben, du der wahre Heiland bist;
hilfest von Schanden, rettest von Banden.
Wer dir vertrauet, hat wohl gebauet, wird ewig bleiben. Halleluja.
Zu deiner Güte steht unser G'müte,
an dir wir kleben im Tod und Leben; nichts kann uns scheiden. Halleluja.

2) Wenn wir dich haben, kann uns nicht schaden Teufel, Welt, Sünd oder Tod;
du hast's in Händen, kannst alles wenden, wie nur heißen mag die Not. Drum wir dich ehren, dein Lob vermehren mit hellem Schalle, freuen uns alle zu dieser Stunde. Halleluja.
Wir jubilieren und triumphieren, lieben und loben dein Macht dort droben mit Herz und Munde. Halleluja.

 

Lassen Sie uns gemeinsam den Psalm 139 beten, in einer Übertragung des niederländischen Theologen Huub Oosterhuis

Psalmgebet nach Psalm 139

Du
Du weißt um mein Gehen und Stehen.
Du ergründest mein Herz, du durchschaust mich.

Du kennst meine Gedanken von Ferne,
mein Reisen und Wandern, mein Ruhen.
 
Alle meine Wege sind dir bekannt –
Jedes Wort, das kommt über meine Lippen,
unausgesprochen noch, du hörst es schon.

Hinter mir bist du und mir voraus.
Du legst deine Hände mir auf.
Das ist es, was ich nicht begreifen,
nicht denken kann, das ist mir zu hoch.
 
Wie dem Hauch deines Mundes entkommen,
wohin flüchten vor deinem Angesicht?

Erklimm ich den Himmel, da bist du,
steige ich ab in die Erde, da finde ich dich auch.
 
Hätte ich Flügel des Morgenrots,
flöge ich über die fernsten Meere,
auch dort du, deine Hand,
deine Rechte, die mich festhält.

Riefe ich: „Finsternis, bedeck mich,
Licht, werde zu Nacht“ –
für dich besteht die Finsternis nicht.
Für dich ist die Nacht so licht wie der Tag,
die Finsternis ebenso strahlend wie das Licht.
 
Deine Schöpfung bin ich mit Herzen und Nieren,
du hast mich gewebt im Schoß meiner Mutter.
 
Meine Seele und Glieder sind dir vertraut,
in mir war nichts deinen Augen verborgen,
als ich geformt wurde tief im Geheimen,
prächtig gewirkt im Schoß der Erde.
 
Ich war noch nicht geboren,
du hattest mich schon gesehen,
und alle meine Lebenstage standen in deinem Buch,
bevor auch nur einer durch dich geschaffen.

Du, Ewiger, ergründ nun mein Herz, erforsch mich,
prüf meine geheimen Gedanken.
 
Mein Weg führt mich doch nicht in die Irre?
Leite du mich fort auf dem Weg deiner Tage.

Der Sonntag Lätare gilt als kleines Osterfest in der Passionszeit. Der Wochenspruch aus dem Johannesevangelium Kapitel 12,24 lautet:

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.

Ein Bild, das über den Tod auf das Leben und den Neuanfang verweist, wie das Wochenlied „Korn, das in die Erde“.  Im Evangelischen Gesangbuch finden Sie es unter der Nummer 98.

EG 98 „Korn, das in die Erde“

Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt,
Keim, der aus dem Acker in den Morgen dringt.
Liebe lebt auf, die längst erstorben schien:
Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.

Über Gottes Liebe brach die Welt den Stab,
Wälzte ihren Felsen vor der Liebe Grab.
Jesus ist tot. Wie sollte er noch fliehn?
Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.

Im Gestein verloren Gottes Samenkorn,
Unser Herz gefangen in Gestrüpp und Dorn –
Hin ging die Nacht, der dritte Tag erschien:
Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.

 

Lesung

 Jesus ist mit seinen Jüngern in Jerusalem. Die Stadt ist voll von Menschen, die von nah und fern gekommen sind, das Passafest zu feiern. Für Jesus wird es das letzte Mal sein, dass er es feiert. Sein Tod am Kreuz ist nahe und sein kommendes Schicksal ist ihm bewusst.

Wir lesen beim Evangelisten Johannes im 12. Kapitel:

20 Es waren aber einige Griechen unter denen, die heraufgekommen waren, um anzubeten auf dem Fest.

21 Die traten zu Philippus, der aus Betsaida in Galiläa war, und baten ihn und sprachen: Herr, wir wollen Jesus sehen.

22 Philippus kommt und sagt es Andreas, und Andreas und Philippus sagen's Jesus.

23 Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde.

24 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.

 

Gedanken

Wir wollen „sehen“

 „Wir wollen Jesus sehen“.
 
Was mögen die bittenden Pilger vom Rabbi aus Nazareth wohl gehört haben?
Was möchten sie in ihm sehen (wollen)?

·        Einen Wundertäter, der aus Wasser Wein machen kann (Joh 2; Hochzeit zu Kana)?

·        Einen, der Tote wieder lebendig macht (Joh 11; Erweckung des Lazarus)?

·        Einen, der gekommen ist, mit allem alten aufzuräumen (Joh 12, Einzug in Jerusalem)?

Was auch immer sie zu sehen erwarten.

Zu sehen gibt es nicht viel.
Der erste Kontakt mit Jesus besteht im HÖREN.
Vielmehr gibt es etwas zu hören!

Und Jesus steigt gleich voll ein:
„Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde.“
 
Mit „Verherrlichung“ ist bei Johannes immer der Tod Jesu am Kreuz umschrieben.
 
Jesu erste und entscheidende Ansage lautet:

Ohne das Kreuz bin ich nicht zu begreifen!

Wir können Jesus nicht in den Blick bekommen, wenn wir dabei nicht auch auf das Kreuz schauen. (So, wie wir es tun, wenn wir in unserer Kirche Richtung Altar und Richtung Park blicken.)

Wer Jesus „sehen“, also kennenlernen will, muss sich auf das Bild des Leidenden und Gekreuzigten einlassen. Erst da erfahren wir, wer Jesus wirklich ist.

Illustriert durch sein Bild vom Weizenkorn!

 

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt…

Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“

Nach antiker Auffassung ermöglichte erst das „Sterben“ des Weizenkornes im Ackerboden, dass aus ihm vielfache Frucht und damit Leben für viele entsteht!

Übersetzt auf das angekündigte Geschehen von Karfreitag:

Sein bevorstehendes Sterben ist entgegen allem Augenschein kein Scheitern, kein Versagen und nicht das Ende.

Nein, aus seinem Sterben wird fruchtbringendes Leben. Sein Sterben wird zur Basis für neues Leben, neue Frucht.

Das war, ist und bleibt schwer zu verstehen, darum auch das Bild des Weizenkornes:

Stellen Sie sich ein paar Weizenkörner in Ihrer Hand vor, vielleicht haben Sie welche in der Küche.

Dort können sie wochenlang, monatelang, jahrelang rumliegen, es könnte ein ganzer Sack in der Speisekammer stehen, ohne dass etwas daraus erwächst. Man weiß, was drinsteckt, aber man hat nichts davon.

Erst im „Verzicht“ auf den „Bestand“, kann neues entstehen, Mehl, Brot, Sättigung.

Darum vergleicht Jesus sich mit diesem Weizenkorn!

Ohne seinen „Verzicht“, sein Leben weiter zu leben, wäre Jesus eben doch nur einer gewesen, der „Zeichen und Wunder“ getan hat, spektakulär, aber einer unter vielen seiner Zeit.

 

Aus Verzicht kann Neues erwachsen

In aller Regel neigen wir dazu, Gewohntes nicht ohne Not zur Disposition zu stellen. Zu groß ist die Angst vor dem Unbekannten. Ich kenne das nur allzu gut von mir. Kontrolle verleiht Sicherheit, unbekanntes Terrain verunsichert.

Im Bild vom Weizenkorn gesprochen: ich bleibe lieber in meinem Sack in der Speisekammer.

Wo ich aber bereit bin zu „verlieren“ (im Sinne von Loslassen), da kann sich mein Blick, meine Perspektive weiten.

Wie z.B. in der aktiven Annahme einer veränderten Situation, wie wir es in diesen Tagen und Wochen erleben und lernen müssen.

„Loslassen“, um die Hände wieder frei zu bekommen, und den Kopf und das Herz.

So, wie der Sämann das Weizenkorn loslässt, damit es neue Frucht bringen kann.

Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt,

Keim, der aus dem Acker in den Morgen dringt.
Liebe lebt auf, die längst erstorben schien:
Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.

Ich wünsche Ihnen einen vertrauensvollen Blick auf das Leben, gerade in diesen Tagen und Wochen. Ich wünsche Ihnen den offenen Blick für die Menschen um Sie herum und für das, was auch und vielleicht gerade jetzt nötig und möglich ist.

Und ich wünsche vor allem wünsche ich Ihnen Gesundheit!  

 

Gebet

Guter Gott,
wir leben in unsicheren Zeiten. Wir sind verunsichert und fragen:
Wie geht es weiter?
Wir wollen darauf vertrauen, dass Du da bist und unser Fragen hörst und teilst.
 
Wir bitten für die Menschen, die uns fehlen, weil wir uns nicht begegnen können.
Wir vermissen sie und wir sorgen uns um sie.
Sei Du da mit Deinem Segen und Deiner Liebe.

Wir bitten für die Menschen, die unserer Gesellschaft in dieser Zeit dienen.
Verkäuferinnen und Polizisten, Ärztinnen und Pfleger, Busfahrerinnen und LKW-Fahrer. Die Menschen in den Krisenstäben und Ämtern, in den Laboren und Forschungseinrichtungen.
Sei Du da mit deinem Geist und Deiner Kraft.

Wir bitten für die Menschen, die selbst erkrankt sind oder sich sorgen um erkrankte Menschen in Familie, Freundschaft, Nachbarschaft.
Wir bitten dich für alle Menschen, die unsere Fürbitte nötig haben, in Krankheit, Krieg, Flucht und Vertreibung.
Sei Du ihnen nahe und gib ihnen, was sie in ihrer Situation nötig haben.

Und wir legen alles, was wir sonst auf dem Herzen haben in das Gebet, das Jesus selbst uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

 

Ein letztes Lied zum Lesen, Hören, mitsingen

 „Möge die Straße uns zusammenführen“

1. Möge die Straße uns zusammenführen

und der Wind in deinem Rücken sein;
sanft falle Regen auf deine Felder
und warm auf dein Gesicht der Sonnenschein.

Refrain: Und bis wir uns wiedersehen,
halte Gott dich fest in seiner Hand;
und bis wir uns wiedersehen,
halte Gott dich fest in seiner Hand.

2. Führe die Straße, die du gehst
immer nur zu deinem Ziel bergab;
hab wenn es kühl wird, warme Gedanken
und den vollen Mond in dunkler Nacht.

3. Hab unterm Kopf ein weiches Kissen,
habe Kleidung und das täglich Brot;
sei über vierzig Jahre im Himmel,
bevor der Teufel merkt du bist schon tot.

4. Bis wir uns mal wiedersehen,
hoffe ich, dass Gott dich nicht verlässt;
er halte dich in seinen Händen,
doch drücke seine Faust dich nicht zu fest.

 

Segen

Und bis wir uns wiedersehen halte Gott Dich fest in seiner Hand!
Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden.
Amen.